Trigeminus-Neuralgie: Patienten vor dem Zahnarzt bewahren!

Dr. Andrea Wülker, Foto: Von Schonertagen - Fotolia

Patienten mit Trigeminusneuralgie werden nicht nur durch die starken Gesichtsschmerzen geplagt, sondern oft auch durch die falsche Behandlung.

Die Diagnose Trigeminusneuralgie basiert v.a. auf der Anamnese. Die Schmerzen beginnen meist plötzlich mit erinnerlichem Startzeitpunkt und sie betreffen unilateral vorwiegend den Bereich des 2. und/oder 3. Trigeminusasts (Ober- und Unterkiefer). Schmerzen isoliert im 1. Trigeminusast sind dagegen selten, schreiben Professor Dr. Joanna M. Zakrzewska vom Eastman Dental Hospital in London und Kollegen.


Die elektrisierenden Schmerzen lassen sich schon durch leichte Berührungen provozieren. Einige Patienten berichten über drei oder vier Schmerzattacken pro Tag, andere erleiden bis zu 70 Anfälle täglich. Zwischen den Episoden kommt es häufig zu Remissionen, allerdings werden diese Phasen tendenziell immer kürzer, während die Dauer der Anfälle zunimmt.


Die Lokalisation der Beschwerden führt vielfach zur Fehldiagnose „Zahnprobleme“, die Patienten landen nicht selten beim Zahnarzt und müssen dort schlimms­tenfalls unnötige Eingriffe mit irreversiblen Folgen (z.B. Kieferoperationen) über sich ergehen lassen.

Alarmzeichen für Trigeminusneuralgie unbedingt abklären

Alarmzeichen TrigeminusneuralgieEine Trigeminusneuralgie entwickeln vor allem Frauen, der Inzidenzgipfel liegt zwischen 50 und 60 Jahren, wobei die Prävalenz mit fortschreitendem Alter zunimmt. Eine bevölkerungsbasierte Studie aus Deutschland ermittelte eine Lebenszeitprävalenz von 0,3 %.


Die typische Trigeminusneur­algie lässt sich in der Regel schon anhand der Klinik diagnostizieren. Bildgebende Verfahren wie die MRT werden gebraucht, um andere Ursachen für den Gesichtsschmerz auszuschließen (z.B. Sinusitis) oder um symptomatische Formen der Neur­algie (z.B. bei multipler Sklerose oder Hirntumoren) zu identifizieren. Vor allem wenn die Anamnese Alarmzeichen ergibt (s. Kasten), sollte man den Befund mit bildgebender Diagnostik abklären.


Die medikamentöse Behandlung der Trigeminusneuralgie erfolgt in erster Linie mit Antikonvulsiva. Man beginnt mit einer geringen Dosis und steigert diese alle drei bis sieben Tage – Ziel ist eine optimale Schmerzkontrolle bei möglichst geringen Nebenwirkungen. Als Erstlinienmedikament nennen die britischen Kollegen Carbamazepin. Es führt bei 70 % der Patienten initial zu einer kompletten Schmerzausschaltung, löst aber häufig ZNS-Nebenwirkungen wie Müdigkeit und Konzentrationsstörungen aus und birgt ein hohes Risiko für Interaktionen.


Oxcarbazepin, ein Derivat von Carbamazepin, ist bei vergleichbarer Wirksamkeit besser verträglich und führt seltener zu Wechselwirkungen. Als Medikamente zweiter Wahl nennt die deutsche Leitlinie Gabapentin, Lamotrigin, Pregabalin sowie das auch zur akuten Schmerzkupierung eingesetzte Phenytoin. Baclofen wird vornehmlich in Kombination mit Carbamazepin oder Oxcarbazepin eingesetzt.

Trigmeninusneuralgie: Bei anhaltendem Schmerz droht Suizidgefahr

Pathophysiologisch liegt beim Gros der Patienten eine vaskuläre Kompression im Bereich der Wurzel des Trigeminusnervs vor. Untersuchungen zeigen, dass eine mikrovaskuläre Dekompression der Nervenwurzel in 80 % der Fälle zu Schmerzfreiheit führt, etwa jeder Zehnte erleidet innerhalb von 10–20 Jahren ein Rezidiv.


Gerade wenn Medikamente nicht genügend anschlagen, sollte man diesen Eingriff  in Erwägung ziehen. Allerdings besteht selbst bei erfahrenen Operateuren ein gewisses Risiko für einen dauerhaften Hörverlust (< 3 %). Eine andere chirurgische Option bietet die partielle gezielte Läsion der Nervenwurzel – mit der Gefahr postoperativer Taubheitsgefühle.


Grundsätzlich empfehlen die Autoren bei Problemen mit der Therapie, Betroffene beizeiten erfahrenen Spezialisten zu überweisen. Denn eine nicht oder nicht ausreichend behandelte Trigeminusneuralgie kann zu schwerer Depression, eventuell sogar zum Suizid führen.


Quelle: Joanna M. Zakrzewska et al., BMJ 2014; online first

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