Limitierte Chirurgie, neue Medikamente und Frühdiagnostik machen’s möglich

Dr. Angelika Bischoff

Die Behandlungsmöglichkeiten des NSCLC verbessern sich stetig mit der Technologie weiter. Die Behandlungsmöglichkeiten des NSCLC verbessern sich stetig mit der Technologie weiter. © Double Brain – stock.adobe.com

Schon heute wird jedes zweite NSCLC in einem Stadium diagnostiziert, in dem es potenziell kurativ resezierbar ist. Das Lungenkrebsscreening für Risikogruppen und der zunehmende Einsatz der neoadjuvanten Immuntherapie könnten den Anteil weiter steigern.

Noch ist die chirurgische Standardtherapie von nicht-kleinzelligen Lungenkarzinomen (NSCLC), die nur einen Lungenlappen betreffen, ab dem Stadium IA die Lobektomie mit hilärer und mediastinaler Lymphknotenresektion. Doch die Chirurgie befindet sich durch eine Reihe von Neuerungen im Wandel hin zu kleineren bis minimalinvasiven Eingriffen, schreiben Prof. Dr. Hauke Winter und Kollegen von der Thoraxklinik Heidelberg.

Mehr und mehr kommen die videoassistierte und die roboterassistierte thorakoskopische Chirurgie (VATS bzw. RATS) zum Einsatz. Eine Metaanalyse, die nur Patienten im Tumorstadium I berücksichtigte, ergab, dass die VATS-Lobektomie in der Rate postoperativer Komplikationen gleichauf liegt mit der offenen Lobektomie. Aber die VATS-Lobektomie ging mit einer besseren Fünf-Jahres-Gesamtüberlebensrate und einer geringeren Rezidivrate einher. Die RATS-Lobektomie hat sich außerdem als ebenso effektiv wie die VATS-Technik erwiesen. Auch hinsichtlich der Operationsdauer sind beide Techniken gleichwertig.

Im frühen Tumorstadium IA kann eine sublobäre Resektion, also eine Segmentektomie oder atypische Keilresektion, die Lobektomie künftig oftmals ersetzen. Beide Verfahren haben in zwei randomisierten kontrollierten Studien bei Patienten mit peripher gelegenem NSCLC ≤ 2 cm eine ähnlich hohe Fünf-Jahres-Überlebensrate erreicht: In der CALGB140503-Studie betrug das krankheitsfreie Fünf-Jahres-Überleben 63,6 % nach sublobärer Resektion und 64,1 % nach Lobektomie, die Fünf-Jahres-Gesamtüberlebensrate lag bei 80,3 % vs. 78,9 %.

Ähnliche Ergebnisse brachte eine japanische JCOG*-Studie. Deren Autoren postulierten, dass die Nicht-Unterlegenheit des limitierten Eingriffs möglicherweise dadurch zu erklären ist, dass ein größeres erhaltenes Lungenvolumen und eine dadurch bessere Lungenfunktion die Patienten befähigen, adjuvante Therapien besser zu vertragen.

Auch in der adjuvanten Therapie des NSCLC hat mit Immuntherapeutika und zielgerichteten Substanzen eine neue Ära begonnen. Der PD-L1-Antikörper Atezolizumab, zusätzlich zur platinbasierten Standardchemotherapie gegeben, verbesserte das Drei-Jahres-Gesamtüberleben von Patienten mit Tumoren im Stadium II und IIIA und einer PD-L1-Expression ≥ 50 % signifikant im Vergleich zur alleinigen Standardtherapie (60 % vs. 48 %). Bei Patienten mit EGFR-Mutation verbesserte der Tyrosinkinasehemmer Osimertinib das krankheitsfreie Überleben nach 24 Monaten im Vergleich zu Placebo auf 89 % vs. 52 %. 

Immuntherapeutika gewinnen zunehmend auch im neoadjuvanten Setting an Bedeutung. Nivolumab plus Platin-Doublette verlängerte das mediane ereignisfreie Überleben in der multizentrischen CheckMate-816-Studie signifikant gegenüber nur Platin-Doublette (31,6 vs. 20,8 Monate) und erreichte signifikant häufiger (24 % vs. 2,2 %) eine pathologische Komplettresponse. Seit Juli 2023 ist Nivolumab in Kombination mit einer Platin-Doublette in der EU zur neoadjuvanten Therapie des resezierbaren NSCLC zugelassen, unter der Voraussetzung, dass die PD-L1-Expression ≥ 1 % liegt und ein hohes Rezidivrisiko besteht.

Voraussichtlich noch in diesem Jahr wird in Deutschland ein jährliches Lungenkrebsscreening-Programm mit Low-dose-CT eingeführt werden. Mehrere große Studien hatten zeigen können, dass eine frühzeitige Diagnose die lungenkrebsspezifische Mortalität um 20–25 % senkt. Das Screeningangebot richtet sich an Frauen und Männer zwischen 50 und 75 Jahren, die mindestens einen der folgenden Risikofaktoren aufweisen: ≥ 25 Jahre Rauchen, ≥ 15 Packungsjahre, aktives Rauchen bzw. Rauchstopp vor weniger als zehn Jahren. Insgesamt sind dies in Deutschland etwa 2,2 Mio.Frauen und 3,3 Mio. Männer. Das Programm wird dazu führen, dass vermehrt Frühkarzinome entdeckt werden, so die Einschätzung der Autoren. Dies erfordere auch, geeignete Staging- und Nachsorgestrategien zu etablieren. Sicher müsse es bei diesen Anfangsstadien aber nicht das gewohnte volle Programm sein. Eine Resektion von Milchglastrübungen sollte angestrebt werden, sofern sie über vier bis sechs Monate persistieren. Die chirurgische Entfernung von Frühkarzinomen lässt besonders hohe Heilungsraten erwarten. Nach bisherigen Daten beträgt das rezidivfreie Fünf-Jahres-Überleben von Patienten mit prä- und minimalinvasiven Adenokarzinomen nach sublobulärer Resektion (ohne Lymphknotendissektion) 100 %.

Die Technologie schreitet weiter voran. In den USA wurden bereits zwei roboterassistierte Bronchoskopiesysteme auf den Markt gebracht, die peripher gelegene kleine Rundherde detektieren und markieren können. Künftig wird es möglich sein, solche Systeme mit der robotergestützten Chirurgie zu kombinieren. Wie überall, wird auch auf diesem Gebiet die künstliche Intelligenz mehr und mehr Einzug halten, z.B. um die Datenmengen des Screeningprogramms zu bewältigen und pulmonale Rundherde zu klassifizieren.

* Japan Clinical Oncology Group

Quelle: Winter H et al. Chirurgie 2024; 95: 280-287; DOI: 10.1007/s00104-024-02037-6

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