
So gelingt die Reduktion von Antidepressiva und Neuroleptika

Wenn eine Pharmakotherapie beendet wird, muss man mit verschiedenen spezifischen Reaktionen rechnen. Unterschieden werden dabei drei Effekte: Absetz- oder Entzugssymptome, die Wiederkehr der Krankheit und der sogenannte Rebound, schreiben Dr. Marlene Krabs von den Evangelischen Kliniken Dresden und Prof. Dr. Tom Bschor vom Universitätsklinikum Dresden.
Die Absetzsymptome von antipsychotisch oder antidepressiv wirkenden Medikamenten manifestieren sich häufig unspezifisch mit Kopfschmerz, Schwindel, Übelkeit, grippeähnlichen Erscheinungen oder Sensibilitätsstörungen. Beschwerden wie Schlaf- und Konzentrationsstörungen können auch mit Niedergeschlagenheit oder Frühzeichen einer Psychose verwechselt werden. Außerdem gibt es Überschneidungen mit Entzugszeichen bei Medikamenten mit Abhängigkeitspotenzial (z. B. Benzodiazepine). Antidepressiva und Neuroleptika verursachen jedoch weder ein unkontrolliertes Verlangen noch eine eigenmächtige Dosissteigerung, betont das Autorenteam.
Wichtig ist die Differenzierung zwischen Absetzsymptomen und einer Wiederkehr der psychiatrischen Grunderkrankung. Viele Pharmaka unterdrücken nur die Symptomatik, sodass nach dem Beenden der Therapie mit einem erneuten Auftreten zu rechnen ist. Wegweisend kann der zeitliche Verlauf sein: Absetzsymptome treten meist früh auf, fluktuieren und bilden sich nach kurzem Anhalten spontan zurück.
Nach der medikamentösen Therapie eines akuten Schubs der Schizophrenie wird eine längerfristige antipsychotische Weiterbehandlung empfohlen. Sie ist im Vergleich zum intermittierenden Einsatz mit weniger Rezidiven verbunden, scheitert aber oft an Nebenwirkungen und Patientenwunsch.
Als Rebound der Grunderkrankung (Depression oder Psychose) bezeichnet man eine erhöhte Anfälligkeit des Organismus nach Absetzen der Medikation. Autorin und Autor vergleichen diesen Effekt mit einem Ball, der unter Wasser gedrückt und plötzlich losgelassen nicht nur an die Oberfläche zurückkommt, sondern oft sogar darüber hinausspringt. Die Erkrankung kehrt also schneller oder schwerer zurück als vor der Behandlung. Oft kommt es zu einer Therapieresistenz. Die Patientinnen und Patienten tragen damit ein höheres Risiko für ein Rezidiv als Leidensgenossen, die nicht medikamentös behandelt wurden.
Vorsicht mit Medikamenten bei leichterer Depression
Die Befürchtung, die Therapie mit einem Antidepressivum könnte aufgrund der Rezidivgefahr nicht mehr beendet werden, sollte vor allem bei leichter bis mittelschwerer Erkrankung zur Vorsicht mit der Verordnung mahnen. Zumal das Verum in dieser Situation kaum besser wirkt als Placebo, wie das Autorenteam ausführt. Die Nationale VersorgungsLeitlinie empfiehlt die Medikation daher nur bei schweren Episoden. Auch das Absetzen eines Neuroleptikums erhöht wahrscheinlich das Risiko für ein promptes und sehr starkes psychotisches Rezidiv.
Die Dosis sollte langsam und nicht linear gesenkt werden
Als Konsequenz empfiehlt das Psychiaterduo, Betroffene vor der Behandlung über mögliche Absetzprobleme zu informieren. Um einen eigenmächtigen Therapiestopp zu vermeiden, sollte man die Erkrankten auf die Bedeutung gemeinsamer Absprachen hinweisen. Langsames Ausschleichen vermindert wohl die Gefahr, beseitigt diese aber nicht vollständig. Für die Praxis gilt, dass eine abrupte Beendigung nur erfolgen sollte, wenn sie wegen brisanter Nebenwirkungen unvermeidbar ist.
Zur Prophylaxe von Absetzbeschwerden rät das Autorenteam, die Dosis langsam und nicht linear zu senken. Denn das Verhältnis zwischen Menge und Besetzung der Dopaminrezeptoren bzw. Serotonintransporter verläuft in Form einer Hyperbel. Deshalb sollten die ersten Schritte größer und die letzten möglichst klein erfolgen. Für Neuroleptika werden Reduktionen um etwa 5–20 % der aktuellen Dosis mit Abständen zwischen sechs und zwölf Wochen empfohlen. Antidepressiva und Antipsychotika in Tropfenform oder von Apotheken hergestellte Lösungen können das Ausschleichen erleichtern.
Quelle: Krabs M, Bschor T. internistische praxis 2025; 68: 428-436
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