
Cartoon Praxismanagement
Wie Praxen und Kliniken Patientinnen und Patienten schützen können

Dr. Verena Gall ist als Fachärztin für Innere und Allgemeinmedizin südlich von Mainz niedergelassen, in einer der heißesten Regionen Deutschlands. In der aktuellen Folge von O-Ton Innere Medizin berichtet sie von einem dramatischen Fall: Ein Patient klagt über starke Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit und Herzrasen. Seine Körpertemperatur ist erhöht. Er muss ins Krankenhaus eingewiesen werden. „Als Ursache konnten wir nichts anderes explorieren als Hitze und Sonneneinstrahlung. Als Hausmeister hatte er im Garten mehrere Stunden ohne adäquate Kopfbedeckung und ohne ausreichende Flüssigkeitszufuhr gearbeitet.“ Der Patient braucht Wochen, um sich zu erholen.
Dr. Gall erläutert, dass in Hitzeperioden viele Patientinnen und Patienten z. B. wegen Blutdruckdisregulationen oder Atembeschwerden Hilfe brauchen. Zwar hätten die meisten mittlerweile verinnerlicht, im Sommer ausreichend zu trinken. Die Bedeutung von Maßnahmen wie Verschattung der Wohnräume oder das Vermeiden heißer Luft durch offene Fenster werde aber noch unterschätzt.
Mit der Hitze verschlechtern sich die Arbeitsbedingungen
Prof. Dr. Frank Lammert, Vorstandsmitglied der MHH und Sprecher der AG Gesundheit und Klima der DGIM, schildert, dass steigende Patientenzahlen in Notaufnahmen eng mit längeren Hitzeperioden korrelieren – vor allem Herz-Kreislauf- und Atemprobleme nehmen zu. Doch noch immer zeigen sich Kliniken nur unzureichend vorbereitet. Die meisten Häuser wurden gebaut, als der Klimawandel noch kein weit verbreitetes Thema war. Folglich sind Patientenzimmer häufig sonnenexponiert ausgerichtet und nicht klimatisiert. Mit dem Anstieg der Tagestemperatur verschlechtern sich die Bedingungen für Erkrankte wie Klinikpersonal spürbar.
Prof. Lammert wünscht sich in möglichst allen Einrichtungen des Gesundheitswesens das notwendige Bewusstsein für Hitze- und Klimaschutzmaßnahmen. „Wir müssen schon die Auszubildenden und die Studierenden fit machen, sich damit besser auseinanderzusetzen. Das wird noch sehr schleppend in die Curricula integriert.“ Zudem fordert er: „Hitzeschutzpläne müssen im Gesundheitswesen ausgerollt werden.“
„Wir haben einen Hitzeschutzplan, den wir regelmäßig im Team besprechen“, sagt Dr. Gall. Bis auf zwei Zimmer seien alle Praxisräume klimatisiert. Fürs Labor hat die Ärztin „kühlende Vorhänge“ erworben, die mit Wasser eingesprüht werden und für Verdunstungskühle sorgen sollen. Die Praxis ist als Kühlungsort bei der Gemeinde registriert. Sie stellt Trinkwasser bereit – auch im Rahmen der sog. Refill-Kampagne. Der Garten dient als grünes Wartezimmer. „Ich habe den Hitze-Newsletter des Deutschen Wetterdienstes abonniert“, erzählt die Ärztin. Im Aufbau befinde sich ein System, in dem Patientinnen und Patienten, die als besonders hitzevulnerabel gelten, mit Markern versehen werden. Sie können bei einer Hitzewelle informiert werden.
Dr. Gall plädiert nicht für mehr Vorgaben. Doch ein leicht zugängliches Manual mit einer Materialsammlung und eine bessere institutionelle Unterstützung wären hilfreich, damit das Thema Hitzeschutz in den Praxen nicht als Zusatzaufwand, sondern als elementarer Teil der ärztlichen Versorgung verstanden werde. Der Klimawandel zwinge die Ärzteschaft, sich der Verantwortung zu stellen – sowohl im Umgang mit hitzebedingten Erkrankungen als auch bei der Beratung zu klimafreundlichem Verhalten.
Schon kleine Maßnahmen können helfen. Die Hausärztin ermutigt z. B. ihre Patientinnen und Patienten dazu, mit dem Fahrrad oder zu Fuß zur Praxis zu kommen und im Fall eines Check-ups oder einer Ultraschalluntersuchung ein eigenes Handtuch mitzubringen, was Liegenrollenpapier einspart.
Indikationsstellung hat auch eine ökologische Note
Prof. Lammert ergänzt: Nachhaltige Medizin bedeutet auch, Überversorgung zu vermeiden. „Wenn man jemanden zur OP schickt oder zur Kernspintomografie, dann sind das Entscheidungen, die nicht nur unter medizinischen Aspekten getroffen werden sollten. Da sollte man auch die ökologischen Auswirkungen im Blick haben. Die Indikationsstellung ist eine wichtige Stellschraube, die wir im Alltag bedenken sollten.“
Das vollständige Gespräch, in dem es auch darum geht, für Verhaltensänderungen den inneren Schweinehund zu überwinden und eine klimasensible Gesundheitsberatung zu finanzieren, hören Sie online.
Mehr zum O-Ton Innere Medizin
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Links zu Praxisinformationen
Quelle: Medical-Tribune-Bericht
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