Moderne Herzschrittmacher sind gekommen, um zu bleiben

Dr. Susanne Meinrenken

Schrittmachertherapie ohne Kabel? kabellosen Pacing-Systeme sollen in der Zukunft transvenöse Herzschrittmacher ablösen. Schrittmachertherapie ohne Kabel? kabellosen Pacing-Systeme sollen in der Zukunft transvenöse Herzschrittmacher ablösen. © Maria Vitkovska – stock.adobe.com

Transvenöse Herzschrittmacher gelten nach wie vor als Goldstandard. Kabellose Systeme führen allerdings deutlich seltener zu Komplikationen und entwickeln sich rasch weiter. Grund genug, sich die verfügbaren Devices und deren Möglichkeiten einmal genauer anzuschauen.

Klassische permanente Schrittmacher haben zwei „Achillesfersen“: Die transvenösen Sonden und die subkutane Tasche für das implantierte Gerät. Von ihnen gehen die meisten Komplikationen aus, die langfristig rund 10 % der Patientinnen und Patienten betreffen. Dazu zählen Infektionen, Blutungen und Pneumothorax sowie Kabelbrüche und -dislokationen. Schon in den frühen 1970er-Jahren wurde daher der erste kabellose Schrittmacher an Hunden getestet. 50 Jahre später sind die Devices weltweit im Einsatz.

Perikardergüsse treten häufiger auf

Mit den modernen Systemen halbiert sich die Komplikationsrate im Vergleich zu transvenösen in etwa – ein Vorteil insbesondere für ältere und vulnerable Personen. Auch sind weniger Revisionseingriffe notwenig. Vaskuläre Probleme oder Perikardergüsse treten jedoch häufiger auf, schreibt ein Team um Dr. Shmaila Saleem-Talib vom Haga Lehrkrankenhaus in Den Haag in einem State-of-the-Art-Review.

Die sogenannten Kapselschrittmacher werden per Katheter meist durch die Femoralvene, seltener durch die Jugularvene eingeführt und direkt in der Wand des rechten Ventrikels (ggf. zusätzlich im rechten Vorhof) verschraubt oder verankert. Die Intervention gelingt bei den neueren Systemen Micra™ und Aveir™ in 98–99,9 % der Fälle. In weniger als 2 % kommt es zu einem Perikarderguss. Das Erguss- und Perforationsrisiko scheint u. a. vom Ort der Fixierung abzuhängen. Initial wählte man meist den Apex, inzwischen sitzt das Gerät häufiger im Septum. In aktuellen Studien erwies sich zudem eine Implantation in den rechtsventrikulären Ausflusstrakt als vorteilhaft, was die Stimulation betrifft.

Beim Micra™ VR handelt es sich um ein 26 mm langes Einkammersystem; Sensing und Pacing geschehen im rechten Ventrikel (VVI(R)-Modus). Die Batterie hat eine Laufzeit von ungefähr zwölf Jahren. Wie klinische Studien zeigen, bietet es mehr als 97 % der Behandelten längerfristig eine adäquate Pacing-Schwelle. Die Komplikationsrate liegt unter 4 %. Die nächste Generation Micra™ AV erlaubt ein atrioventrikulär synchrones Pacing (VDD-Modus) und eignet sich für eine größere Patientengruppe. Bei Betroffenen mit einer Herzfrequenz >100 Schläge/Minute oder diastolischer Dysfunktion gestaltet es sich mitunter aber schwierig, die atrialen Kontraktionen zuverlässig zu messen und eine AV-Synchronität zu erreichen, so das Autorenteam.

Batterie soll laut Hersteller länger als 17 Jahre halten

Das 38 mm lange Aveir™-Device ist der Nachfolger des sondenlosen Nanostim™-Schrittmachers, der zwischen 2012 und 2017 verwendet wurde. Die Batterie soll laut Hersteller länger als 17 Jahre halten. Sensing und Pacing finden im rechten Ventrikel (VVI(R)-Modus) statt. Erste Studien zum Vergleich von Micra™ und Aveir™ zeigen ähnliche elektrische Parameter im Follow-up. Seit Kurzem steht mit Aveir™ DR erstmals ein kabelloses Zweikammersystem zur Verfügung, das alle Pacing-Modi einschließlich AAI(R), VVI(R) und DDD(R) ermöglicht.

Indikation bei erhöhtem Infektions- und Blutungsrisiko

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der höheren Kosten der Kapselschrittmacher ist eine sorgfältige Patientenauswahl wichtig. Sie bieten sich vor allem bei gesteigertem Infektions- oder Blutungsrisiko an, z. B. aufgrund von Komorbiditäten wie Diabetes, Niereninsuffizienz/Dialyse, Leberfunktionsstörung und Frailty. Auch Personen mit schwierigen Gefäßverhältnissen, Trikuspidalinsuffizienz bzw. biologischem Trikuspidalklappenersatz profitieren eher vom kabellosen Pacing. Eine moderat bis schwer eingeschränkte linksventrikuläre Funktion spricht dagegen für ein transvenöses System. Bei Patientinnen und Patienten, die eine biventrikuläre Stimulation benötigen, kommen die Kapsel-Devices ebenfalls nicht infrage.

Ein Blick in die Zukunft

Mit kabellosen Pacing-Systemen wird versucht, aktuellen Problemen der Schrittmacherbehandlung zu begegnen. Beispielsweise sprechen etwa ein Drittel der Patientinnen und Patienten mit CRT*-Device nicht auf die Resynchronisationstherapie an. Für sie kommt das sogenannte „conduction system pacing“ (CSP) infrage, bei dem die Elektrode z. B. im Bereich des His-Bündels platziert wird und so ins patienteneigene Reizleitungssystem eingreift.

Geräte zum kabellosen CSP befinden sich derzeit aber erst in der Entwicklung. Bereits mit Erfolg in einer Studie untersucht wurde hingegen die Kombination aus kabellosem Schrittmacher und subkutanem ICD**. Isoliert eingesetzt haben Letztere den Nachteil, dass sie kein Bradykardie- oder antitachykardes Pacing leisten können.

*cardiac resynchronisation therapy
**implantierbarer Kardioverter-Defibrillator

Trotz des guten Sicherheitsprofils muss das (geringe) Risiko einer potenziell tödlichen Myokardperforation während der Implantation der kabellosen Systeme beachtet werden, betont das Autorenteam. Es empfiehlt, die Intervention nur in Kliniken durchzuführen, die über eine Kardiochirurgie als Back-up verfügen. Da sich die Geräte aber stetig weiterentwickeln und neue Technologien hinzukommen (s. Kasten), sehen die Expertinnen und Experten die Zukunft der Schrittmachertherapie jenseits von Kabeln.

Quelle: Saleem-Talib S et al. European Heart J 2025; doi: 10.1093/eurheartj/ehaf119

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Schrittmachertherapie ohne Kabel? kabellosen Pacing-Systeme sollen in der Zukunft transvenöse Herzschrittmacher ablösen. Schrittmachertherapie ohne Kabel? kabellosen Pacing-Systeme sollen in der Zukunft transvenöse Herzschrittmacher ablösen. © Maria Vitkovska – stock.adobe.com