Zwei Funkkapseln im Herzen geben bei neuen Schrittmachersystemen den Takt an

Dr. Melanie Söchtig

Schrittmacher haben bei der Therapie bradykarder Herzrhythmusstörungen einen hohen Stellenwert. Schrittmacher haben bei der Therapie bradykarder Herzrhythmusstörungen einen hohen Stellenwert. © Arfuu - stock.adobe.com (Generiert mit KI)

Schrittmacher haben bei der Therapie bradykarder Herzrhythmusstörungen einen hohen Stellenwert. Mittlerweile gibt es verschiedene kabellose Geräte, die eine vielversprechende Alternative zu konventionellen Systemen bei ausgewählten Patientinnen und Patienten sein können.

Dank moderner medikamentöser und interventioneller Therapieoptionen sind Krankheitsprogresse und Mortalität bei strukturellen Herzerkrankungen in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Doch viele Betroffene entwickeln krankheitsbedingt oder infolge der Behandlung (z. B. Medikamente, Herzklappenersatz) eine bradykarde Herzrhythmusstörung. Deshalb, und auch weil Patientinnen und Patienten generell älter werden, ist ein kontinuierlicher Anstieg in der Zahl der implantierten transvenösen Herzschrittmacher zu beobachten.

Je nach Anatomie sind Kabel nicht geeignet

Doch in manchen Fällen ist die Implantation eines konventionellen Gerätes nicht möglich oder risikobehaftet – sei es aufgrund anatomischer Gegebenheiten oder eines hohen Infektionsrisikos. Bei diesen Menschen könnte der Einsatz eines kabellosen Schrittmachers sinnvoll sein, wie ein Team um Dr. Lukas Kaiser von der Klinik für Kardiologie und internistische Intensivmedizin der Asklepios Klinik St. Georg in Hamburg ausführt.

Europäische Fachgesellschaften empfehlen in den Leitlinien von 2021 bereits kabellose Schrittmacher als Alternative zu konventionellen Systemen bei Betroffenen ohne Venenzugang zu den oberen Extremitäten oder mit einem erhöhten Risiko für Infektionen der Aggregattasche (z. B. Dialysepflicht, vorausgegangene Infektionen). Die Devices können auch als Erstlinientherapie erwogen werden, abhängig von der Lebenserwartung sowie möglichen Komplikationsraten der Alternativen.

Dr. Kaiser und sein Autorenteam setzen bereits seit den ersten Zulassungsstudien bei ausgewählten Patientinnen und Patienten auf die Vorteile der kabellosen Systeme. Der erste kabellose Schrittmacher (MICRA™ VR) kam bereits 2013 auf den Markt. Das System funktioniert ähnlich wie ein Einkammer-VVI-Herzschrittmacher, bei dem Stimulation und Wahrnehmung im Ventrikel erfolgen. Deshalb eignet es sich vor allem für Personen mit Vorhofflimmern und Bradyarrhythmien oder Synkopen.

Für Menschen mit Sinusrhythmus und höhergradigen AV-Blockierungen war das System jedoch nicht geeignet, weil die AV-Synchronität fehlte, schreibt das Autorenteam. Deshalb wurde das System weiterentwickelt. Der daraus entstandene MICRA™ AV ist seit 2020 auf dem Markt. Studien belegen, dass er in den meisten Fällen eine ausreichende Synchronität aufweist und als VDD-System arbeiten kann (Stimulation erfolgt im Ventrikel, die Wahrnehmung zusätzlich im Vorhof). Zuverlässig funktioniert allerdings auch die neuere Variante nur bei einem Frequenzprofil bis 132/min und wenn keine primären Sinusknotenerkrankungen vorliegen.

Seit Juni 2024 steht in Europa erstmals ein kabelloser Zweikammer-Herzschrittmacher zur Verfügung (AVEIR™ DR). Dieser besteht aus einer Ventrikel- und einer Vorhofkapsel, die sich unabhängig voneinander implantieren lassen. Eine spezielle Gerät-zu-Gerät-Kommunikation ermöglicht den Datenaustausch zwischen den beiden Aggregaten. Somit erfolgen Stimulation und Wahrnehmung in Vorhof und Ventrikel (DDD-Funktion). Dadurch schließt sich auch die Versorgungslücke bei den kabellosen Systemen für Menschen mit Sinusknotenerkrankungen bzw. höhergradigem AV-Block und aktivem Lebensstil. Obwohl die einzelnen Aggregate jeweils eine hohe Batterielaufzeit von ca. 17 Jahren aufweisen, verkürzt die ständige Kommunikation die Lebensdauer der Batterien auf derzeit etwa 6–7 Jahre (abhängig von der Erkrankung).

Ist keine Stimulation nötig, kann ein Defi ausreichen

Bei Erkrankten ohne Stimulationsbedarf kann alternativ zu einem transvenösen Defibrillator ein subkutaner implantierbarer Kardioverter-Defibrillator (S-ICD) erwogen werden. S-ICD haben sich insbesondere im Hinblick auf sondenassoziierte Komplikationen (Sondenbrüche, Isolationsdefekte) sowie bei Infektionen als vorteilhaft erwiesen. Bislang gelingt es allerdings mit den verfügbaren Systemen nicht, lebensbedrohliche ventrikuläre Herzrhythmusstörungen durch eine schmerzlose antitachykarde Therapie anstelle einer Schockabgabe zu stoppen.

Eine Lösung könnte die Kombination von S-ICD mit einem kabellosen Herzschrittmacher werden. Erste Studienergebnisse deuten darauf hin, dass eine solche Kombination (EMBLEM™ S-ICD) in fast 99 % der Fälle eine effektive Therapiesteuerung ermöglicht. Perioperative Komplikationen traten mit einer Rate von 2,5 % selten auf. Das System ist bislang aber weder in Europa noch in den USA zugelassen. Die US-Zulassung soll vermutlich noch dieses Jahr erfolgen. Dr. Kaiser und sein Team gehen davon aus, dass kommunizierende Systeme künftig das therapeutische Spektrum auch bei uns zusätzlich erweitern. Profitieren würden davon auch Erkrankte, bei denen es Komplikationen mit den kabelgebundenen Geräten gab. Dennoch dürfe man nicht vergessen, dass es sich noch um eine „junge Technik“ handelt.

Quelle: Kaiser L et al. Hamburger Ärzteblatt 2025;
79: 32-34

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