Forderungen an die Gesundheitspolitik

Ingolf Dürr

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Mit einem Positionspapier nimmt der Spitzenverband Fachärzte Deutschland (SpiFa) Stellung zu den gesundheitspolitischen Vorhaben der Ampelkoalition. Im Zentrum stehen Forderungen zur Entbudgetierung, der sektorenübergreifenden Versorgung und zur Novelle der Gebührenordnung für Ärzte.

Mit seinem Positionspapier „Nachhaltiger Fortschritt für die fachärztliche Versorgung unserer Patientinnen und Patienten in Klinik und Praxis“ nimmt der SpiFa den Koalitionsvertrag der Bundesregierung unter die Lupe und bezieht klar Stellung, welche gesundheitspolitischen Weichen für die Zukunft gestellt werden müssen. Dr. Dirk Heinrich, Vorstandsvorsitzender des SpiFa sagte: „Mit unserem Positionspapier stellen wir klar, welche Maßnahmen aus Sicht der Fachärztinnen und Fachärzte in Deutschland sinnvoll und notwendig sind, und unterbreiten der Bundesregierung Lösungsvorschläge und Angebote zur Weiterentwicklung eines freiheitlichen, gerechten und nachhaltigen Gesundheitswesens in Deutschland.“

Im Fokus des Papiers stehen die fachärztlichen Brennpunktthemen, darunter die Lösung der Versorgungsprobleme an der Schnittstelle ambulant-stationär sowie elementare Fragestellungen zur Gesundheitsfinanzierung. Hierzu meinte Dr. Helmut Weinhart, 2. Vorsitzender des SpiFa: „Im Vordergrund steht für uns die Sicherstellung der fachärztlichen Versorgung, gerade auch unter den Vorzeichen des gravierenden Fachkräftemangels in Deutschland. Dazu ist eine Steigerung der Attraktivität des freien Berufs Arzt und der Ausübung ambulanter ärztlicher Tätigkeit genauso nötig wie die Sicherstellung der Vergütung derselben. Wir brauchen eine vollständige Aufhebung der Budgets für ärztliche Tätigkeiten.“

Entbudgetierung ist dringend notwendig

Kein Politiker könne jungen Ärzten heute noch vernünftig erklären, „warum sie nur drei Viertel des Geldes bekommen sollen für die Leistungen, die sie erbringen“, sagte Dr. Dirk Heinrich. Das Argument der Krankenkassen, im Falle einer Entbudgetierung würden Leistungen erbracht, die unnötig seien, sei „blödsinnig“, so Heinrich. Die finanzielle Deckelung führe zu Ärztemangel und Ungleichversorgung. Eine Entbudgetierung dürfe aber vor Fachärzten der Grundversorgung nicht haltmachen. Und die Fachärztinnen und Fachärzte in Klinik und Praxis bräuchten endlich eine dem aktuell medizinisch-wissenschaftlichen Standard entsprechende und betriebswirtschaftlich kalkulierte Gebührenordnung für Ärzte.

Wann kommt die neue GOÄ?

Fachärzte bräuchten High-Medizintechnik. „Wer könnte sich heute noch eine Medizin ohne MRTs vorstellen?“ Wer die Einführung einer neuen GOÄ weiter hinauszögere, löse einen „Innovationsstau“ aus und erschwere Patienten „bestmögliche Versorgung“. Heinrich versicherte, Bundesärztekammer, PKV und Beihilfestellen hätten die neue GOÄ „zu Ende diskutiert, sie wird auf dem Tisch des Ministers in Kürze landen, und dann kann sie direkt umgesetzt werden – es sei denn, man möchte die Ärzteschaft grundfrustrieren“. Den Auftrag zur Blockade der GOÄ aus „politischen“ Gründen enthalte der Koalitionsvertrag nicht. Es stehe nicht drin, dass der freie Arztberuf abgeschafft werden solle – „und das wäre es, wenn man der Ärzteschaft die GOÄ verweigern würde“, so Heinrich.

Die Forderung nach einem staatlichen Corona-Bonus für MFA ist auch Teil des Positionspapiers. Zudem fordert der Spifa darin eine Angleichung der Gehälter von MFA und Pflegekräften. Das sei zwar im niedergelassenen Bereich Sache der Praxisinhaber. „Aber diese Gehälter müssen auch von den Krankenkassen refinanziert werden, und das nicht erst nach zwei Jahren, sondern sofort“, sagte Heinrich.

Digitalisierung muss einen Nutzen haben

Bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen fordert der Verband eine Fokussierung auf den Nutzen. Ein eRezept, das ausgedruckt werden muss, sei keine Digitalisierung, sondern eine Krücke. „Wir brauchen keine Krücken, sondern praktikable Lösungen“, forderte der SpiFa-Chef. Auch die aktuelle elektronische Patientenakte sei nicht besser als ein Leitz-Ordner. Man brauche richtige digitale Lösungen mit Back-up und nicht solche Zwischenlösungen wie jetzt, sagte Heinrich. Das werde dauern, Deutschland sei weit hintendran.

SpiFa-Hauptgeschäftsführer Robert Schneider hob den Mitgestaltungswillen der Fachärztinnen und Fachärzte in Deutschland hervor. Mit diesem Papier setze man ein deutliches Signal. Man fordere die Koalitionsparteien zum mutigen Handeln auf, um endlich längst überfällige Reformen auf den Weg zu bringen. Gleichermaßen sei das Positionspapier aber auch ein Gesprächsangebot.


Autor:
Dr. Ingolf Dürr

Erschienen in: DERMAforum, 2022; 26 (4) Seite 2
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.

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