Lymphome und Leukämien: CT-Indikation bei Kindern enger stellen

Lara Sommer

Jedes zehnte hämatologische Malignom bei Kindern wird mit kumulativer Strahlendosis durch Bildgebung assoziiert.
Jedes zehnte hämatologische Malignom bei Kindern wird mit kumulativer Strahlendosis durch Bildgebung assoziiert. © pingpao – stock.adobe.com

Jedes zehnte hämatologische Malignom bei Kindern und Jugendlichen lässt sich auf die medizinische Bildgebung zurückführen – darauf deuten Daten von mehr als 3 Millionen Versicherten hin. Das Risiko steigt mit der kumulativen Strahlendosis.

Bildgebende Untersuchungen wie eine CT gehen mit potenziell karzinogener ionisierender Strahlung einher. Dabei gelten Kinder und Jugendliche aufgrund einer höheren Radiosensitivität und einer langen verbleibenden Lebenserwartung als besonders vulnerabel. Forschende um Prof. Dr. Rebecca Smith-Bindman von der University of California in San Francisco wollten nun quantifizieren, wie sich die kumulative Strahlendosis im Kindesalter auf das Risiko hämatoonkologischer Erkrankungen auswirkt. 

Das Team betrachtete dazu retrospektiv Daten von mehr als 3,7 Millionen Versicherten aus den Vereinigten Staaten und Ontario, die zwischen 1996 und 2016 geboren wurden. Das Follow-up betrug im Median 10,1 Jahre. In 2.961 Fällen diagnostizierten Ärzt:innen bis zum Alter von maximal 21 Jahren ein hämatologisches Malignom. Zu 79,3 % handelte es sich dabei um lymphoide Neoplasien, gefolgt von myeloiden Krebserkrankungen sowie akuten Leukämien außer ALL (15,5 %) und histiozytärem bzw. Krebs in den dendritischen Zellen (4,4 %). 

Bei hoher Strahlenbelastung Risiko mehr als verdreifacht

7,5 % aller Kinder und 9,2 % der Krebserkrankten hatten eine diagnostische Gesamtstrahlendosis von mindestens 1 mGy erhalten. Eine vorhandene Exposition erreichte im Mittel kumulativ 14,0 mGy, was in etwa der Belastung durch eine einzelne Kopf-CT entspricht. Unter jungen Patient:innen, die Malignome entwickelten, lag sie allerdings mehr als doppelt so hoch (24,5 mGy).

Die Wahrscheinlichkeit für bösartige Erkrankungen des blutbildenden Systems stieg mit der kumulativen Knochenmarksdosis. Das relative Risiko erreichte gegenüber jenen ohne iatrogene Strahlenexposition 

  • 1,41 für 1 mGy bis > 5 mGy,
  • 1,82 für 15 mGy bis > 20 mGy,
  • 3,59 für 50 mGy bis > 100 mGy. 

Diese Assoziation war unabhängig von Geschlecht und Alter, schwächte sich aber tendenziell mit zunehmender Zeit seit der Untersuchung ab. Es zeigten sich auch entitätsspezifische Unterschiede: So stieg zwar die Inzidenz von myeloproliferativen und myelodysplastischen Syndromen, aber nicht die AML-Rate. 

Jedes zehnte hämatologische Malignom wohl durch CT im Kindes- und Jugendalter verursacht

Statistisch traten unter 10.000 Kindern und Jugendlichen mit einer Exposition von 30 mGy oder mehr 25,6 überzählige Blutkrebsfälle bis zum Alter von 21 Jahren auf. Die Autor:innen modellierten, dass sich 10,1 % der hämatologischen Malignome in der Kohorte auf die medizinische Bildgebung zurückführen lassen. Dabei hängt der Effekt stark von der Art der Untersuchung ab. Eine einzelne Schädel-CT geht beispielsweise mit einem relativen Risiko von 1,35 einher und ein Viertel der danach auftretenden Krebsfälle lässt sich der Untersuchung zuschreiben. Hingegen fällt der Einfluss einer Radiografie des Brustkorbs vernachlässigbar aus.

Alles in allem sprechen die Ergebnisse laut Prof. Smith-Bindman und Kolleg:innen dafür, dass ein dosisabhängiger Zusammenhang zwischen der Strahlenbelastung durch Untersuchungen und dem Risiko hämatologischer Malignome besteht. Dies unterstreiche, wie wichtig es für die langfristige Gesundheit sei, Indikationen für eine Bildgebung im Kindesalter sorgfältig zu prüfen. Da die Bildgebung in vielen Fällen essenziell sei, schlagen sie vor, wo möglich die Strahlenexposition zu minimieren bzw. mit MRT oder Ultraschall zu ersetzen.

Quelle:
Smith-Bindman R et al. N Engl J Med 2025; 393: 1269–1278; DOI: 10.1056/NEJMoa2502098

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Jedes zehnte hämatologische Malignom bei Kindern wird mit kumulativer Strahlendosis durch Bildgebung assoziiert.
Jedes zehnte hämatologische Malignom bei Kindern wird mit kumulativer Strahlendosis durch Bildgebung assoziiert. © pingpao – stock.adobe.com