Zwei Drittel der Urtikaria-Betroffenen lebt mit nicht ausreichend kontrollierter Erkrankung
72% der Menschen mit chronischer spontaner Urtikaria sind schlecht kontrolliert
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Die chronische spontane Urtikaria geht mit tiefen Einschnitten in der Lebensqualität einher. Obwohl wirksame Therapieoptionen zur Verfügung stehen, werden die Betroffenen in Europa oft unzureichend behandelt.
Zwar ist die chronisch spontane Urtikaria (CSU) kaum als lebensbedrohlich einzustufen, die Auswirkungen, die sie für Betroffene hat, sollte man aber nicht unterschätzen. Hinzu kommen wirtschaftliche Faktoren wie Fehlzeiten und die Ressourcenbindung im Gesundheitssystem.
Unter Federführung von Maria-Magdalena Balp, Novartis Pharma AG, hat ein Team Prävalenz, Behandlungsmuster und Krankheitslast der CSU in Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien und dem Vereinigten Königreich ermittelt.1 Hierfür griffen die Forschenden auf die Daten aus der nationalen Gesundheits- und Wellness-Erhebung (NHWS) 2020 zurück.
Von den 62.319 Personen litten 794 an einer chronischen Urtikaria und von diesen 519 unter der chronischen spontanen Form. Nach Einschätzung des Autorenteams erhielt nur rund die Hälfte von ihnen eine medikamentöse Therapie (verschreibungspflichtig oder OTC-Präparate). Entsprechend war die Krankheit bei 72 % der Betroffenen in der CSU-Kohorte schlecht kontrolliert.
Bei 37 % Patientinnen und Patienten ergab die Erhebung eine starke bis extrem starke Auswirkung der Krankheit auf die Lebensqualität, definiert über einen Wert > 10 auf dem Dermatology Life Quality Index (DLQI). Auch hinsichtlich der mentalen Gesundheit, der Arbeitsproduktivität und der Nutzung von Ressourcen des Gesundheitswesens schnitten die Teilnehmenden mit CSU im Vergleich zur Gesamtkohorte schlechter ab.
Dass chronische Urtikaria die mentale Gesundheit beeinträchtigen kann, bestätigt eine Fall-Kontroll-Studie2, die kurze Zeit später erschienen ist und auf den Daten der US-amerikanischen All of Us (AoU)-Datenbank basiert. Die Autorinnen und Autoren stellten einen engen Zusammenhang zwischen chronischer Urtikaria und psychiatrischen Komorbiditäten fest. Es zeigte sich eine erhöhte Wahrscheinlichkeit (Odds Ratio, OR) für Angststörung (OR 3,48), Depression (OR 3,26), Dysthymie (OR 3,67), Insomnie (OR 3,27), psychische Belastung (OR 3,92), posttraumatische Belastungsstörung (OR 3,25) und Substanzkonsumstörung (OR 2,13). Zudem ließ sich eine Assoziation zu ADHS (OR 3,61) zeigen. Patientinnen und Patienten sollten neben der adäquaten Therapie daher auch auf psychische Komorbiditäten untersucht werden.
Gemäß Leitlinien erfolgt die Behandlung von CSU stufenweise, angepasst an den Schweregrad und die Krankheitskontrolle. Dabei werden Antihistaminika der zweiten Generation als Erstlinienbehandlung empfohlen. Ein Beispiel ist Rupadatin, dessen Effektivität unter anderem kürzlich in einer retrospektiven Beobachtungsstudie3 aus Spanien untersucht wurde – mono, kombiniert mit anderen zweitgenerationsantihistaminika wie Ebastin oder mit Omalizumab bzw. Ciclosporin. Bei den 605 von 1.672 ambulant versorgten Patientinnen und Patienten mit CSU oder chronisch induzierbarer Urtikaria aus dem URTICARIA-Register zeigte sich, dass das Medikament (10–40 mg/d) die Beschwerden gut reduziert. Auch über einen Follow-up von bis zu fünf Jahren (n = 196) gilt es laut der Autorengruppe als sicher.
In der Erhebung von Balp et al. erhielten die meisten Patientinnen und Patienten, die ein verschreibungspflichtiges Medikament einnahmen, H1-Antihistaminika (13,5 %). Im Gegensatz dazu war der Einsatz von Biologika sehr gering (0,7 %). Fast 40 % der Betroffenen griff allerdings auf OTC-Präparate zurück.
Quelle:
1.Balp MM et al. J Eur Acad Dermatol Venereol 2025; doi: 10.1111/jdv.20772
2.Adjei-Frimpong NA et al. JEADV Clinical Practice 2025; doi: 10.1002/jvc2.70063
3.Giménez-Arnau AM et al. JEADV Clinical Practice 2025; doi: 10.1002/jvc2.70062
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