Schwere Wahl zwischen Osimertinib/Chemotherapie und Amivantamab/Lazertinib
Osimertinib mit Chemotherapie ist Erstlinienstandard beim EGFR+ NSCLC, doch der Vergleich zu MARIPOSA bleibt offen.
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Nun ist es belegt: Die Kombination aus Osimertinib plus Chemotherapie verlängerte in FLAURA2 bei EGFR+ fortgeschrittenen NSCLC das Gesamtüberleben signifikant und klinisch relevant.1 Gegenüber Osimertinib mono reduzierte sich das Mortalitätsrisikos um 23 % (HR 0,77; 95%-KI 0,61–0,96; p = 0,02), mit einem medianen OS von 47,5 Monaten gegenüber 37,6 Monate. Nach 36 Monaten lebten noch 63 % vs. 51 % der Behandelten bzw. nach 48 Monaten 49 % vs. 41 %. Wie Dr. David Planchard, Gustave Roussy, Villejuif, berichtete, wurde die Analyse bei einem medianen Follow-up mit 57 % Datenreife durchgeführt (Datenschnitt 12. Juni 2025).
Überlebensvorteil unabhängig von Hirnmetastasen zu Therapiestart
Der Überlebensbenefit zugunsten der Kombination war über alle vordefinierten Subgruppen hinweg konsistent. So gab es etwa keine relevanten Unterschiede zwischen Erkrankten mit und ohne Baseline-Hirnmetastasen. Dr. Planchard verwies darauf, dass auch die Kombination mit langen chemotherapiefreien Perioden assoziiert war. Während Osimertinib im Median 30,5 Monate verabreicht wurde, waren es für Pemetrexed nur median 8,3 Monate.
„Osimertinib plus Chemotherapie als Erstlinienstandard bei fortgeschrittenem EGFR+NSCLC bestätigt“
Das Sicherheitsprofil der Kombination bleib auch während der längeren Nachbeobachtung beherrschbar. Es entsprach den etablierten Profilen der einzelnen Medikationen und war im Wesentlichen durch die Chemotherapie getrieben. Unerwünschte Ereignisse ab Grad 3 traten bei 70 % der Behandelten im Kombinationsarm auf vs. 34 % unter Osimertinib mono. Dies entspricht in etwa den Raten der Primäranalyse (64 % vs. 27 %).2 Die nebenwirkungsbedingten Abbruchraten waren in beiden Studienarmen niedrig (12% vs. 7%).
Dr. Planchards Fazit: „Diese zwingenden OS-Ergebnisse aus FLAURA2 bestätigen Osimertinib plus Chemotherapie als Erstlinienstandard bei fortgeschrittenen EGFR+ NSCLC.“
Herausforderer: das MARIPOSA-Regime mit Amivantamab plus Lazertinib
Osimertinib plus Chemotherapie wird allerdings durch das MARIPOSA-1-Regime mit dem bispezifischen Antikörper Amivantamab (gegen EGFR und MET) und dem ZNS-gängigen EGFR-Inhibitor Lazertinib herausgefordert. Auch für diese Kombination liegen überzeugende Studiendaten beim fortgeschrittenen EGFR+ NSCLC mit EGFR-Exon-19-Deletion oder L858R-Substitutionsmutation vor. Anfang 2025 erteilte deshalb die Europäische Kommission die Zulassung als Erstlinientherapie.
Amivantamab plus Lazertinib gegenüber Osimertinib mono überlegen
Die Kombination hatte in einer früheren Analyse der Phase-3-Studie MARIPOSA-1 im Erstliniensetting bereits den primären Endpunkt PFS gegenüber Osimertinib mono signifikant verbessert von median 16,6 Monaten auf 23,7 Monate (HR 0,70; p < 0,001), wobei auch Erkrankte mit Hirnmetastasen profitierten.3
Die finalen OS-Daten waren beim Europäischen Lungenkrebskongress (ELCC) 2025 vorgestellt worden. Hier war ein signifikanter und klinisch relevanter Überlebensvorteil gegenüber Osimertinib mono gezeigt worden. Nach einem medianen Follow-up von 37,8 Monaten war das mediane OS im AMI/LAZ-Arm noch nicht erreicht; unter Osimertinib betrug es 36,7 Monate (HR 0,75; p < 0,005).4
Studiendesign und frühere Ergebnisse von FLAURA2
FLAURA2 ist eine offene, multizentrische, globale Phase-3-Studie mit bisher unbehandelten Patient:innen mit fortgeschrittenem NSCLC in gutem Allgemeinzustand (ECOG Performance-Status 0 oder 1), deren Tumoren eine Deletion des EGFR-Exons 19 oder L858R-Mutationen im Exon 21 aufweisen.2 Die Teilnehmer:innen erhielten 1:1 randomisiert entweder Osimertinib 80 mg QD plus eine Chemotherapie (Pemetrexed [500 mg/m2] plus Cisplatin [75 mg/m2] oder Carboplatin [AUC5]) alle 3 Wochen über 4 Zyklen, gefolgt von Osimertinib mit einer Pemetrexed-Erhaltungstherapie alle 3 Wochen (n = 279) oder im anderen Behandlungsarm Osimertinib mono (80 mg QD; n = 278) als Dauertherapie bis zum Progress. Primärer Endpunkt war das von den Prüfärzt:innen beurteilte progressionsfreie Überleben (PFS); wichtiger sekundärer Endpunkt das Gesamtüberleben (OS).
In der Primäranalyse von FLAURA2 war eine mediane progressionsfreie Zeit von über 2 Jahren erreicht worden – fast 9 Monate mehr als unter Osimertinib mono. Unter der Kombination verringerte sich das Risiko für Progression oder Tod gegenüber der Monotherapie um 38 % (HR 0,62; 95%-KI 0,49–0,79; p < 0,0001) – bei einem medianen PFS von 25,5 vs. 16,7 Monate. Damit war der primäre Studienendpunkt erreicht – bei handhabbarem Sicherheitsprofil.
Wer profitiert von den intensivierten Erstlinienkombinationen?
Laut Prof. Dr. Daniel SW Tan von der Duke NUS Medical School in Singapur stehen damit zwei intensivierte Kombinationsregime für die Erstlinienbehandlung des EGFR+ NSCLC zur Verfügung, die zudem der Resistenzentwicklung entgegenwirken.5
Allerdings würde die Überlegenheit gegenüber der Monotherapie mit Osimertinib auch mit erhöhter Toxizität erkauft. Beim FLAURA2-Regime war dies vor allem Hämatotoxizität, während beim MARIPOSA-1-Regime unerwünschte Effekte wie Infusionsreaktionen und vor allem thromboembolische Ereignisse hinzukamen, die spezielle supportive Maßnahmen wie eine prophylaktische Antikoagulation erforderten. Prof. Tan sieht deshalb weiterhin einen Stellenwert für Osimertinib mono als effektives Regime in der Erstlinie, auch und gerade für Erkrankte in weniger gutem Allgemeinzustand.
Diese Faktoren fließen in die Therapieentscheidung ein
Die Therapieentscheidung – Kombinationstherapie (und wenn ja, welche) oder Osimertinib mono –, bezeichnete Prof. Tan als „Balanceakt“. Die Entscheidung solle, auch im Hinblick auf mögliche Sequenztherapien, gemeinsam mit den Erkrankten getroffen werden, wobei klinische Faktoren wie Alter und Allgemeinzustand sowie das Vorliegen von Hirnmetastasen, EGFR L8588R-Mutationen oder Lebermetastasen einfließen sollten – neben molekularen Veränderungen wie etwa MET- oder TP53-Ko-Alterationen.
Es gelte, anhand von verfügbaren (und zukünftigen) Biomarkern diejenigen zu bestimmen, die am meisten von den spezifischen Kombinationstherapien profitieren. Zukünftig sei womöglich eine bessere longitudinale Steuerung therapeutischer Interventionen unter Nutzung von Synergien möglich, wenn die Möglichkeiten des Nachweises von ctDNA via Liquid Biopsy verstärkt genutzt würden, so Prof. Tan.
Quellen:
1. Planchard D et al. World Conference on Lung Cancer 2025; PL02.06
2. Planchard D et al. N Engl J Med 2023; 389: 1935-48
3. Cho BC et al. N Engl J Med 2024; 391: 1486-98; doi: 10.1056/NEJMoa2403614
4. Yang JCH et al. ELCC 2025; 4O
5. Tan SW et al; World Conference on Lung Cancer 2025; PL02.04
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