
Cartoon Praxismanagement
„Wir brauchen Demut vor dem Sterben“

Muss ein Rettungswagen gerufen werden oder liegt dieser Mensch unweigerlich im Sterben und braucht eher palliative Begleitung? Diese Frage kann pflegende Angehörige oder Heimpersonal verunsichern – im Zweifel wählen sie 112. Ungünstig nur, wenn der herbeieilende Notarzt sich in der Frage auch nicht ganz sicher ist. Es wäre daher sinnvoll, wenn Notfallmedizinerinnen und -mediziner mehr palliative Kenntnisse hätten und umgekehrt, findet Dr. Alexandra Scherg. Sie ist Internistin, Notärztin und Palliativmedizinerin. Außerdem engagiert sie sich in der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin. Insbesondere bei drei Personengruppen sieht sie Überschneidungen der Disziplinen, erklärt sie in einer neuen Folge des Podcasts O-Ton Innere Medizin:
- bei Menschen mit finalen Erkrankungen, die bis dato keine palliative Versorgung erforderten und bei denen es dann eine akute Verschlechterung gibt.
- bei Menschen mit Organversagen, etwa einer chronischen Herzinsuffizienz, die nie darüber aufgeklärt wurden, dass die Erkrankung zum Tod führen wird.
- bei hochbetagten Personen im Pflegeheim
Je nach Fall kann eine notfallmedizinische Versorgung sinnvoll sein, aber nicht immer. Manchmal sei es besser, sich von der Akutmedizin zu lösen und die Bedürfnisse des sterbenden Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, so Dr. Scherg. „Es gibt Situationen ganz am Ende des Lebens, in denen es aus meiner Sicht angebracht wäre, den medizinischen Teil in den Hintergrund zu rücken und anzuerkennen, dass da gerade ein Mensch stirbt.“ Es sei Aufgabe der Ärztin oder des Arztes, die medizinische Situation einzuschätzen und eine fachliche Entscheidung zu treffen. Diese Verantwortung dürfe niemals an die Angehörigen delegiert werden, betont die Expertin.
Um Notfall- und Palliativmedizin enger zu verzahnen, bräuchte es eine gesetzliche Notfallreform. Die Ampelkoalition hatte eine solche ausgearbeitet, brachte sie aber knapp nicht mehr über die Ziellinie. Die neue Bundesregierung hat angekündigt, sich des Themas schnell annehmen zu wollen.
Zu den Vorschlägen der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin zählt etwa ein Notfallausweis. Dieser soll als Ergänzung zur Patientenverfügung klare Anweisungen für Notfallsituationen enthalten. „Häufig sind Patientenverfügungen entweder nicht auffindbar oder bilden nicht die aktuelle Situation ab“, berichtet Dr. Scherg. Der Ausweis könnte durch ein Scheckkartenformat eine schnelle Orientierung bieten. Sinnvoll sei ein bundesweit einheitliches Modell, um die bestehenden regionalen Initiativen zu bündeln.
Palliativteam per Video zugeschaltet
Auch die Telemedizin könnte eine Rolle spielen, um Notärztinnen und Notärzte oder Pflegepersonal in schwierigen Entscheidungssituationen zu unterstützen. Denkbar wären palliativmedizinische Teams, die per Video oder Telefon zugeschaltet werden können. „Wenn man die Verantwortung einer solchen Entscheidung auf mehr Schultern verteilen kann, dann ist das wahnsinnig viel wert“, so Dr. Scherg. Zudem brauche es ein Screening, um den Bedarf an Palliativversorgung in Akutsituationen erkennen zu können.
Quelle: Medical-Tribune-Bericht
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