
Spinalkanalstenose: Drei Kategorien erleichtern die Patientenselektion

In 90 % der Fälle gelingt es Chirurgen, den verengten Spinalkanal bei einer Stenose zu erweitern: primäres OP-Ziel erreicht. Entsprechend müssten die Patienten beschwerdefrei nach Hause gehen. Dem ist nicht so, sagte Professor Dr. Lothar Mayfrank, Neurochirurg aus Stuttgart. Doch warum? Schwerwiegende Komplikationen können diese Differenz nicht erklären. Das kumulative Risiko für neue neurologische Defizite oder Infektionen liegt bei etwa 1 %.
Ohne Symptome wird nicht operiert
Das klinische Ergebnis nach einer Spinalkanaloperation wird neben den genannten Aspekten von vielen anderen Faktoren beeinflusst. Entsprechend wichtig ist es, die Patienten vor dem Eingriff adäquat zu beraten, betonte der Kollege. Als erstem Ansprechpartner kommt diese Aufgabe vor allem dem Hausarzt zu, der entscheiden muss, wen er an einen Facharzt überweist.
Maßgebend für die Indikationsstellung ist das klinische Bild, betonte Prof. Mayfrank. So können die Patienten mit Spinalkanalstenose im Bereich der Lendenwirbelsäule grob in drei Kategorien unterteilt werden:
- asymptomatische Patienten
- Patienten mit Schmerzen, aber ohne neurologische Defizite
- Patienten mit fixierten neurologischen Defiziten
Anhand dieser Einteilung lässt sich abschätzen, ob ein Eingriff notwendig ist, man konservativ behandeln oder erst einmal abwarten sollte.
Folgt man dieser Logik, fallen schon mal alle Patienten raus, die zu Kategorie 1 zählen. „Ohne Symptome wird nicht operiert“, sagte Prof. Mayfrank. Die meisten dieser Patienten sitzen vermutlich nur in der Praxis, weil die Stenose zufällig entdeckt wurde. Asymptomatische Spinalkanalstenosen werden beispielsweise häufig bei der Abklärung unklarer Rücken- oder Beinschmerzen detektiert – obwohl diese Schmerzen nichts mit der Stenose zu tun haben, erklärte der Neurochirurg.
In diesen Fällen soll man abwarten und die Betroffenen umfassend beraten. Vor allem Letzteres ist laut Prof. Mayfrank wichtig. Ansonsten ist die Gefahr groß, dass die somatischen Probleme schnell zu psychischen werden. Viele Patienten informieren sich im Internet und lesen dort alle möglichen Schreckensszenarien. „Sie beharren dann auf einem Eingriff, obwohl sie noch Jahre ohne Beschwerden leben können.“ Kommt es später tatsächlich zu einschlägigen Symptomen, gilt es, den Fall neu zu bewerten.
Ein klares Ja zur Operation bekommt Kategorie Nummer 3. Bei Betroffenen mit relevanten Paresen, progredienten Defiziten oder einer Blasenentleerungsstörung, sprich fixierten neurologischen Störungen, führt kein Weg am Skalpell vorbei.
Coxarthrose und pAVK als Differenzialdiagnosen
Schwerer fällt das Urteil für die zweite Kategorie. Betroffene haben Schmerzen, aber noch keine neurologischen Ausfälle. Dann hängt die OP-Indikation maßgeblich von den Bedürfnissen des Patienten ab, sagte der Experte. Punkte, die es zu dabei beachten gilt:
- Wie stark fühlt sich der Patient im Alltag beeinträchtigt?
- Wie ausgeprägt sind seine Beschwerden?
- Spricht er auf eine konservative (Schmerz-)Therapie an?
- Steht er der Operation positiv gegenüber?
Aus medizinischer Sicht sind außerdem die individuellen Risiken und die Prognose des Patienten wichtig (s. Kasten).
Das beeinflusst die Prognose
- Beinbeschwerden im Vordergrund im Vergleich zum Rückenschmerz
- wenige betroffene Segmente
- wenige sonstige degenerative Veränderungen der LWS
- klarer kausaler Zusammenhang zwischen Schmerzen und Stenose
- lokale Rückenschmerzen im Vordergrund
- schwere multisegmentale degenerative Veränderungen der LWS
- begleitende Stenose der Foramina intervertebralia
- degenerative Skoliose der LWS, Instabilität
- unklare kausale Zusammenhänge
Quelle: 54. Ärztekongress der Bezirksärztekammer Nordwürttemberg
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