
Nieren-Ruptur operieren? Nicht nötig!
Leichte Nierenverletzungen konservativ behandeln,schwerste operativ – darüber gibt es wenig Diskussionen. Doch während früher bei fast jedem höhergradigen Schaden schnell das Skalpell gezückt wurde, hat sich hier ein Wandel vollzogen. Entscheidend dafür war die Tatsache, das die Komplikationsraten auch bei konservativem Vorgehen nicht stiegen.
Abzuschätzen, wann die Operation verzichtbar ist, stellt aber eine Herausforderung dar, so Mathias Philip Keilberth und seine Kollegen von der Urologischen Abteilung am Bundeswehrkrankenhaus in Ulm. Viele Einflussfaktoren sind dabei zu berücksichtigen, dazu gehören neben der Differenzierung zwischen stumpfer und penetrierender Verletzung auch Begleitläsionen und eine etwaige Gefäßbeteiligung.
Grundsätzlich sind Nierenverletzungen durch die geschützte Lage der Organe eher selten, selbst bei Polytraumatisierten finden sie sich nur mit einer Rate von 2 bis 5 %.
Vor allem bei Patienten mit Hochrasanz- oder Dezelerationstrauma sollte man aber differenzialdiagnostisch daran denken, das gilt auch nach Stürzen aus größer Höhe.
Bei Rippenfrakturen auch an die Niere denken
Typische äußere Anzeichen sind Flankenhämatom/-schmerz, Rippenfrakturen oder Ein-/Austrittswunden im renalen Bereich. Sehr häufig kommt es zur Hämaturie.
Das CT gilt vor allem bei Verdacht auf eine penetrierende Verletzung als diagnostischer Goldstandard – vorausgesetzt der Patient befindet sich in einem stabilen Zustand. Bei instabilen Patienten kann intraoperativ eine „One-shot-Infusionsurographie“ erfolgen.
Bei stumpfen Verletzungen mit Mikrohämaturie kann man zunächst abwarten, wenn der systolische Blutdruck über 90 mmHg liegt. Nach vier Wochen sollten Urinkontrollen erfolgen. Grad-I- bis -III-Verletzungen behandelt man in der Regel konservativ (Ausnahme: instabiler Patient mit einer Grad-III-Verletzung).
Blutung durch Embolisation stillen
Als absolute Operationsindikationen gelten aktive, persistierende Blutungen und hämodynamische Instabiliät, ein zunehmendes retroperitoneales Hämatom und der Nierenstielabriss. Ansonsten werden auch viele viert- und fünftgradige Verletzungen konservativ therapiert. Zudem lässt sich die Blutung bei höhergradigen Verletzungen evtl. minimal invasiv stillen, etwa durch Embolisation der betroffenen Gefäße.
Für das rein konservative Vorgehen geben die Autoren folgende Empfehlungen:
- Kontroll-CT 36–72 Stunden nach Trauma bei Grad IV und V
- Intensivmedizinisches Monitoring bei Grad IV und V
- Bettruhe bis zur klinischen Stabilisierung/Sistieren einer eventuellen Makrohämaturie
- Antibiotische Prophylaxe/Therapie (hämatogene Aussaat von Keimen bei liegender Harnableitung beachten)
- Körperliche Schonung und Vermeiden körperlicher Arbeit für mindestens sechs Wochen
Verspätete Operation richtet keinen Schaden an
Etwa 7 % aller initial konservativ Therapierten müssen im Verlauf doch operiert werden – was sich meist innerhalb der ersten 24 Stunden abzeichnet. Bisher hat aber kein Patient durch die initial konservative Therapie und die verzögerte Operation zusätzlichen Schaden genommen, schreiben die Experten.
Vor allem Grad-IV-Verletzungen bilden eine Art Grauzone, in der sowohl eine konservative als auch eine operative Behandlung möglich erscheinen. In diesen Fällen wäre eine Beurteilung nach „low- oder high-risk“ hilfreich, meinen die Urologen: Als relevante Risikofaktoren konnten bisher größere Hämatome (> 3,5 cm), Kontrastmittelextravasation aus Gefäßen, komplexe Lazerationen, Verkehrsunfälle (als Ursache des Traumas) und ein Patientenalter über 55 Jahre identifiziert werden.
Quelle Text und Abb.: Mathias P. Keilberth et al., Wehrmedizinische Monatszeitschrift 2014; 58: 68-73, © BETA Verlag & Marketinggesellschaft mbH, Bonn
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).