Schwere chronische Urtikaria

Marcus Maurer

© Jürgen Fälchle - AdobeStock

Trotz strikter Nahrungsumstellung, Darmsanierung und der Gabe von Antihistaminika sowie Kortison tritt bei einem Patienten mit schwerer chronischer Urtikaria keine wesentliche Besserung der Symptomatik ein. Welche weiteren diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten sind hier sinnvoll?

Der Fall: Bei meinem Patienten (46 Jahre) besteht ein angeborener selektiver IgA-Mangel. Symptome sind rezidivierende Infekte und Darmprobleme. Vor 5 Jahren schwere Urtikaria nach Streptokokken-Infektion. Der Patient hat eine Laktose-Intoleranz, aber gut im Griff, nach Nahrungsumstellung und Gabe von Laktasetabletten. Keine Glutenunverträglichkeit.

Noch zur Vorgeschichte: Wellensittiche im Haus (Allergien möglich, aber hier mehr Atemnot und keine Hautveränderungen). Vor 2 Jahren milde Borreliose, antibiotisch behandelt. Seit 4 Monaten wieder wechselnde Urtikaria.

Sein Hausarzt (anthroposophisch ausgerichtet) vermutete eine Candida-Infektion und dadurch eine Histamin-Intoleranz. Behandlung mit Biofanal und Antiallergika.

Weitere Untersuchungen: Blutbild, CRP, Leber- und Nierenstatus, IgE-Test, Stuhl auf Pilze, Würmer, Campylobacter, Salmonellen, Shigellen, Yersinien und Viren – alle unauffällig. IgA im Stuhl erniedrigt. Ausschluss des Leaky-Gut-Syndroms. Diaminoxidase leider noch nicht bestimmt. Histamin-Intoleranz.

Trotz strikter Nahrungsumstellung, Darmsanierung (u. a. Symbioflor), Antihistaminika und kurzzeitiger Gabe von Kortison keine wesentliche Besserung der Symptomatik. Versuch mit Akupunktur. Welche diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten bestehen noch – z. B. die Gabe von Omalizumab oder DAOSiN?

Antwort: Liebe Frau Kollegin, lieber Herr Kollege, ich danke für Ihre Anfrage und den interessanten Fall Ihres Patienten mit schwerer chronischer Urtikaria. Sie fragen, bei bereits erfolgter umfangreicher Abklärung, nach weiteren diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten.

Wir verstehen die chronische spontane Urtikaria heute als Autoimmunerkrankung, bei der zwei verschiedene Endotypen beschrieben sind. Der erste und häufigere Endotyp ist die autoallergische chronische spontane Urtikaria, der zweite die Typ-IIb-autoimmune chronische spontane Urtikaria. Bei beiden Formen der autoimmunen chronischen spontanen Urtikaria spielen Autoantikörper, IgE und der IgE-Rezeptor eine entscheidende Rolle in der Pathogenese. Die Mastzell-aktivierenden Effekte der Autoantikörper unterliegen dem Einfluss weiterer Faktoren – u. a. spielen hier Infekte, Stress, Nahrungsmittel und Medikamente eine Rolle. Um eine wirksame therapeutische Strategie festzulegen und umzusetzen, sind weiterführende diagnostische Maßnahmen nicht sinnvoll oder notwendig. Wenn Ihr Patient auf ein höher dosiertes Antihistaminikum, gegeben für mind. 2 Wochen, kein gutes Ansprechen zeigt, dann ist es Zeit für Omalizumab.

Omalizumab ist bei beiden Formen der autoimmunen chronischen spontanen Urtikaria wirksam, allerdings ist das Ansprechen bei Patienten mit autoallergischer chronischer spontaner Urtikaria schneller und besser als bei Patienten mit Typ-IIb-autoimmuner chronischer spontaner Urtikaria. Für eine Therapie mit DAOSiN gibt es bisher keine ausreichende Evidenz. Der nächste Schritt sollte aus meiner Sicht deshalb die Behandlung mit Omalizumab sein.

Ich wünsche viel Erfolg und Ihrem Patienten gute Besserung!

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Autor:
Charité - Universitätsmedizin Berlin
Charitéplatz 1
10117 Berlin

Erschienen in: DERMAforum, 2020; 24 (11) Seite 7
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.

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