
Über den Sinn und Unsinn der Polypille bei Hypertonie und KHK

Die Begriffe Fixkombination und Polypille werden oft synonym verwendet, meinen ursprünglich aber nicht das Gleiche. Denn während eine fixe Kombination lediglich auf eine einzige Indikation abzielt, folgt die Polypille gewissermaßen dem Motto „One size hits all“, erklärte Prof. Dr. Sebastian Harder, Arzt für Klinische Pharmakologie an der Universitätsklinik Frankfurt. Letztere setzt sich aus drei bis vier Komponenten zusammen. Darunter finden sich in der Regel ein Statin, ein ACE-Hemmer, Betablocker, Thiazid, ASS und/oder Amlodipin.
Man erhofft sich eine gesichert leitliniengerechte Therapie
Bei kardiovaskulären Erkrankungen erhofft man sich von den Polypillen infolge der reduzierten Tablettenlast eine bessere Adhärenz und eine gesichert leitliniengerechte Therapie. Dabei werden Wirkstoffe mit ganz unterschiedlichen physikochemischen und pharmakologischen Eigenschaften zusammengepackt, beschrieb der Referent.
Die Studienlage zur Primärprävention mittels Polypille ist ihm zufolge sehr heterogen. Häufig wurden derartige Präparate gegenüber Placebo, nicht-medikamentösen Optionen oder einem eher geringen Versorgungsstandard verglichen. Und für viele der Untersuchungen waren Surrogatendpunkte wie Blutdruck oder der Cholesterinwert festgesetzt worden, so Prof. Harder. Publikationen mit harten Endpunkten kämen vornehmlich aus Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen. Deren Ergebnisse könne man allerdings nur eingeschränkt auf hoch entwickelte Gesellschaften übertragen.
Eine der größten Studien aus Indien und Europa zeigt eine verbesserte Adhärenz bei Verordnung einer Polypille mit ASS, Statin und zwei Antihypertensiva als bei konventioneller Medikation. Das LDL-Cholesterin und der systolische Blutdruck sanken mit der Polypille zwar signifikant, aber nur etwas stärker ab als mit der herkömmlichen Therapie. Die Vergleichsbehandlung war aber nicht nach Leitlinien definiert und nicht weiter spezifiziert. Zudem mussten die Patientinnen und Patienten sie teilweise selbst bezahlen, die Polypille hingegen nicht.
Zwischen Effizienz und Einheitslösung
Prof. Harder fasste das Für und Wider einer Polypille folgendermaßen zusammen:
- Pro
- verbesserte Adhärenz
- Titration teilweise möglich
- leitliniengerechte Behandlung
- gute Therapieeffekte
- Contra
- keine individualisierte Therapie möglich, Komponenten lassen sich nicht einzeln hochdosieren
- teuer
- Unverträglichkeiten lassen sich nicht herausrechnen
Halbiertes Risiko für schwere kardiovaskuläre Ereignisse
In der im vergangenen Jahr erschienenen Endpunktstudie PolyPars aus dem Iran reduzierte eine fixe Kombination aus Hydrochlorothiazid, ASS, Atorvastatin und Enalapril in der Primär- und Sekundärprävention das Risiko für schwere kardiovaskläre Ereignisse um die Hälfte. Eine deutsche Studie mit einer aus ASS, Ramipril und Atorvastatin zusammengesetzten Tablette ergab eine Reduktion des kombinierten harten kardiovaskulären Endpunkts um 24 %. Die Adhärenz nach zwei Jahren lag unter der Kombination bei 74 %, unter Standardtherapie bei 63 %.
In Deutschland stehen zwei Polypillen zu Verfügung: Triveram® enthält Atorvastatin, Perindopril und Amlodipin zur Behandlung der essenziellen Hypertonie und/oder der stabilen KHK in Verbindung mit einer primären Hypercholesterinämie. Die zweite, Iltria®, besteht aus Atorvastatin, Ramipril und ASS und dient der Sekundärprophylaxe kardiovaskulärer Erkrankungen. Beide Medikamente kommen für Erwachsene infrage, die mit den gleichen Wirkstoffen in derselben Dosierung gut (Triveram®) bzw. ausreichend (Iltria®) eingestellt sind.
Das heißt, es muss vorher bereits eine erfolgreiche Behandlung mit den einzelnen Substanzen stattgefunden haben, kommentierte Prof. Harder. Und es stellt sich die Frage, ob die Betroffenen überhaupt einen nennenswerten Vorteil von einer Umstellung haben. Ganz zu schweigen von den Kosten: Triveram® kostete fast das Dreifache wie freie Kombinationen, Iltria® das Doppelte.
Quelle: Rhein-Main Herztage 2025
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