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Untersuchung abgebrochen: Teil der Privatleistung abrechenbar?

Autor: Dr. Gerhard Bawidamann, Foto: Thinkstock

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Leser fragen, MT-Experten antworten: Ist zumindest ein Teil der Privatleistung abrechenbar, wenn eine Untersuchung nicht zu Ende geführt werden kann?

Privatpraxis aus S.:


Kann man eine GOÄ-Ziffer evtl. auch zu einem niedrigeren Satz abrechnen, wenn die Leistung nicht erbracht wurde, sondern nur ein "Versuch" unternommen wurde (z.B. Infusion konnte nicht angelegt werden) ? Oder ein Langzeit-EKG kann nicht ausgewertet werden, da aus irgendwelchen Gründen keine Aufzeichnung stattgefunden hat.

Wie verhält es sich mit den "Auslagen", die ja schon für diesen Patienten "verbraucht" wurden (Infusions­besteck, Infusionslösungen usw.).

Und ist es möglich, die Ziffern 801, 804 und 806 ohne psychische oder psychiatrische Diagnosen abzurechnen, weil dies der Patient nicht will?



Dr. Gerhard Bawidamann
Facharzt für Allgemeinmedizin aus Nittendorf:

Da die Legende einer Leistung aufzählt, welchen Inhalt diese hat, ergibt sich im Umkehrschluss auch, welcher Inhalt erfüllt sein muss. Das, was nicht erbracht wurde, darf auch nicht berechnet werden. Das hier genannte Langzeit-EKG nach Ziffer 659 erfordert beispielsweise eine "elektrokardiographische Untersuchung über mindestens 18 Stunden". Ist dies nicht geschehen, hat kein Langzeit-EKG stattgefunden.

Oder ist es nicht gelungen, eine Infusionsnadel zu legen, kann auch keine Infusionslösung einlaufen, weder bis zu 30 Minuten lang (GOÄ-Ziffer 271), noch länger als 30 Minuten (GOÄ-Ziffer 272). Diese Leistung dennoch in Ansatz zu bringen, da sie ja versucht wurde, ist meines Erachtens nicht möglich.

Argument bezüglich Reanimation nach GOÄ-Nr. 429 zieht hier nicht

Dem widerspricht nicht ein häufiges Gegenargument, nämlich dass die Reanimation nach Ziffer 429 auch dann abgerechnet werden kann, wenn der Patient dabei verstirbt. Die Legende der Leistung erfordert hier die entsprechende Tätigkeit ("künstliche Beatmung, extrathorakale Herzmassage") ohne den Erfolg und spricht ausdrücklich vom "Wiederbelebungsversuch" (Hervorhebung durch den Verf.).

Bei den in der Anfrage genannten Leistungen hingegen findet sich die Angabe des Versuchs nicht, sondern es wird die durchgeführte Leistung erwähnt. Auch ein niedrigerer Satz kommt als Lösung nicht infrage, da die Legende unabhängig vom Steigerungssatz den notwendigen Inhalt für die Berechnung beschreibt.

Allenfalls kann als Sachkosten das geltend gemacht werden, was speziell als Material für diese Leistung für diesen Patienten vorbereitet wurde und verworfen werden muss (z.B. die Infusionslösung). Dies sollte in der Rechnung kurz begründet werden, damit der Patient nach Einreichung der Rechnung keine Unannehmlichkeiten hat.

Eine weiteres Problem ergibt sich bei den psychiatrischen Ziffern. Die Nr. 801 ("Eingehende psychia­trische Untersuchung"), 804 ("Psychiatrische Behandlung") und 806 ("Psychiatrische Behandlung Mindestdauer 20 Minuten"). Die GOÄ legt fest, dass eine Rechnung fällig wird, wenn sie dem Versicherten entsprechend der Verordnung (GOÄ) "erteilt" wird.

Dem Patienten steht es frei, die Rechnung nicht einzureichen

Im § 12 der GOÄ wird festgelegt, was die Rechnung "insbesondere enthalten" muss. Die Diagnose wird hier nicht explizit genannt (wohl aber das Datum der erbrachten Leis­tung, Ziffer und "Bezeichnung der einzelnen berechneten Leistung", sowie Betrag und Steigerungssatz).

Die entsprechenden Stellen, bei denen der Patient seine Rechnung zur Erstattung einreicht (Private Krankenversicherung, Beihilfestelle) bestehen in der Regel auf einer Diagnose, um die Notwendigkeit der Leistung (und damit deren Erstattung) überprüfen zu können.

Die meisten Kommentare zur GOÄ, die sich zu diesem Thema äußern, betonen ebenfalls die Notwendigkeit der Diagnosenangabe aus vorgenanntem Grund, und um dem Patienten das Verstehen der ärztlichen Handlungsweise zu erleichtern.

Will der Patient vermeiden, dass die Versicherung von der psychischen Erkrankung erfährt, dürfte eine Rechnung ohnehin nicht erstellt werden. Denn unabdingbar muss ja die Ziffer und die Kurzlegende der erbrachten Leistung genannt werden (§ 12 GOÄ – siehe oben), und da steht zu lesen, dass eine psychia­trische Untersuchung oder Behandlung stattgefunden hat.

Allenfalls könnte der Arzt auf die Erstellung einer Rechnung verzichten, wovon ich aus betriebswirtschaftlichen und erzieherischen Gründen abrate. Sollte der Patient nicht wünschen, dass seine Versicherung von derartigen Krankheiten erfährt, bleibt es ihm unbenommen, die Rechnung nicht einzureichen, sodass dies bei seiner Versicherung auch nicht aktenkundig wird. Der Arzt hat in jedem Fall eine Dokumentationspflicht.

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