Cartoon Medizin und Markt

Der Widerspenstigen Zähmung

Dr. Angelika Bischoff

Gezielte Nahrungsergänzung kann helfen, Beschwerden bei einem milden Reizdarmsyndrom zu lindern. Gezielte Nahrungsergänzung kann helfen, Beschwerden bei einem milden Reizdarmsyndrom zu lindern. © iStock/Tharakorn

Bei milden Formen des Reizdarmsyndroms reicht mitunter schon eine Ernährungsberatung. Patienten mit schwereren Magen-Darm-Beschwerden, chronischem Stress und depressiver Verstimmung kann eine gezielte Nahrungsergänzung helfen.

Chronischer Stress führt zu anhaltender Cortisolausschüttung, die auch tagsüber nicht wesentlich zurückgeht. Dies beeinträchtigt die Immunkompetenz und erhöht die Spiegel proinflammatorischer Zytokine. Der Energiestoffwechsel fährt hoch, der Bedarf an Mikronährstoffen steigt. Der Katecholaminspiegel hingegen sinkt ab. Darmfunktion und -durchblutung werden beeinträchtigt, die Mikrobiota verändert sich. Über diese Mechanismen hängt Stress mit dem Reizdarmsyndrom zusammen, erläuterte Dr. ­Elke ­Mantwill, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Bornheim. Es ist gekennzeichnet durch Motilitätsstörungen, viszeralen Schmerz und Meteorismus. Allen Patienten gemein ist ein zentraler und peripherer Mangel an Serotonin, erklärte die Referentin. Normalerweise befinden sich 80 % des Neurotransmitters im Magen-Darm-Trakt, nur 20 % zentral im Gehirn. In der Peripherie steuert Serotonin die Kontraktion der glatten Muskulatur, regt die Darmperistaltik an und reguliert das Schmerzempfinden im Gastrointestinaltrakt.

Die Interaktion, die über die Darm-Hirn-Achse läuft, ist bidirektional. Dabei ist der Darm der weitaus kommunikativere Part: 90 % der Impulse gehen von unten nach oben. Die viszeralen Signale wirken vor allem in Hirnarealen, in denen Stressregulation, Gedächtnis, Verhalten, Kognition und Emotion angesiedelt sind. Die Signale aus dem Denkorgan, die den Darm z.B. über den ­Nervus ­vagus erreichen, beeinflussen wiederum dessen motorische, sensorische und sekretorische Funktionen. Die intestinale Mikrobiota mischt zudem über eine Vielzahl von Botenstoffen eifrig mit.

Verliert dieses System die Balance, kann die Mikronährstoffmedizin die Sache wieder ins rechte Lot bringen. Sie gleicht Mangelzustände aus, jus­tiert die Darm-Hirn-Achse, normalisiert den Cortisolspiegel, hellt die Stimmung auf und dämmt Entzündungen ein. Eingesetzt werden:

  • Serotoninvorstufen (L-Tryptophan, 5-Hydroxytryptophan)
  • Vorstufen des Katecholamins (Phenylalanin, Tyrosin)
  • Nährstoffe, die Botenstoffe und Signale optimieren (S-Adenosyl-Methionin, Omega-3-Fettsäuren)
  • Vitamin D und B-Vitamine 
  • Mineralstoffe 
  • Probiotika und Präbiotika 

L-Tryptophan kann nur dann zu Serotonin umgesetzt werden, wenn ausreichend Vitamin B6, ­Folsäure und Magnesium bereitstehen, erklärte Dr. ­Mantwill. Chronische Entzündungen haben zur Folge, dass die Aminosäure vermehrt auf anderem Weg verbraucht wird.

Probiotika muss man mindestens für drei Monate einsetzen, um einen Effekt zu erzielen, so die Referentin. Dabei ist die vordergründige Symptomatik für die Auswahl der Bakterienkulturen entscheidend. Für die Bakterien­stämme Lacto­bacillus helveticus R0052 und Bifido­bacterium longum R0175 konnte eine Reduktion des Stressempfindens und des Cortisolspiegels bei dauerhaft gestressten Patienten gezeigt werden. Bei anhaltenden Belastungen wirken Kombinationen von Probiotika mit essenziellen Mikronährstoffen besonders gut. ­B-Vitamine und Magnesium sind essenziell für den Energiestoffwechsel, Zink und ­Vitamin D unterstützen die Immunfunktionen.

Den Reizdarm glutenfrei besänftigen

Zur Pathogenese des Reizdarmsyndroms gehört auch eine erhöhte Durchlässigkeit des Darmepithels, die auf einer Zerstörung der Tight Junctions beruht. Bei der Entstehung des sogenannten Leaky Gut scheint Gluten eine entscheidende Rolle zuzukommen. Man kann daher durchaus einen Versuch mit glutenfreier Ernährung über etwa drei Monate starten. Viele Reizdarmpatienten erreichen damit eine Besserung ihrer Beschwerden.

Die probiotischen Keime bedürfen einer artgerechten Versorgung mit Ballaststoffen, die sich in Form von Präbiotika gezielt zuführen lassen. Reizdarmpatienten, bei denen gastrointestinale Beschwerden wie abdominelle Schmerzen, Blähungen sowie Stuhlunregelmäßigkeiten im Vordergrund stehen, profitieren von in der S3-Reizdarmleitlinie empfohlenen Bakterienstämmen, wie beispielsweise Lactobacillus plantarum 299v.

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Gezielte Nahrungsergänzung kann helfen, Beschwerden bei einem milden Reizdarmsyndrom zu lindern. Gezielte Nahrungsergänzung kann helfen, Beschwerden bei einem milden Reizdarmsyndrom zu lindern. © iStock/Tharakorn