Reiseimpfungen für Risikogruppen

Dorothea Ranft

Bei einer langen Reise gilt eine gute Vorbereitung in Sachen Impfschutz, insbesondere bei Risikogruppen. Bei einer langen Reise gilt eine gute Vorbereitung in Sachen Impfschutz, insbesondere bei Risikogruppen. © pix4U – stock.adobe.com

Infektionskrankheiten werden häufig auf Auslandsreisen erworben. Ein maßgeschneidertes Impfprogramm kann schwere Komplikationen verhindern. Die STIKO beschreibt in ihren aktuellen Empfehlungen das optimale Vorgehen am Beispiel von sechs Risikogruppen. 

Schwangere 

Totimpfstoffe können grundsätzlich auch während der Gravidität verabreicht werden, als Impfzeitpunkt sind das zweite und dritte Trimenon zu bevorzugen. Lebendvakzine sind in dieser Zeit kontraindiziert. Eine Ausnahme bildet eventuell die Indikation Gelbfieber: Nach individueller Abwägung von Nutzen und Risiko kann eine Protektion im Einzelfall sinnvoll sein. Auch eine Vakzination gegen Masern, Mumps, Röteln und Varizellen (MMR-V) sollte während der Gravidität vermieden werden, eine versehentliche Immunisierung bei noch unbekannter Frühschwangerschaft ist aber kein Grund für eine Interruption, so die Experten der STIKO und der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit in ihren Empfehlungen.

Säuglinge und Kleinkinder

Keine Besonderheiten gibt es für die Jüngsten beim üblichen Impfprogramm: Auch reiselustige Babys und Kleinkinder sollten entsprechend dem STIKO-Kalender vor Krankheiten bewahrt werden. Eine Vakzination gegen Gelbfieber ist frühestens ab einem Alter von neun Monaten möglich, im Ausnahmefall ab sechs Monaten. Zu beachten ist, dass bei einer Applikation vor dem 2. Geburtstag keine lebenslange Protektion erzielt wird. 

Die Impfung gegen Hepatitis A ist ab einem Jahr möglich. Die Indikation für eine quadrivalente Meningokokkenimpfung, Typhusvakzination und einen präexpositionellen Tollwutschutz kann breit gestellt werden. Für in Deutschland lebende Kinder wird inzwischen zu einer Impfung gegen Meningokokken der Serogruppen B und C geraten. Bei Langzeitaufenthalten oder Besuchen von Freunden und Verwandten in Ländern mit epidemischem Vorkommen ist die Vakzination mit einem quadrivalenten Impfstoff gegen die Serogruppen A, C, W und Y indiziert, bei entsprechenden Empfehlungen der Zielländer auch gegen Typ B.

Senioren

Ältere Reisende (≥ 60 Jahre) sollten laut STIKO-Empfehlungen vor Pneumokokkeninfektionen, Herpes zoster und Influenza geschützt werden, vor Letzterer einmal jährlich. Bei länger als vier Wochen dauerndem Aufenthalt auf der Südhalbkugel kann eine Grippeimpfung vor Ort erwogen werden, weil sich die Vakzine in beiden Erdhälften unterscheiden können. Zur Indikation Gelbfieber ist das Risiko für eine eventuell tödliche Erkrankung gegen die erhöhte Gefahr seltener, aber potenziell letaler Impfnebenwirkungen abzuwägen. Die Impfexperten raten bei eindeutigen Kontraindikationen für die Vakzination, auf die Reise zu verzichten

Patienten mit Grunderkrankungen

Im Fall einer Reise sind Wechselwirkungen zwischen den Vakzinen und der Medikation gegen die Komorbidität zu prüfen. Der Impfzeitpunkt sollte vor dem Beginn einer immunsuppressiven Therapie, einer Splenektomie etc. liegen. Die Indikationsimpfungen sind entsprechend den STIKO-Empfehlungen zu verabreichen. Kurzschemata (z.B. gegen Hepatitis B, Japanische Enzephalitis oder FSME) sind bei Immundefizienz oder immunsuppressiver Therapie nicht anwendbar. 

Antikörperkontrollen vor der Reise sollten bei erhöhtem Erkrankungsrisiko und mutmaßlich eingeschränkter Immunantwort für Sicherheit sorgen. Nach dem Beenden bzw. beim Pausieren einer immunsuppressiven Therapie sind Mindestabstände zu Impfungen einzuhalten. Die biologische Wirkdauer kann bei manchen Substanzen länger sein als die pharmakokinetische Halbwertszeit. 

Für hämatologische und onkologische Erkrankungen gilt: Impfungen mit Totvakzinen sollten bis spätestens zwei Wochen vor der Einleitung einer antineoplastischen Therapie verabreicht bzw. Impfserien abgeschlossen werden. Gelbfieber- und Dengue-Impfung können bis zu vier Wochen vor der antineoplastischen Therapie verabreicht werden. Derzeit geht man davon aus, dass ein Impfschutz, der vor einer antineoplastischen Therapie erworben wurde, danach vermindert ist. Wenn eine Grundimmunisierung durchgeführt wurde, wird deshalb eine einmalige Wiederholungsimpfung nach Immunrekonstitution empfohlen. Das betrifft z.B. Tollwut, FSME, Japanische Enzephalitis; Poliomyelitis und Hepatitis A und B. Wenn noch keine Grundimmunisierung durchgeführt wurde, gelten die gleichen Regeln wie für Immunkompetente mit Ausnahme der quadrivalenten Meningokokkenvakzine: Nach Abschluss der antineoplastischen Therapie wird die Gabe von zwei Dosen eines ACWY-Konjugatimpfstoffs im Abstand von vier Wochen empfohlen. 

Nach Organ- und Stammzelltransplantation (SZT) sind Lebendimpfstoffe (z.B. gegen Gelbfieber) grundsätzlich kontraindiziert. Totvakzine können frühestens ein halbes Jahr nach der SZT verabreicht werden, wobei mit einem verminderten Schutz zu rechnen ist. Bei einzelnen Impfstoffen (z.B. Hepatitis A) oder Meningokokken (aller Serotypen) sind je nach Impfzeitpunkt mehrere Dosen notwendig.

Migranten auf Heimaturlaub

Besondere Regeln gelten für Migranten, die Verwandte und Freunde im Ausland besuchen (VFR*): Erwachsene haben je nach Herkunft und Aufenthaltsdauer im Endemieland oft bereits eine Hepatitis A durchgemacht, was sich mit einem serologischen Test nachweisen lässt. In Deutschland geborene Kinder sollten geimpft werden. Gegen Typhus wird bei VFR eine Vakzination schon für Kurzreisen empfohlen, vor allem auf dem indischen Subkontinent. 

Bei der Indikation Gelbfieber ist ein eventuell bereits vorhandener Impfschutz zu eruieren. Zur Japanischen Enzephalitis wurde ein erhöhtes Risiko für VFR bisher nicht belegt. Bei Kindern sollte kontrolliert werden, ob sie schon im Herkunftsland gegen diese Erkrankung geimpft wurden. Das Risiko für Meningokokken-Erkrankungen kann bei engem Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung höher sein als bei Touristen. Zu einer präexpositionellen Tollwutimpfung rät die STIKO im Fall eines erhöhten Expositionsrisikos (riskanter Tierkontakt).

Langzeitaufenthalt

Als langfristig gilt eine Reise von mehr als vier Wochen Dauer. Erfolgt diese aus beruflichen Gründen, muss der Arbeitgeber die mit der Tätigkeit verbundene Gefährdung erfassen. Dazu gehört auch die Durchführung indizierter Vakzinationen. Das Risiko für manche impfpräventable Erkrankung steigt mit zunehmender Expositionszeit, einschließlich wiederholter (Kurzzeit-)Reisen. Schüler und Studenten sollten vor Meningokokken der relevanten Serogruppen geschützt werden.

* Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit.
** Visiting Friends and Relatives

Quelle: STIKO et al. Epid Bull 2024; 14: 1-206; DOI: 10.25646/12006

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