
Sport entschärft Nebenwirkungen der Antihormontherapie

Wir können durch Bewegungsintervention unfassbar viele Ziele erreichen, auch unter Hormontherapie“, sagte Privatdozent Dr. Freerk Baumann, Arbeitsgruppe Onkologische Bewegungsmedizin, Uniklinik Köln. Sie hilft gegen Fatigue, Depressionen, Schmerzen, Wechseljahrsbeschwerden, Osteoporose – um eine Auswahl zu nennen. Die ersten Studien, die derartige Effekte nachgewiesen haben, datieren bereits rund 15 Jahre zurück. Seither ist reichlich Evidenz hinzugekommen.
Besonders wirksam gegen krebsassoziierte Fatigue
„Wichtig ist, dass die Bewegungstherapie frühzeitig installiert wird“, betonte der Sportwissenschaftler. Schon die ersten Studien ergaben, dass die Intervention stark an Wirkung einbüßt, wenn die Patienten bereits ein Jahr unter der Hormondeprivation standen. Bei frühem Beginn aber darf man mit hohen Effektstärken rechnen, wie erst kürzlich wieder in einer Metaanalyse von 113 randomisierten klinischen Studien gezeigt wurde: Gegen die krebsassoziierte Fatigue ist danach keine Intervention so wirksam wie Bewegungstherapie, und auch eine zusätzliche psychoonkologische Behandlung vermag dem nichts hinzuzufügen (ist für sich genommen aber fast ebenso effektiv).
Ein relevantes Problem der Antiandrogentherapie ist, dass sich die Körperzusammensetzung hin zu mehr Fett und weniger Muskel ändert. Bewegungstherapie wirkt dem entgegen: Schon drei Monate Kraftausdauertraining bringen fast ein Kilo fettfreie Körpermasse zurück. „Wir müssen aber natürlich das richtige Training anbieten, und das ist ein intensives Programm“, so Dr. Baumann.
Ausdauertraining schwächt sexuelle Dysfunktion ab
Dann kann Mann aber auch darauf hoffen, dass die sexuelle Dysfunktion als weitere häufige Nebenwirkung des Hormonentzugs gemildert wird. Hierbei scheint vor allem das Ausdauertraining günstig zu wirken. Patientinnen mit Mammakarzinom machen unter antiöstrogener Therapie vor allem Gelenkschmerzen zu schaffen, nicht selten so stark, dass sie die Behandlung abbrechen.
Auch die durch Aromatasehemmer induzierten Arthralgien lassen sich mit einer Bewegungstherapie deutlich abschwächen. Dr. Baumann zitierte eine randomisierte Studie mit 121 Teilnehmerinnen, von denen die Hälfte ein Jahr lang ein intensives Trainingsprogramm mit 150 Minuten Ausdauer sowie zwei Einheiten Kraftsport pro Woche absolvierte.
Die Kognition bessert sich, das Sterberisiko sinkt
Die Gelenkschmerzen gingen um ein Drittel zurück, die Schmerzintensität reduzierte sich von moderat auf gering. Sogar die Kognition profitiert von körperlicher Aktivität. Unter Aromatasehemmern kann es zum geistigen Leistungsabbau kommen, weil Östrogen wichtige Anstöße bei synaptischer Plastizität und Neurogenese vermittelt. Und wenn auch das nicht reicht, um Patientinnen zur Bewegung zu motivieren: Die körperliche Aktivität um 10 MET* pro Woche zu steigern, senkt das Sterberisiko um ein Viertel. Patienten fragen oft, ob sie vielleicht Bewegungs- statt Hormontherapie machen können, berichtete der Kölner Sportwissenschaftler.
Das klappt so aber nicht: „Der Effekt auf Hormone ist sehr überschaubar und nicht signifikant.“ Bewegung kann und sollte eine Krebsbehandlung ergänzen, nicht ersetzen. Übrigens ist nach wie vor bei vielen positiven Effekten nicht geklärt, über welche Mechanismen das Training genau wirkt. Wichtig zu wissen ist für die Patienten jedoch: Es wirkt.
* metabolic equivalent of task
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