Patienten schätzen freundliches Praxisteam
Ob sich ein Patient für oder gegen eine Hausarztpraxis entscheidet, hängt nicht allein vom behandelnden Arzt ab, sagt Referentin Belser-Schweigler auf dem Practica Workshop „Gutes Betriebsklima“. Vielmehr trägt jede Mitarbeiterin dazu bei, dass die Patienten sich verstanden fühlen und Vertrauen aufbauen können. Wenn jede einzelne des Teams eine positive persönliche Einstellung vermittelt und die Atmosphäre im Team stimmig ist, wirkt sich das auch auf die Wahrnehmung des Patienten aus.
Aber wie sollen MitarbeiterInnen täglich gute Laune verströmen, wenn z.B. ein Kollege grundsätzlich zu spät kommt oder eine andere partout vergisst, sich um Rezeptbestellungen von Patienten zu kümmern? „Bitte sagen Sie nicht zum Patienten: Tut mir leid, meine Kollegin hat Ihr Rezept nicht fertig gemacht“, rät Belser-Schweigler. Vielmehr hat jeder im Team für Fehler – auch der anderen – Verantwortung zu übernehmen.
Internen Streit nicht an Patienten auslassen
Das bedeutet, dass die MFA bei einem vergessenen Rezept z.B. zum Patienten sagt: „Entschuldigung, dass das Rezept nicht fertig ist. Ich kümmere mich sofort darum.“ Sätze wie „Das war ich nicht“ oder „Ach, die Kollegin hat das wieder verschlampt“ sollten nach außen hin unbedingt vermieden werden.
Ein oder zwei Mal darf etwas vergessen werden, merkt eine MFA im Workshop an, „wenn es aber das fünfte Mal passiert, bin ich sauer.“ Intern sollte die Kritik natürlich geäußert werden, sagt Belser-Schweigler. Dabei rät die Pädagogin zu einem Gesprächsaufbau in folgenden fünf Schritten:
- Kurz und sachlich die Situation schildern.
- Wie geht es mir dabei (z.B. wütend).
- Hypothese bilden, warum der andere sich so verhalten hat: Ich vermute, dass ...
- Sagen, was ich will.
- Sagen, was beide von der Änderung haben.
Krisengespräch am besten unter zwei Augen führen
In einer Übung sollen die Workshopteilnehmerinnen diese Schritte üben und es zeigt sich, dass das gar nicht so einfach ist. Im Fall des Mitarbeiters, der immer zu spät kommt, könnte das Gespräch folgendermaßen laufen:
- „In letzter Zeit bin ich morgens in der Praxis häufig alleine, obwohl wir eigentlich zu zweit sein müssten.“
- „Mich macht das manchmal wütend, weil ich so vieles auf einmal alleine bewältigen muss.“
- „Ich kann mir vorstellen, dass Du häufiger zu spät kommst, weil Du Dein Kind vor der Praxis in den Kindergarten bringen musst und dafür nur wenig Zeit bleibt.“
- „Ich würde gerne vorher Bescheid wissen, wenn Du zu spät kommst.“
- „Das würde unsere Zusammenarbeit wieder verbessern und Druck aus der Situation nehmen.“
Das Kritikgespräch in fünf Schritten beinhaltet noch keine Lösung, erklärt Belser-Schweigler, aber das Problem wurde angesprochen und zwar so, dass sich die Kritisierte nicht persönlich angegriffen fühlt. Jeder Mensch hat eine persönliche und unterschiedliche Wahrnehmung. Deshalb ist es wichtig, sich bei Zwist im Team auch immer zu fragen: Was ist mein persönlicher Anteil an der Situation?, rät Pädagogin Belser-Schweigler.
„Stellen Sie sich das Problem mit der Kollegin als Kartoffel vor“, so die Referentin: Wenn die Kartoffel in die Hosentasche gesteckt wird, ist sie am Anfang noch leicht, wiegt mit der Zeit aber schon etwas schwerer. Wenn die Kartoffel fault, gibt das Flecken, die belasten und nur schwer wieder herauszubekommen sind. Wenn Sie die Kartoffel aus der Tasche nehmen und kochen, kann das „Problem“ gemeinsam gegessen werden. Wenn die Kartoffel roh gegessen wird, schmeckt sie vielleicht nicht so gut, aber das Problem ist gleich aus der Welt geschafft.
Kleinen Ärger sofort ansprechen und aus der Welt schaffen
Kleine Dinge, so Belser-Schweigler, sollten so schnell wie möglich angesprochen werden, damit das Betriebsklima nicht belastet wird. Kritik sollte immer als Chance zur Verbesserung gesehen werden. Dabei bitte das Loben nicht vergessen, denn das motiviert. Soll eine einzelne Person gelobt oder kritisiert werden, rät die Referentin zu einem Vieraugengespräch. Denn wenn andere z.B. das Lob hören, kommt bei ihnen automatisch der Gedanke auf: „Und ich habe nichts gut gemacht?“
Bei allem wichtig ist: Hat jemand im Team schlechte Laune oder ist sauer auf eine Kollegin, geht das den Patienten nichts an. Der kann an der Situation in der Regel sowieso nichts ändern.
Quelle: Practica 2015