Semaglutid 7,2 mg: Mehr Abnahme, mehr Risiken

Dr. Vera Seifert

Eine dreifache Dosis Semaglutid hat in zwei STEP-UP-Studien mehr Gewichtsverlust ermöglicht Eine dreifache Dosis Semaglutid hat in zwei STEP-UP-Studien mehr Gewichtsverlust ermöglicht © Kassandra - stock.adobe.com

Eine dreifache Dosis Semaglutid hat in zwei STEP-UP-Studien mehr Gewichtsverlust ermöglicht – allerdings um den Preis häufiger Sensibilitätsstörungen und ohne zusätzlichen HbA1c-Vorteil bei Typ-2-Diabetes.

Nicht alle Menschen erreichen unter einer wöchentlichen Injektion von 2,4 mg Semaglutid ihre Gewichtsziele. Deshalb testeten zwei Arbeitsgruppen, wie eine Dosis von 7,2 mg wirkt – sowohl bei Personen mit als auch ohne Diabetes.

In der ersten Studie (STEP UP) nahmen 95 medizinische Institutionen aus elf Ländern teil. Eingeschlossen waren 1.407 Personen mit einem BMI von mindestens 30 kg/m2 ohne Diabetes. Sie erhielten entweder 7,2 mg Semaglutid (n = 1.005), 2,4 mg Semaglutid (n = 201) oder Placebo (n = 201) über 72 Wochen. Unter der hohen Dosis verloren die Teilnehmenden im Mittel 18,7 % Gewicht, unter der niedrigen Dosis 15,6 % und unter Placebo 3,9 %, berichten Sean Wharton, Universität Toronto, und seine Arbeitsgruppe. Um mindestens 20 % sank das Körpergewicht bei knapp der Hälfte (48 %) der Personen mit der höheren Dosis, während unter der niedrigeren nur ein Drittel dieses Ziel erreichte.

Gastrointestinale Nebenwirkungen traten in der Hochdosisgruppe häufiger auf (71 % vs. 61 % bei 2,4 mg), Dysästhesien ebenfalls (23 % vs. 6 %). Die Autorinnen und Autoren bewerten dies als günstiges Wirkungs-Nebenwirkungs-Verhältnis.

Geringerer Gewichtsverlust bei Typ-2-Diabetes

In der zweiten Studie namens STEP UP T2D untersuchten Forschende um Ildiko Lingvay, University of Texas Southwestern Medical Center, Dallas, die Auswirkungen der Dosiserhöhung von Semaglutid bei Personen mit Typ-2-Diabetes und Adipositas. Es nahmen 512 Patientinnen und Patienten teil. Das Design war das gleiche wie unter STEP UP. In dieser Studie fiel die Gewichtsabnahme moderater aus und betrug 13,2 % unter 7,2 mg und 10,4 % unter 2,4 mg Semaglutid. Über gastrointestinale Nebenwirkungen berichteten in beiden Gruppen etwa gleich viele Teilnehmende (53 % unter 7,2 mg und 52 % unter 2,4 mg). Eine Dysästhesie erlebten auch in dieser Studie deutlich mehr Personen unter 7,2 mg (19 % vs. 5 %).

Wie sind diese Ergebnisse zu bewerten? Dr. Stefan Kabisch von der Charité – Universitätsmedizin Berlin meint, der Zusatzeffekt der dreifachen Dosis sei vorhanden, aber nicht riesig. Viele Patientinnen und Patienten hätten die Dosis reduzieren müssen, bevor sie den Zielwert erreicht hatten. Daran könnte es liegen, dass die typischen Magen-Darm-Nebenwirkungen in der Hochdosisgruppe nicht wesentlich häufiger auftraten. 

Man sollte auch bedenken, dass Nebenwirkungen nicht immer sofort, sondern auch mit einer gewissen Verzögerung auftreten können. Bei einer wöchentlichen Spritze könne man aber nicht sofort mit einer Dosisreduktion reagieren. „Was drin ist, ist drin“, warnte er. Die Sensibilitätsstörungen/Missempfindungen der Haut seien bisher weniger bekannt gewesen, hierbei zeigte sich, dass sie offenbar dosisabhängig sind.

Dr. Kabisch kritisiert, dass die Studiendauer zu kurz ist, um die maximale Gewichtsreduktion und Stoffwechselverbesserung zu bewerten. Auch um schwerwiegende Nebenwirkungen beurteilen zu können, die sich in den Studien zwischen den beiden Dosierungen nicht erkennbar unterschieden, seien längere Laufzeiten und höhere Teilnehmerzahlen nötig.

PD Dr. Timo Müller, Institut für Diabetesforschung, München, weist darauf hin, dass der mittlere Gewichtsverlust unter Tirzepatid 15 mg deutlich stärker ist als unter Semaglutid. Zudem klagen weniger Patientinnen und Patienten über Übelkeit und Erbrechen. Sein Fazit zu den Studien lautet: „Ich persönlich glaube, dass sich Semaglutid 7,2 mg gegenüber Tirzepatid 15 mg nicht durchsetzen wird, besonders aufgrund der erhöhten gastrointestinalen Nebenwirkungen und des etwas schwächeren Effekts auf Gewicht und HbA1c.“

Keine zusätzliche Reduktion des HbA1c-Werts

Prof. Dr. Stephan Martin vom Westdeutschen Diabetes- und Gesundheitszentrum in Düsseldorf bemängelt, dass in der STEP-UP-T2D-Studie eine zusätzliche Reduktion des HbA1c durch die höhere Semaglutiddosis nicht gelang. Er versteht nicht, warum man die Dosis erhöhen soll, wenn sich mit Tirzepatid – bei besserer Verträglichkeit – ähnliche oder bessere Effekte erzielen lassen. Seiner Meinung nach steht die etwas stärkere Gewichtsabnahme mit 7,2 mg in keinem Verhältnis zu den dadurch erkauften Nebenwirkungen.

Quelle: 

1.Wharton S et al. Lancet Diabetes Endocrinol 2025; doi: 10.1016/S2213-8587(25)00226-8
2.Lingvay I et al. Lancet Diabetes Endocrinol 2025; doi: 10.1016/S2213-8587(25)00225-6
3.Pressemitteilung Science Medical Center

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