GLP1-Agonisten bei Hautleiden: Hoffnung oder Hype?
GLP1-Rezeptoragonisten (rot) binden wie das natürliche Peptid an den Rezeptor, haben aber oft eine längere Halbwertszeit.
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Eine Adipositas kann Krankheiten wie eine Psoriasis und das Ansprechen verschiedener Medikamente beeinflussen. Grund genug, dass auch Hautärztinnen und Hautärzte GLP1-Agonisten einsetzen? Die immunmodulatorischen Effekte könnten sogar an einen rein dermatologischen Einsatz denken lassen.
Viele Psoriasispatientinnen und -patienten haben mit Begleiterkrankungen zu kämpfen. Oft ist der Blutdruck zu hoch, die Triglyzeride auch und in vielen Fällen liegt eine Adipositas vor, erklärte Prof. Dr. Jose-Manuel Carrascosa, Universitat Autònoma de Barcelona. Die Kombination solcher Komorbiditäten hat Folgen, denn alles zusammen trägt stark zum entzündlichen Geschehen im Körper bei.
Dass man bei Menschen mit Psoriasis auf Adipositas trifft, ist häufig. Sie muss der Hauterkrankung nicht vorausgehen, für gewöhnlich tritt sie aber vor den Komplikationen auf, sagte Prof. Carrascosa. Zudem wirkt sich der BMI negativ auf Drug-Survival und Therapieansprechen aus. In diesen Situationen ist ein Gewichtsverlust von Vorteil, so kann ein Verlust von > 5 % den PASI um bis zu vier Punkte verbessern.
Bis zu 20 % Gewichtsverlust über Medikamente möglich
Als nichtinvasive Interventionsmöglichkeiten kommen neben einer Diät Semaglutid oder Liraglutid (bis zu 20 % Gewichtsverlust) infrage. Die Zulassung sieht einen Einsatz nur bei Typ-2-Diabetes und Adipositas vor. Studien zum Wirkmechanismus sowie Fallberichte legen aber eine zusätzliche immunmodulatorische Komponente nahe, im Sinne eines intrinsischen antiinflammatorischen Effekts. Sollten Dermatologen und Dermatologinnen diesen Effekt nicht für entzündliche Hauterkrankungen nutzen?
Ein adipöser Psoriasispatient, der die Medikamente in-label erhält, sei eine Sache, die rein dermatologische Gabe eine andere, findet dagegen Prof. Dr. Jacek Szepietowski, Wroclaw University of Science and Technology. Zum Einsatz bei Hauterkrankungen gibt es wenige robuste Daten. Die Gabe außerhalb der bisherigen Indikationen könnte mit Risiken verbunden sein, für die Behandelnde die Verantwortung tragen. Zwar zeigten GLP1-Agonisten Potenzial als Add-on-Therapie von Psoriasis und HS, dennoch gibt es kaum Langzeitdaten zu Wirkung, Sicherheit und Effektivität, erinnerte der Referent. Das beinhaltet Aspekte wie Kollagenbildung, Immunantwort, Alterungs- oder kutane karzinogene Prozesse. Zudem gibt es Berichte über Juckreiz, Pannikulitis oder Hypersensitivitätsreaktionen unter der Therapie. Und viele für Hauterkrankungen wichtige Faktoren sind noch unbekannt, dazu gehören:
- Einfluss auf das hormonelle Gleichgewicht (z. B. bei Akne)
- Risiko für Mangelerscheinungen durch den Gewichtsverlust bezüglich Proteinen, Vitaminen oder Mikronährstoffen (Eisen, B12, Zink)
- Einfluss auf physiologische Prozesse in Keratinozyten und Melanozyten
Es gibt Daten zu Wundheilung, Haarzyklen und Pigmentierung, die andeuten, dass die Folgen mitunter unberechenbar ausfallen können. So existieren Hinweise darauf, dass GLP1-Agonisten eine Alopezie auslösen oder begünstigen können, was auf jeden Fall untersucht werden muss, betonte Prof. Szepietowski.
Aus dermatologischer Sicht ebenfalls nicht konsequent genug untersucht sind Medikamenteninteraktionen, u. a. mit immunmodulierenden Systemtherapien. Die veränderte Absorption und die verzögerte Magenentleerung könnten das Therapiemanagement verkomplizieren. Zudem sollte bedacht werden, dass die Substanzen indiziert sind für Menschen mit Diabetes und starker Adipositas, betonte Prof. Szepietowski. Bereits der (oft kosmetische) Off-Label-Gebrauch hat die Verfügbarkeit deutlich eingeschränkt. Die Folgen eines weiteren Einsatzgebietes sollten daher neben der Wirtschaftlichkeit auch unter diesem Gesichtspunkt kritisch betrachtet werden.
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