
Wie Psyche und Herz rund um die Schwangerschaft zusammenspielen

Psychische Probleme während der Perinatalperiode sind mit Komplikationen in der Schwangerschaft, langfristigen kardiovaskulären Problemen und generationsübergreifend auch mit neurologischen Entwicklungsstörungen assoziiert. In den USA zählen sie zu den Hauptursachen für mütterliche Mortalität. Man täte also gut daran, die Schwangeren und frischgebackenen Mütter zu screenen und Modelle für ein besseres Management zu entwickeln, schreibt ein interdisziplinäres Team um Prof. Dr. Garima Sharma vom Klinikverbund Inova in Fairfax. In einem Statement für die American Heart Association beschäftigen sich die Forschenden vor allem mit dem Zusammenhang zwischen perinataler psychischer Gesundheit und langfristigen kardiovaskulären Auswirkungen.
Rund die Hälfte aller Frauen im fortpflanzungsfähigen Alter hat bereits Erfahrungen mit eigener psychischer Erkrankung. In der Perinatalperiode treten bei bis zu 40 % der Mütter Angststörungen oder Depressionen auf. Dafür sind zahlreiche Risikofaktoren bekannt, etwa negative Kindheitserfahrungen, Missbrauch, Gewalt in der Partnerschaft und ungünstige soziale Bedingungen. Psychische Störungen erhöhen das Risiko für Schwangerschaftskomplikationen wie Präeklampsie/Eklampsie, Gestationsdiabetes und Frühgeburtlichkeit sowie für postpartale kardiovaskuläre Erkrankungen.
Soziales Umfeld in der Kindheit als Ursprung
Die mütterliche kardiovaskuläre Gesundheit beginnt schon in der eigenen Kindheit, betonen die Forschenden. Soziale Determinanten sind u. a. Ausbildungsmöglichkeiten, Zugang zu Gesundheitseinrichtungen, das Einkommen der Eltern, die Sicherheit der Nachbarschaft und unterstützende oder diskriminierende soziale Erfahrungen. Entstehen daraus psychische Probleme, kann sich dies über verschiedene vermittelnde Faktoren auf die kardiovaskuläre Gesundheit auswirken. Das passiert beispielsweise über einen ungesunden Lebensstil und Übergewicht, schlechte Ernährung, ein ungünstiges Schlafverhalten, Bewegungsarmut und Substanzmissbrauch.
Auf der anderen Seite haben psychische Störungen direkte Einflüsse auf das sympathische Nervensystem, sie verursachen neuroendokrine und metabolische Veränderungen sowie eine Aktivierung des Immunsystems – Faktoren, die direkt das kardiometabolische Risiko erhöhen. Eine Studie mit mehr als 500.000 Teilnehmerinnen ergab, dass Frauen mit perinatalen und postpartalen Depressionen ein um 36 % erhöhtes Risiko haben, im weiteren Verlauf eine KHK zu entwickeln.
Psychischer Stress in der Schwangerschaft wirkt sich auch auf den Nachwuchs aus. So führen pränatale Angststörungen der Mutter z. B. zu Störungen der fetalen Hirnentwicklung und Veränderungen in funktionalen neuronalen Netzwerken. Zudem erscheint es plausibel, dass es bei den Kindern im späteren Leben zu einer erhöhten kardiometabolischen Vulnerabilität kommt.
Das Autorenteam empfiehlt daher, Frauen möglichst schon präkonzeptionell und spätestens nach dem Beginn der Schwangerschaft auf Angststörungen und Depressionen zu screenen. Zudem sollte man die kardiovaskuläre Gesundheit erfassen und die Frauen und ihre Familien über die Zusammenhänge aufklären.
Empfohlen wird, das Screening dann in jedem Trimester zu wiederholen. Liegen psychische Störungen vor, sollte man sich zusammen mit den Betroffenen für Interventionen entscheiden, die eine größtmögliche Sicherheit für den Fetus gewährleisten. Dazu gehören nicht-pharmakologische Maßnahmen wie z. B. Gesprächstherapie, kognitive Verhaltenstherapie und Stressmanagement, achtsamkeitsbasierte Therapien und Bewegungsprogramme.
Nach Abwägung der Risiken kann eine pharmakologische Therapie indiziert sein. SSRI sind in der Schwangerschaft und post partum erste Wahl, da sie in großen Studien nicht mit fetalen Anomalien assoziiert waren. Grundsätzlich sollten sie aber in der niedrigsten möglichen Dosis und als Monotherapie verabreicht werden.
Postpartal psychologische Unterstützung gewährleisten
Ein Plan für die engmaschige postpartale Betreuung sollte u. a. ein Screening auf postpartale Depression und ggf. einen raschen Zugang zu psychologischer Unterstützung gewährleisten. Wünschenswert wäre aus der Sicht der Forschenden die Einrichtung einer Hotline für psychische Probleme nach der Geburt und die (auch telefonische) Konsultation einer in der Perinatalbetreuung erfahrenen psychiatrischen Fachkraft. Noch müsste aber die Effektivität der verschiedenen Interventionen besser untersucht werden, so das Autorenteam. Dabei sollten vulnerable Subgruppen wie sozial benachteiligte Frauen ebenfalls berücksichtigt werden, die bislang in Studien häufig unterrepräsentiert seien.
Quelle: Sharma G et al. J Am Heart Assoc 2025; 14: e041369; DOI: 10.1161/JAHA.125.041369
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