
Depression als entscheidender Faktor

Auch wenn ein Morbus Sjögren in der Regel nicht lebensbedrohlich ist: Die von ihm verursachten Siccabeschwerden schränken die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten oft erheblich ein. Dazu gehört auch die Sexualität, schreibt ein Team um Dr. Alexandra Kachaner vom Hôpital Bicêtre in Le Kremlin-Bicêtre nahe Paris. Messen lässt sich dies z. B. mit dem Female Sexual Function Index (FSFI).
Dieser war in zahlreichen Studien bei Frauen mit Sjögren-Syndrom deutlich niedriger als bei den gesunden Kontrollen. Beeinträchtigt sind meist Lubrikation, Libido und das sexuelle Arousal, oft leiden die Betroffenen auch unter Dyspareunie.
Ein weiteres Instrument zur Bewertung der sexuellen Zufriedenheit ist der relativ einfache Qualisex Score. Im Unterschied zum FSFI zielt er weniger auf objektivierbare Parameter, sondern konzentriert sich auf die subjektiven Auswirkungen einer Erkrankung auf das Sexualleben. Ein höherer Wert zeigt dabei einen stärkeren negativen Einfluss an.
Mithilfe des Qualisex Scores untersuchte das französische Team, wie sich der Morbus Sjögren auf das Sexualleben von Betroffenen auswirkt und ob es spezielle störende Determinanten gibt. Von 395 Patientinnen und Patienten der französischen ASSESS-Kohorte füllten 169 den Fragebogen aus. Bei 77 von ihnen ließ sich allerdings kein Qualisex Score errechnen, da sie entweder einige Fragen gar nicht beantwortet hatten oder für „nicht anwendbar“ hielten.
ESSDAI und Antikörper ohne Einfluss
Die übrigen 92 (23 %) Patientinnen und Patienten beantworteten alle Punkte und gingen in die Analyse ein. 85 (92 %) von ihnen waren weiblich, das mediane Alter lag insgesamt bei 56 Jahren. Bei der Analyse der Daten wurden das erste und das letzte Quartil verglichen. Es zeigte sich, dass eine geringere sexuelle Zufriedenheit mit einem höheren Alter (durchschnittlich 58 vs. 52 Jahre), einem höheren ESSPRI* (6,8 vs. 4,3), niedrigeren SF-36-Werten für die mentale und physische Gesundheit (43 vs. 49 und 31 vs. 35) und einem höheren Angst- und Depressionsscore (Hospital Anxiety and Depression Scale, HADS, 9 vs. 2 und 11 vs. 7) assoziiert war.
Krankheitsaktivität (gemessen am ESSDAI**), anti-Ro/SSA-Positivität oder bekannte systemische Manifestationen der Erkrankung hatten dagegen keinen Einfluss auf die sexuelle Zufriedenheit.
Da es zur sexuellen Zufriedenheit von männlichen Sjögren-Patienten nur wenig Daten gibt, wertete das Team diese extra aus. Es zeigten sich beim Qualisex Score keine relevanten Unterschiede zu den Patientinnen, wobei aufgrund der geringen Anzahl der Männer diese Ergebnisse mit Vorsicht zu betrachten sind, betonen die Forschenden.
Zur Beurteilung der Determinanten wurden die Daten einer multivariaten Analyse unterzogen. Bestehen blieben dabei eine moderat signifikante Assoziation zwischen ESSPRI und Qualisex Score und eine stärker signifikante zwischen dem Depressionsteil des HADS und dem Qualisex Score. Andere Variablen, z. B. das Alter, erreichten keine Signifikanz.
Damit scheint der Morbus Sjögren das Sexualleben der Betroffenen insbesondere durch Depressionen und in geringerem Maße auch durch den ESSPRI zu beeinflussen, schlussfolgert das Autorenteam. Die Aktivität der Krankheit selbst ist offenbar mit der sexuellen Zufriedenheit nicht assoziiert.
Die Studie hat auch Limitationen, schreibt das Team. Dazu gehört vor allem die niedrige Rücklaufquote. Diese könnte den Stress widerspiegeln, den Sjögren-Erkrankte beim Thematisieren ihres Sexuallebens empfinden.
Die vielen fehlenden Antworten bei den 77 nicht auswertbaren Rückläufern könnten bedeuten, dass die Betroffenen die Fragen als für sie irrelevant und deshalb nicht anwendbar betrachteten. Eine wichtige Erkenntnis, unterstreichen die Forschenden. Sie sprechen sich für eine Zusammenarbeit mit Patientenverbänden aus, um dieses zentrale Thema bei den Sjögren-Patientinnen und -Patienten besser ansprechen zu können. Ein möglicher Ansatz dafür könnte beispielsweise die Verwendung des Qualisex Scores oder anderer Fragebogen im Rahmen von Patientenschulungen sein.
*EULAR Sjögren’s Syndrome Patient Reported Index
**EULAR Sjögren’s Syndrome Disease Activity Index
Quelle: Kachaner A et al. RMD Open 2025; 11: e004693; doi: 10.1136/rmdopen-2024-004693
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