
Was jetzt leitliniengerecht gilt

Die chronische Insomnie ist eine der häufigsten Erkrankungen im Bereich der Schlafmedizin. Die Diagnose wird klinisch gestellt und fußt neben der körperlichen Untersuchung auf der sorgfältigen medizinischen und schlafmedizinischen Anamnese. Dabei soll nach Ein- oder Durchschlafstörungen sowie nach frühmorgendlichem Erwachen gefragt werden. Der Einsatz von Schlaftagebüchern und strukturierten Interviews mit schlafspezifischen Fragebogen kann die Diagnose erleichtern, heißt es in der aktualisierten S3-Leitlinie zur Insomnie bei Erwachsenen. Federführend beim Update war die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin. Zehn weitere Fachgesellschaften waren beteiligt.
Polysomnografie nur in ausgewählten Fällen
Diagnostisch zu klären ist, ob die Symptome zu einer subjektiven Unzufriedenheit mit dem Schlaf und zu irgendeiner Form von Tagesbeeinträchtigung führen. Quantitative Kriterien in Bezug auf Einschlaflatenz, Schlafdauer sowie Frequenz und Dauer nächtlicher Wachphasen müssen nicht erfüllt sein. Nach ICD-10 müssen die Beschwerden seit mindestens einem Monat bestehen, bei der chronischen insomnischen Störung nach ICD-11 seit mindestens drei Monaten.
Per Aktigrafie lassen sich Ruhe- und Aktivitätsphasen sowie deren Variabilität über längere Zeiträume objektiv erfassen. In bestimmten Fällen kann eine Polysomnografie erforderlich sein. Sie dient im Wesentlichen dem Ausschluss organischer Auslöser. Indiziert ist diese Untersuchung zudem bei therapieresistenter Insomnie sowie dann, wenn es das Risiko einer Eigen- oder Fremdgefährdung zu klären gilt, etwa bei Berufskraftfahrerinnen oder -fahrern.
Alle Patientinnen und Patienten mit Ein- und Durchschlafstörung sollen zunächst eine kognitive Verhaltenstherapie für Insomnie erhalten. In der zweiten Linie soll die Ärztin oder der Arzt gemeinsam mit den Betroffenen die Möglichkeit einer Pharmakotherapie besprechen. Dabei gilt:
- Benzodiazepine und Benzodiazepinrezeptoragonisten sind in der Kurzzeitbehandlung der Insomnie (≤ 4 Wochen) effektiv. Auf lange Sicht sollen diese Substanzen allerdings nicht zum Einsatz kommen.
- Bei Insomnie sind sedierende Antidepressiva wie Doxepin oder Trazodon off label effektiv, wobei Kontraindikationen, Nebenwirkungen und Risiken zu beachten sind. Eine Langzeitbehandlung mit solchen Substanzen sollte nur bei Vorliegen von Komorbiditäten erfolgen, für die eine Zulassung besteht.
- Ohne psychiatrische Komorbiditäten sollen bei Insomnie keine Antipsychotika verordnet werden.
- Bei der Insomniebehandlung zeigen Orexin-Rezeptorantagonisten gute Effekte. Kontraindikationen, Nebenwirkungen und Risiken sind zu beachten. Eine Langzeitbehandlung mit den Substanzen sollte nicht erfolgen, insbesondere nicht für den Zeitraum > 1 Jahr.
- Sedierende Antihistaminika sollen nicht verordnet werden.
- Bei älteren Patientinnen und Patienten ab dem 55. Lebensjahr ist Melatonin effektiv. Von der Langzeitbehandlung bei Insomnie sollte man aber absehen.
- Phytopharmaka werden zur Behandlung bei Insomnie nicht empfohlen.
Langfristigen Einsatz von Medikamenten vermeiden
Unter den nicht-medikamentösen Behandlungsoptionen bei Insomnie sieht das Autorenteam für die Bewegungs- und Lichttherapie sowie für kunstbasierte Verfahren eine gewisse Berechtigung. Aromatherapie, Akupunktur, Fußreflexzonenmassage und Homöopathie soll man den Patientinnen und Patienten hingegen nicht empfehlen.
Angesichts der unzureichenden Evidenzlage muss vor einer medikamentösen Langzeitbehandlung der Insomnie weiterhin gewarnt werden, heißt es in der S3-Leitlinie. Die Autorinnen und Autoren sehen aber ein gewisses Potenzial für die sedierenden Antidepressiva und Orexin-Rezeptorantagonisten in der Langzeitbehandlung, etwa dann, wenn die kognitive Verhaltenstherapie für Insomnie nicht hinreichend effektiv ist oder sich nicht durchführen lässt.
Quelle: S3-Leitlinie „Insomnie bei Erwachsenen“; AWMF-Register-Nr. 063-003; www.awmf.org
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).