Ernährung und CKD – was gibt es Neues?

Nierenarzt/Nierenärztin

Eine rasche Wiederaufnahme der Nahrungszufuhr nach vorausgegangener Mangelernährung kann zu einem sogenannten Refeeding-Syndrom (RFS) führen. Eine rasche Wiederaufnahme der Nahrungszufuhr nach vorausgegangener Mangelernährung kann zu einem sogenannten Refeeding-Syndrom (RFS) führen. © pavel siamionov - stock.adobe.com

Die richtige Ernährung ist und bleibt ein wichtiges Thema für Patientinnen und Patienten mit CKD. Schlaglichtartig stellen wir hier neue Studien zu unterschiedlichen Aspekten vor und vertiefen den Einblick zum Refeeding-Syndrom.

Neue Studie: Aussagekraft eines stabilen BMI bei CKD

Veränderungen der Ernährungsmarker bei Patienten mit chronischer Nierenerkrankung (CKD) und stabilem Body-Mass-Index (BMI) drei Jahre vor Einleitung eines Nierenersatzverfahrens war Gegenstand einer Untersuchung von Sarav et al. (1). Dazu analysierten sie Daten einer landesweiten Kohorte von US-Veteranen mit fortgeschrittener CKD, die zwischen dem 1. Oktober 2007 und dem 31. März 2015 auf eine Nierenersatztherapie umgestellt wurden. Dabei wurden 20.164 Patienten mit stabilem BMI und mehreren Serum-Albumin- Messungen identifiziert. Für den Zeitraum von drei Jahren vor Beginn der Dialyse wurde der Zusammenhang zwischen dem Serumalbumin und der Sterblichkeit nach Beginn der Dialyse mithilfe der Cox-Regression untersucht. In diese flossen auch demografische Merkmale, Komorbiditäten, Serumalbumin und die Ausgangs-eGFR ein.

Ergebnisse: Die Kohorte hatte ein Durchschnittsalter von 64 Jahren, 98,3 % der Teilnehmenden waren männlich und 30 % Afroamerikaner. Trotz eines stabilen BMI wiesen 81 % der Patienten in der Zeit vor der Dialyse einen Rückgang der Serumalbuminwerte auf (0,09 g/dl pro Jahr, 25. und 75. Perzentil: -0,17 bis -0,02). Ein steilerer Abfall des Serumalbumins im Laufe der Zeit ging mit einer signifikant höheren Sterblichkeit nach der Dialyse einher (multivariabel bereinigte Hazard Ratio bei einem Abfall des Serumalbumins um -1 g/dl/Jahr: 1,86; 95 % Konfidenzintervall: 1,65 – 2,10; p < 0,001).

Schlussfolgerung: Obwohl der BMI stabil bleibt, zeigt ein großer Teil der Patienten mit fortgeschrittener CKD einen klinisch relevanten Rückgang des Serumalbumins. Die Studie verdeutlicht somit die Grenzen eines stabilen BMI als Marker für eine angemessene Ernährung bei fortgeschrittener CKD. Sie unterstreicht außerdem die Notwendigkeit einer umfassenderen Bewertung der Ernährungssituation im Rahmen des CKD-Managements.

Studienüberblick zum Refeeding-Syndrom

Eine rasche Wiederaufnahme der Nahrungszufuhr nach vorausgegangener Mangelernährung kann zu einem sogenannten Refeeding-Syndrom (RFS) führen. Ursächlich dafür sind Elektrolyt- und Flüssigkeitsverschiebungen, allen voran eine Hypophosphatämie. Auch zu niedrige Serum-Kalium- und -Magnesiumwerte spielen in diesem Zusammenhang eine Rolle. Der größte Risikofaktor für ein RFS ist eine vorbestehende Mangelernährung. Besonders disponiert sind Patienten mit konsumierenden Erkrankungen, Herz- und Lungenerkrankungen, Malabsorbtionsstörungen, Anorexia nervosa, Alkoholabhängigkeit und chronischen Infektionen (2,3). Gerade bei älteren Menschen wird das Refeeding- Syndrom häufig nicht erkannt. Für Risikopatienten kann der schnelle und potenziell schwerwiegende Verlauf zu einer gefährlichen Komplikation werden.

Entwicklung eines RFS

Bei einer über Tage andauernden Phase deutlich reduzierter oder fehlender Energiezufuhr stellt der Körper von der Verbrennung von Kohlenhydraten auf die Verbrennung von Proteinen und Fetten um. Durch den damit einhergehenden Abbau von Fettgewebe und Muskulatur werden intrazellulär gespeicherte Phosphate, Kalium und Magnesium freigesetzt. Die Serumwerte bleiben davon zunächst unbeeinflusst. Bei wieder einsetzender Nahrungszufuhr mit Kohlenhydraten stellt der Körper umgehend wieder auf den anabolen Stoffwechsel mit hohem Substratbedarf um. Allerdings sind mittlerweile Elektrolyte und andere Mikronährstoffe nicht mehr ausreichend vorhanden. Die Folgen sind Hypophosphatämie, Hypokaliämie und Hypomagnesiämie. Kommt es nach zwei bis vier Tagen zu schwerwiegenden Komplikationen (Herzrhythmusstörungen, kognitive Beeinträchtigungen, plötzlicher Herztod) liegt ein Refeeding- Syndrom vor (4).

Die Behandlung erfordert ein engmaschiges Elektrolytmonitoring und die Durchführung einer Ernährungstherapie inklusive Supplementierung von Thiamin (2). Dabei kann jede Form der Nahrungsaufnahme (oral, enteral oder parenteral, aber auch einfache, reguläre Mahlzeiten) ein Refeeding-Syndrom provozieren; das Risiko ist bei einer parenteralen Ernährung am höchsten (5).

Eins der folgenden (Hauptkriterien)Zwei der folgenden (Nebenkriterien)
BMI < 16 kg/m2BMI < 18,5 kg/m2
Ungewollte Gewichtseduktion > 15 % innerhalb von 3 – 6 MonatenUngewollte Gewichtsreduktion > 10 % innerhalb von 3 – 6 Monaten
Geringe oder keine Nahrungsaufnahme > 10 TageGeringe oder keine Nahrungsaufnahme > 5 Tage
Niedrig bis normal-niedrige Elektrolytkonzentrationen für Phosphat, Kalium und/oder Magnesium vor WiederernährungPositive Anamnese für Alkoholabusus, Therapie mit Diuretika, Chemotherapeutika oder Antazida

Die American Society for Parenteral and Enteral Nutrition (ASPEN) hat 2020 Konsensus-Empfehlungen veröffentlicht, die erstmals einheitliche Diagnosekriterien für weitere Studien zum Refeeding-Syndrom anbieten. Ein Abfall der Serumkonzentrationen von Phosphat, Kalium und Magnesium um 10 bis 20 % (mild), 20 bis 30 % (moderat) oder > 30 % (schwer) unter der Norm innerhalb der ersten fünf Tage nach Wiederaufnahme einer zuvor stark reduzierten Energiezufuhr (mehr als fünf Tage und weniger als 50 % des individuellen Kalorienbedarfs) definiert das Ausmaß des Refeeding- Syndroms.

Zur Identifizierung von Risikopatienten in der klinischen Praxis haben sich die NICE-Kriterien (6) etabliert (Tab. 1).

Refeeding-Syndrom und chronische Nierenerkrankungen

In dem ASPEN-Konsenspapier wird das Risiko für ein Refeeding- Syndrom bei Dialysepatienten als eher gering eingeschätzt. Obwohl eine Mangelernährung weit verbreitet ist und mit einer erhöhten Sterblichkeit einhergeht, ist das Refeeding-Syndrom bei diesen Patientinnen und Patienten aufgrund der schlechten Ausscheidung von Phosphor und Kalium durch die Hämodialyse (HD) selbst bei Unterernährung wahrscheinlich nicht üblich. Bei Patienten, die eine kontinuierliche venovenöse Hämofiltration oder Peritonealdialyse erhalten, ist das Refeeding-Syndrom wahrscheinlicher, da die Clearance von Phosphor und Kalium wesentlich höher ist als bei der intermittierenden HD. Die Häufigkeit ist jedoch nicht bekannt. Eine Hypophosphatämie kann bei Patienten mit intermittierender Hämodialyse auftreten, wenn ein erheblicher Mangel an 1,25-Hydroxy-Vitamin D vorliegt.

Neue Studien zur Ernährungsberatung

ChatGPT und Ernährungsempfehlungen bei CKD

Kann ChatGPT Patientinnen und Patienten mit einer chronischen, nicht dialysepflichtigen Nierenerkrankung angemessen über den Proteingehalt der Ernährung informieren? Dieser Frage gingen Qian und Kollegen nach (7).

Dazu wurde ein Szenario mit einem CKD-Patienten simuliert und eine klinische Beratungssitzung nachgestellt. Die umfasste allgemeine Ernährungsprinzipien, eine Ernährungsbewertung, Energie- und Proteinempfehlungen, die Verschreibung einer Diät und die Anpassung der Diät auf der Grundlage der Ernährungskultur. Um die qualitativen Beobachtungen und die abgeleiteten Ergebnisse zu bestätigen, führten die Autoren den Prozess mit zehn weiteren Kollegen und identischen Anforderungen an die Diät erneut durch. Der tatsächliche Energie- und Proteingehalt der vorgegebenen Mahlzeiten wurde aufgezeichnet und der Unterschied mit den Zielwerten verglichen.

Ergebnisse: ChatGPT gibt allgemeine Grundsätze vor, die insgesamt mit bewährten Verfahren übereinstimmen. Die Empfehlungen für den Energie- und Proteinbedarf von CKDPatienten waren maßgeschneidert und zufriedenstellend. Es gelang jedoch nicht, eine zuverlässige Ernährung auf der Grundlage des angestrebten Energie- und Proteinbedarfs zu verschreiben. Bei der quantitativen Analyse lagen die verordneten Energiewerte im Allgemeinen unter den Zielvorgaben und reichten von -28,9 % bis -17,0 %. Der Proteingehalt lag mit 59,3 % bis 157 % hingegen deutlich über den Zielwerten.

Die Autoren schlussfolgerten aus diesen Ergebnissen, dass ChatGPT

  • kompetent in der allgemeinen Ernährungsberatung ist
  • zufriedenstellende Nährstoffempfehlungen gibt
  • Empfehlungen an die Küche verschiedener Kulturen anpassen kann

Allerdings kann es keine ernährungswissenschaftlich korrekten Diätpläne für CKD-Patienten liefern. Nach aktuellem Stand können sich Patienten mit strengen Protein- und anderen besonderen Nährstoffbeschränkungen nicht auf die von ChatGPT verschriebenen Diätpläne verlassen, um mögliche Gesundheitsrisiken zu vermeiden.

Beratungsschwerpunkte aus Sicht der Betroffenen

Diätetische Einschränkungen sind bei Patienten, die sich einer Hämodialyse unterziehen, üblich. Die Komplexität dieser Ernährungsempfehlungen stellt eine Herausforderung für die Patienten und ihre Angehörigen dar. Padial und Kollegen (8) untersuchten, welche Ernährungsbedürfnisse, -barrieren und -erleichterungen die Einhaltung von Ernährungsempfehlungen aus der Sicht von Hämodialysepatienten und ihren Betreuern beeinflussen. An dieser explorativen Studie nahmen 72 spanische HD-Patienten und 57 Betreuer teil. Sie beantworteten einen Fragebogen mit 20 bzw. 10 Fragen. Die Antworten wurden anhand einer Likert-Skala von 1 bis 5 („stimme voll und ganz zu“ bis „stimme überhaupt nicht zu“) bewertet, um die Wahrnehmung der Patienten und Betreuer in Bezug auf die Ernährungsbedürfnisse, Hindernisse und Erleichterungen bei der Einhaltung der empfohlenen Ernährung zu ermitteln. Zu Analysezwecken wurden die Antworten in drei Kategorien eingeteilt (stimme zu, stimme nicht zu, weder noch).

Ergebnisse: 70 % der Patienten stimmten zu, dass sie die Kalium-, Eiweiß- und Phosphatquellen kennen müssen, um sich an die Ernährungsempfehlungen halten zu können. Darüber hinaus gaben die Patienten an, dass die Einschränkungen bei der Lebensmittelauswahl sowie das Durstgefühl wichtige Hindernisse darstellen. Für das Pflegepersonal war die Unterstützung durch einen Diätassistenten eine wichtige Hilfe, um die Ernährungsempfehlungen durchzusetzen.

Fazit: Die Patientinnen und Patienten bezeichneten die Kenntnis von Kalium-, Phosphat- und Eiweißquellen, die Erkundung von Lebensmitteln, die sie gerne essen, sowie die Anpassung der Flüssigkeitszufuhr bei bestehendem Durstgefühl als wichtig. Diese Ergebnisse können zur Entwicklung von Strategien und Aufklärungsmaterial genutzt werden, um die Einhaltung der Ernährungsvorschriften in dieser Patientengruppe zu verbessern. Die Pflegekräfte nannten außerdem die Anwesenheit einer speziell ausgebildeten Ernährungsfachkraft als wichtigen Faktor.

Was unterscheidet die vegetarische von der pflanzenbasierten Ernährung?

Charakteristisch für eine pflanzenbasierte Ernährung ist der überwiegende Verzehr von Vollkornprodukten, frischem Obst und Gemüse, Hülsenfrüchten (Bohnen, Erbsen und Linsen), ungesalzenen Nüssen sowie gesunden Ölen wie Olivenöl. Verzichtet wird hingegen auf verarbeitete Lebensmittel (bestimmte Konserven und Suppen sowie abgepacktes Fleisch), raffiniertes Getreide (Weißbrot, weißer Reis), Knabbereien (Kartoffelchips, Kekse) und zuckergesüßte Getränke. Obwohl Fleisch, Fisch, Geflügel und andere tierische Produkte erlaubt sind, werden sie nur selten und in kleinen Portionen gegessen. Die Entscheidung für eine pflanzliche Ernährung wird in der Regel aus gesundheitlichen Gründen und nicht aus religiösen, kulturellen oder ethischen Gründen getroffen. Eine pflanzliche Ernährung hat nachweislich viele gesundheitliche Vorteile, insbesondere für die Herzgesundheit.

Was charakterisiert eine vegetarische Ernährung?

Vereinfacht ausgedrückt isst ein Vegetarier weder Fleisch, Fisch noch Geflügel. Meist entscheiden sich Menschen aus religiösen, kulturellen oder ethischen Gründen für eine vegetarische Ernährung. Es gibt verschiedene Arten der vegetarischen Ernährung. Manche kombinieren pflanzliche Kost mit tierischen Produkten wie Eiern, Milch und Honig (ovo-lacto-vegetarisch), andere erlauben Fisch (pescetarisch) oder schließen all diese Lebensmittel aus (vegan). Flexitarier machen von der ihrer ansonsten überwiegend vegetarischen Ernährung Ausnahmen. Eine vegetarische Ernährung kann gesund sein, wenn sie sich an einer pflanzenbasierten Ernährung orientiert. Wenn allerdings der Verzehr von verarbeiteten und raffinierten Lebensmitteln, Fastfood und salzigen Snacks erlaubt ist, wird das Ziel einer gesunden Ernährung verfehlt. 


Literatur

1. Sarav M, Kalantar-Zadeh K, Kovesdy P, et al. Declining Serum Albumin With Stable Body Mass Index: A Mortality Indicator in Predialysis Chronic Kidney Disease. J Ren Nutr. 2025 May 6:S1051-2276(25)00088-3. doi: 10.1053/j.jrn.2025.04.005. Epub ahead of print. PMID: 40339729

2. da Silva JSV, Seres DS, Sabino K, et al.: ASPEN Consensus recommendations for refeeding syndrome. Nutr Clin Pract 2020; 35: 178–95. doi: 10.1002/ncp.10474. Epub 2020 Mar 2. Erratum in: Nutr Clin Pract. 2020 Jun;35(3):584-585. doi: 10.1002/ncp.10491. PMID: 32115791

3. Valentini L, Volkert D, Schütz T et al (2013) Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM). Aktuel Ernahrungsmed 38:97-111. Doi: 10.1055/s-0032-1332980

4. Burch NE, Stewart J, Smith N. An Increased Incidence of Avoidable Metabolic Complications Occur with Inadequate Clinical Monitoring of Patients Receiving Parenteral Nutrition. Gut 2011; 60 (Suppl. 01): 30. DOI:10.1136/gut.2011.239301.195

5. Miller SJ. Death resulting from overzealous total parenteral nutrition: The refeeding syndrome revisited Nutr Clin Pract. 2008;23:166–71. doi: 10.1177/0884533608314538. PMID: 18390784

6. National Institute for Health and Care Excellence (NICE) (ed.): Nutrition support for adults: oral nutrition support, enteral tube feeding and parenteral nutrition 2006

7. Qian Y, Xuemei L, Lei S, et al. Still a long way to go, the potential of ChatGPT in personalized dietary prescription, from a perspective of a clinical dietitian. J Ren Nutr. March 2025, online. doi.org/10.1053/j.jrn.2025.02.008

8. Padial M, Avesiani CM, Garciá-Testal A et al. Dietary Needs, Barriers, and Facilitators Among Patients on Hemodialysis and Their Caregivers: The GoodRENal Project in Spain. J Ren Nutr. 2025; 35,337 – 343. doi: 10.1053/j.jrn.2024.08.005. Epub 2024 Sep 3. PMID: 39237029

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Eine rasche Wiederaufnahme der Nahrungszufuhr nach vorausgegangener Mangelernährung kann zu einem sogenannten Refeeding-Syndrom (RFS) führen. Eine rasche Wiederaufnahme der Nahrungszufuhr nach vorausgegangener Mangelernährung kann zu einem sogenannten Refeeding-Syndrom (RFS) führen. © pavel siamionov - stock.adobe.com