Rückenschmerzen als Frühwarnung

Dr. Dorothea Ranft

Ein Erythema migrans tritt nicht bei allen Patient:innen auf. Ein Erythema migrans tritt nicht bei allen Patient:innen auf. © Sahara Frost – stock.adobe.com

Patienten mit Gelenkschmerzen und Verdacht auf Borreliose werden oft zum Rheumatologen geschickt. Der sollte auch auf Anzeichen der neurologischen Manifestationen achten. Je früher eine Neuroborreliose erkannt und behandelt wird, desto besser ist ihre Prognose.

Die typische Lyme-Arthritis tritt heute nur noch selten auf. Stattdessen führen in Endemiegebieten vor allem Arthralgien und Muskelschmerzen betroffene Patienten in die rheumatologische Praxis. Dort sollte nicht nur auf Muskeln und Gelenke geblickt werden. Wichtig ist auch, Hinweise auf eine ZNS-Beteiligung zu erkennen und frühzeitig den Neurologen hinzuzuziehen, schreibt ein Autorenteam um Swati Govil von der Rutgers New Jersey Medical School in Newark. Insbesondere drei Krankheitsbilder kann die Neuroborreliose im Stadium der frühen Dissemination auslösen: 

  • Fazialislähmung, 
  • aseptische Meningitis und 
  • akute schmerzhafte Radikulo­neuritis. 

Zu den eher seltenen Manifesta­tionsformen in der Frühphase zählen Vaskulitis, Enzephalomyelitis und in­trakranielle Druckerhöhung.

Typisch für die ein- oder beidseitig auftretende Fazialisparese sind der inkomplette oder aufgehobene Lidschluss (Lagophthalmus) und die Einschränkung des Stirnrunzelns. Auch Hör- und Geschmackssinn können beeinträchtigt sein. Für eine Neuroborreliose spricht das bilaterale Auftreten einer Schwäche des Gesichtsnerven nach dem Aufenthalt in einem Endemiegebiet. Vereinzelt sind auch andere Hirnnerven betroffen, was sich durch Doppelbilder bemerkbar machen kann.

Späte Manifestationen der Neuroborreliose

Von den Erkrankungen in der frühen Disseminationsphase sind die neurologischen Spätmanifestationen der Borreliose abzugrenzen. Am häufigsten tritt wahrscheinlich eine leichte chronische Enzephalopathie auf. Betroffene Patienten klagen meist über unspezifische Symptome wie Probleme mit dem Gedächtnis, Schlafstörungen, Erschöpfung und Depressivität. Ob es sich dabei tatsächlich um die Folgen einer zerebralen Infektion handelt, ist noch unklar. In seltenen Fällen wurden auch Enzephalomyelitiden und Neuropathien im Rahmen der Neuroborreliose beschrieben.

Nackensteife und Lichtscheu weisen auf Meningitis hin

Das zweite Syndrom im Rahmen der frühen Dissemination, die akute Meningitis, lässt sich anhand der Symptomatik nur schwer von einer viralen Entzündung unterscheiden. Zu den typischen Beschwerden gehören Kopfschmerz, Fieber, erhöhte Lichtempfindlichkeit und Nackensteifigkeit. Im Verdachtsfall kann die Liquordiagnostik weiterhelfen.

Bei der Radikuloneuritis steht der akute schwere Rückenschmerz im Vordergrund. Er kann in sämtlichen Regionen der Wirbelsäule auftreten. Zusätzlich besteht eine unterschiedlich ausgeprägte Muskelschwäche und manchmal auch eine Fazialisparese.

Parästhesien in den betroffenen Dermatomen können hinzukommen, Kopfschmerz und Meningitiszeichen fehlen. Typisch für die auch Bannwarth-Syndrom genannte Störung ist die Pleozytose im Liquor, ein Nachweis mit bildgebenden Verfahren ist nicht möglich.

Bei der Diagnostik kann das Erythema migrans einen wichtigen Hinweis geben. Es tritt jedoch keineswegs bei allen Patienten auf, oft wird es aufgrund einer atypischen Manifestation nicht erkannt. Unter den verfügbaren Antikörpertests wird primär der ELISA eingesetzt. Wenn dieser positiv oder grenzwertig ausfällt, folgt zur Bestätigung ein Western Blot. Allerdings ist bei beiden Verfahren zu beachten, dass eine frühzeitige Antibiotikatherapie die Antikörperbildung abschwächt. Eine andere Methode ist die PCR auf Borrelien-DNA (Blut, Liquor). Sie eignet sich gut zum Nachweis einer aktiven Infektion. 

Die bildgebende Diagnostik fällt bei neurologischen Lyme-Erkrankungen in bis zu 75 % normal aus. Deshalb sollte im Verdachtsfall der Liquor untersucht werden. Dies gilt besonders für Patienten mit Kopfschmerz, Fieber, Nackensteifigkeit oder Rückenschmerzen. Patienten mit Lyme-Meningitis zeigen üblicherweise eine mäßige Pleozytose mit bis zu mehreren Hundert mononukleären Zellen pro Mikroliter. Der intrathekale Proteingehalt ist mittelschwer erhöht und die Glukosekonzentration normal.

Patienten mit zentralnervöser Erkrankung profitieren vom Einsatz liquorgängiger Antibiotika wie Ceftriaxon i.v. über 14 bis 21 Tage. Durch einen Beginn in der Frühphase lassen sich die neurologischen Spätfolgen minimieren. Allerdings können bis zum Verschwinden der Beschwerden Wochen bis Monate vergehen. Etwa 10 % der zeitig Behandelten leiden an persistierenden Beschwerden. Für eine langfristige antiinfektive Therapie im Fall anhaltender Symptome konnte bisher jedoch kein dauerhafter Benefit gezeigt werden.

Quelle: Govil S et al. Pathogens 2023; 12: 576; DOI: 10.3390/pathogens12040576

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Ein Erythema migrans tritt nicht bei allen Patient:innen auf. Ein Erythema migrans tritt nicht bei allen Patient:innen auf. © Sahara Frost – stock.adobe.com