Langzeitinfusion von Dinutuximab-beta: nicht nur weniger toxisch, auch effizienter

ASCO 2025 Dr. Moyo Grebbin

Die Langzeitinfusion derselben Antikörperdosis reduzierte Rückfälle bei Neuroblastom signifikant.
Die Langzeitinfusion derselben Antikörperdosis reduzierte Rückfälle bei Neuroblastom signifikant. © titikul_b – stock.adobe.com

Dieselbe Dosis an Dinutuximab-beta wurde Neuroblastom-Patient:innen auf schonendere Weise verabreicht – und auf einmal gab es weniger Rückfälle. Eine nachträgliche Gegenüberstellung bekräftigte jetzt Signifikanz und Ausmaß des Effektes.

Ausserhalb der USA ist Dinutuximab-beta in der Erstlinie bekanntlich der Standard-GD2-Antikörper für die Konsolidierung beim Hochrisiko-Neuroblastom (s. Kasten). Wie andere GD2-Antikörper verursacht er allerdings eine beträchtliche On-Target- und Off-Tumor-Toxizität. „Diese Nebenwirkungen, besonders Schmerzen und Entzündungen, veranlassten uns zu untersuchen, ob sie sich durch eine langsamere Infusionsrate herabsetzen lassen“, erklärte Prof. Dr. Ruth Ladenstein vom St. Anna Kinderkrankenhaus in Wien.

Nachdem diese Strategie in Phase-2-Untersuchungen funktionierte, übernahm ihr Team sie ab 2014 auch in die Phase-3-Studie HR-NBL1/SIOPEN. In den Jahren 2009 bis 2013 erhielten 424 teilnehmende Kinder den Antikörper per Kurzzeit(STI)-Infusion und 408 Patient:innen von 2014 bis 2018 per Langzeit(LTI)-Regime. Die Gesamtdosis pro Zyklus blieb dabei unverändert, genau wie Anzahl und Länge der Zyklen. An die Stelle der herkömmlichen mehrstündigen Kurzzeitgabe an fünf aufeinanderfolgenden Tagen (20 mg/m2/Tag) trat lediglich die kontinuierliche Dauerinfusion über zehn Tage (10 mg/m2/Tag).

Es fiel auf, dass sich das ereignisfreie Überleben (EFS) nach fünf Jahren zwischen der LTI und STI um knapp zehn Prozentpunkte unterschied (62 % vs. 53 %, jew. ohne Zytokine). Die Differenz veranlasste die Forschenden zu einer neuen Auswertung der HR-NBL1/SIOPEN-Ergebnisse. Sie nahmen sich dazu die ITT-Daten der STI- und LTI-Abschnitte vor und bildeten daraus kleinere Vergleichsgruppen von je ungefähr 350 Teilnehmenden. „Die Risikofaktoren waren zwischen den Analysegruppen gut ausbalanciert, etwa die Altersverteilung, der Krankheitsstatus vor Dinutuximab-beta-Initiation, MYCN-Amplifikationen und das Stadium“, so die Kinderärztin.

Das Fünf-Jahres-EFS lag in der neuen Auswertung mit 65 % nach LTI signifikant höher als nach STI (56 %; p = 0,023). Entsprechend fiel die kumulative Inzidenzrate an Rückfällen (CIR) niedriger aus und betrug nach fünf Jahren 33 % in der LTI-Gruppe und 42 % mit STI (p = 0,016). Auch in Subgruppen ohne zusätzliches IL-2 hatte dieses Ergebnis Bestand – ebenso bei weiterer Eingrenzung auf Erkrankungen des Stadiums IV. 

Ein Blick über den Teich

Anstelle von Dinutuximab-beta (DB) besteht der Standard in den USA aus Dinutuximab (DIN) plus IL-2 und GM-CSF. „DB und DIN sind molekular und funktionell unterschiedliche GD2-Antikörper“, erklärte Prof. Ladenstein. Das Zwei-Jahres-EFS mit DB betrage 65 %, das mit DIN + IL-2 + GM-CSF 66 %. Die Problematik der On-Target-Nebenwirkungen wie Schmerzen betrifft beide Moleküle.

Langzeitinfusion zeigt klare Vorteile

Um in Relation zu setzen, inwiefern die Wahl der Infusionsart im Vergleich zu bekannten Risikofaktoren ins Gewicht fällt, führte das Team um Prof. Ladenstein auch eine multivariate Analyse durch. Das Ergebnis: Während das Alter oder das Vorliegen einer MYCN-Amplifikation nicht in einem rechnerisch schlechteren Fünf-Jahres-EFS resultierten, war dies der Fall bei

  • Nicht-Erreichen einer Komplettremission (p = 0,059; kumulative Hazard Ratio, cHR, 1,32),
  • mehr als einem involvierten metastatischen Kompartiment (p = 0,025; cHR 1,97) und
  • einer Kurzzeitinfusion von Dinutuximab-beta (p = 0,044; cHR LTI vs. STI 0,74).

Die höhere Wirksamkeit der Langzeitinfusion scheint dabei unter anderem der geringeren Toxizität geschuldet. Das lasse sich an einer „Completer Comparison“ gut ablesen, so die Referentin. In den je ungefähr 350 Patient:innen starken Armen kam es mit LTI vs. STI zu 12 vs. 63 Therapieabbrüchen. In der STI-Gruppe absolvierten 81 % alle fünf Zyklen; 71 % blieben zusätzlich auch progressionsfrei. Für die LTI-Gruppe lagen diese Anteile bei 96 % „Completern“ und 89 % „Completern“ ohne Rückfall am Ende des Behandlungszeitraums.

Als wichtige Erkenntnis hob Prof. Ladenstein hervor, dass das LTI-Regime den Familien auch ein ambulantes Behandlungssetting ermöglichen könne – nachdem im ersten Zyklus die individuelle Toleranz ausgelotet wurde. „Es wäre interessant, in diesem Zusammenhang mehr über Patient-reported Outcomes zu erfahren“, merkte Diskutantin Prof. Dr. Keri Streby von der Ohio State University an.2 Sowohl hinsichtlich der Länge des Klinikaufenthalts als auch, ob es zu Problemen mit der LTI komme, etwa logistischer Art oder Abtrennungen der Infusion. „Mit der Reduktion bei Schmerz, Inflammation und jetzt auch verbesserten Outcomes, wird Dinutuximab-beta in Zukunft vermutlich standardmäßig als Langzeitinfusion verabreicht werden“, ordnete die Expertin ein.

Quellen:
1. Ladenstein R et al. 2025 ASCO Annual Meeting; Abstract 10000
2. Streby K. 2025 ASCO Annual Meeting; Abstract Dicussion „Advances in Embryonal Tumor Treatment: Old, New, and Evolving Therapy“

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Die Langzeitinfusion derselben Antikörperdosis reduzierte Rückfälle bei Neuroblastom signifikant.
Die Langzeitinfusion derselben Antikörperdosis reduzierte Rückfälle bei Neuroblastom signifikant. © titikul_b – stock.adobe.com