
Schlechtere Überlebenschancen bei mutierten Zellklonen im Tumorgewebe

Personen mit einer Clonal Hematopoiesis of Indeterminate Potential (CHIP) erkranken häufiger an hämatologischen Malignomen und Lungenkarzinomen, erläuterte Dr. Dr. Oriol Pich Roselló vom Francis Crick Institute in London. Sie korreliert bei Krebspatient:innen auch mit einem erhöhten Sterberisiko. Darüber hinaus ist bekannt, dass die CHIP-Zellklone in einigen Fällen das Tumorgewebe infiltrieren. Inwiefern dies die Tumorevolution, das Progressionsrisiko und die Prognose beeinflusst, bleibt jedoch weitgehend unklar. Diesen Fragen ging ein internationales Forschungsteam nun nach.
Die Wissenschaftler:innen analysierten zunächst Blutproben von 421 Personen mit einem nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom. Bei 143 von ihnen (34 %) wiesen sie dabei CHIP-Mutationen nach. Diese Erkrankten hatten im Vergleich zu denjenigen ohne CHIP-Nachweis ein kürzeres rezidivfreies und Gesamtüberleben.
Ein Drittel der Patient:innen mit Lungenkrebs CHIP-positiv
Weiterhin fanden sie in den Tumorproben von 60 der Betroffenen mit klonaler Hämatopoese (42 %) CHIP-mutierte Blutzellen mit hohen Varianten-Allelfrequenzen. Dieses Phänomen bezeichnen die Autor:innen als tumorinfiltrierende klonale Hämatopoese (TI-CH). Bei den mutierten tumorinfiltrierenden Zellen handelte es sich im Wesentlichen um myeloide Zellpopulationen wie Makrophagen, Monozyten und Dendritische Zellen sowie um NK-Zellen.
Mit den Personen ohne CHIP als Referenzgruppe erwies sich die TI-CH als unabhängiger Prädiktor bezüglich eines kürzeren rezidivfreien Überlebens (RFS; HR für Rezidiv oder Tod 1,80; 95%-KI 1,23–2,63; p = 0,003). Im Vergleich zu Untersuchten mit auf das Blut beschränkter CHIP ging der TI-CH-Nachweis ebenfalls mit einer signifikant schlechteren RFS-Prognose einher (HR 1,62; 95%-KI 1,02–2,56).
Anschließend wiederholten die Forschenden ihre Auswertung an einem Kollektiv aus 49.351 Krebserkrankten mit 75 verschiedenen soliden Tumorentitäten. In den Blutproben von 24 % dieser Patient:innen detektierten sie eine CHIP, worunter wiederum 26 % eine TI-CH aufwiesen. Der TI-CH-Nachweis ging im Vergleich zur CHIP ohne Tumorinfiltration mit einem um den Faktor 1,17 erhöhten Sterberisiko einher (95%-KI 1,06–1,29).
Mutierte Zellklone verändern das Tumor-Mikromilieu
Mithilfe genetischer Analysen fanden Dr. Pich und Kolleg:innen heraus, dass es insbesondere bei einer Mutation des TET2-Gens zur Tumorinfiltration kam. Eine entsprechende Alteration erhöht das Risiko für eine TI-CH im Vergleich zu anderen Mutationen signifikant (adjustierte OR 1,78; 95%-KI 1,39–2,27).
Abschließend zeigte die Arbeitsgruppe, dass eine TET2-mutierte CHIP die Mikroumgebung von Lungenkrebszellen verändert. Im Mausmodell akkumulierten Makrophagen mit der Genalteration verstärkt im Tumor. In vitro stimulierten die TET2-mutierten myeloiden Zellen zudem das Wachstum von Lungenkarzinom-Organoiden.
Tumorinfiltrierende Zellen mit CHIP-Mutationen tragen zur Evolution solider Tumoren bei, so das Fazit der Wissenschaftler:innen. Man müsse ihre Beobachtungen allerdings in größeren Studien überprüfen. Ferner seien die funktionellen Auswirkungen der klonal expandierten Zellen auf die Tumorprogression zu klären. Hier biete sich perspektivisch möglicherweise sogar ein Ansatzpunkt für Therapien.
Quelle:
Pich O et al. N Engl J Med 2025; 392(16): 1594-1608; DOI: 10.1056/NEJMoa2413361
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