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Sommer, Sonne, Quarantäne – Urlaubsplanung 2021 für Praxisteams

Praxismanagement , Team Autor: Isabel Aulehla

Erholt heimfliegen, um dann in Quarantäne zu landen? Erholt heimfliegen, um dann in Quarantäne zu landen? © nito – stock.adobe.com
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Viele Beschäftigte hoffen auf ­einen halbwegs normalen Sommerurlaub. Doch es lauern noch einige rechtliche Tücken, insbesondere wenn es um ­Virusvariantengebiete geht. Der Münchner Rechtsanwalt Professor Dr. iur. Dr. med. Alexander Ehlers erklärt, worauf ­Praxisteams achten müssen.

Darf ein vom Arbeitgeber bereits bewilligter Urlaub „storniert“ werden, z.B. weil eine geplante Reise aufgrund von Corona nicht möglich ist?

Prof. Dr. Dr. Alexander P. F. Ehlers: Ein Anspruch auf ein „Storno“ des bereits bewilligten Urlaubs seitens des Arbeitnehmers besteht grundsätzlich nicht. Nach den Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) liegt der Zweck des Urlaubs in der Erholung der Arbeitnehmer. Eine solche setzt nicht zwingend eine Reise voraus. Der Wegfall der Reise korrespondiert somit nicht mit einem Wegfall des Erholungszwecks. Eine zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber einvernehmliche Rücknahme des bereits bewilligten Urlaubs ist jederzeit möglich.

Müssen Angestellte, die Urlaub in einem Risikogebiet gemacht haben, ihren Chef hierüber informieren?

Prof. Ehlers: Grundsätzlich besteht keine Auskunftspflicht des Arbeitnehmers über seine Tätigkeiten in der arbeitsfreien Zeit. Dies gründet nicht zuletzt auch auf datenschutzrechtlichen Prinzipien. Nichtsdestoweniger ist ein Auskunftsrecht des Arbeitgebers, wenn nicht gar eine Anzeigepflicht des Arbeitnehmers vor allem zu Pandemiezeiten denkbar. Dies kann mit der Treuepflicht begründet werden, aus der sich sowohl Pflichten des Arbeitgebers zur Wahrung der Gesundheit des Arbeitnehmers als auch Pflichten des Arbeitnehmers zur Unterstützung des Arbeitgebers ableiten lassen. Eine Verletzung der Treuepflicht kann unter Umständen sogar zur rechtmäßigen Kündigung führen.

Im Sommer werden viele Praxen für einige Wochen schließen wollen. In welchem Umfang darf der Arbeitgeber Betriebsurlaub anordnen?

Prof. Ehlers: Ein Betriebsurlaub kann nicht den gesamten Erholungsurlaub umfassen, der dem Arbeitnehmer zusteht. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung wurde es als angemessen empfunden, dass das Festlegen von wenigstens zwei Fünfteln des Erholungsurlaubs zur Disposition des Arbeitnehmers steht. Einige Vertreter der Rechtslehre halten auch bis zu 50 % der Urlaubszeit für angemessen.

Diese Fragen sollten sich Reisende stellen

  • Welche Kosten fallen an, wenn seitens des Urlaubers kurzfristig storniert wird oder ein Beherbergungsverbot dazwischenkommt?
  • Muss nur die Erst- oder auch die Zweitimpfung erfolgt sein, um im Zielland als „geimpft“ zu gelten?
  • Wie ist der Impfstatus im Zielland nachzuweisen?
  • Wird für die Einreise ein negatives Testergebnis vorausgesetzt? Falls ja: Wie lange darf der Test zurückliegen? Werden nur die Ergebnisse eines PCR-Tests oder auch die eines Antigen-Schnelltests akzeptiert?
  • Welche Ausflüge und Aktivitäten sind vor Ort möglich?
  • Wie viele Haushalte dürfen sich in einem Ferienhaus aufhalten?
  • Welche Masken- und Testpflichten gelten für Kinder?
  • Welche Hygieneregeln gelten in öffentlichen Transportmitteln?
  • Was gilt für die Rückreise aus dem Urlaubsland?

Das Anordnen eines Betriebsurlaubs ist bei Vorliegen betrieblich begründeter Voraussetzungen grundsätzlich jederzeit möglich. Diese Voraussetzungen können entweder branchenspezifisch oder saisonbedingt sein. Rechtlich nicht vollständig geklärt ist, ob auch ein temporärer Betriebsausfall eine hinreichende Voraussetzung darstellt. Eine einseitige Anordnung durch den Arbeitgeber ohne Berücksichtigung der Urlaubswünsche des Arbeitnehmers ist jedenfalls auch zu Pandemiezeiten nicht rechtmäßig. Anderes gilt, wenn bei vorhandenem Betriebsrat etwa eine Betriebsvereinbarung einen Betriebsurlaub vorsieht. Der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, den Betriebsurlaub mit angemessenem Vorlauf anzukündigen. Ob die notwendigen Voraussetzungen vorliegen, bedarf einer Bewertung im Einzelfall.

Auch wer bereits geimpft ist, muss in Quarantäne, wenn er sich in einem Virusvariantengebiet aufgehalten hat. Muss ein Praxisinhaber einer betroffenen MFA Homeoffice genehmigen?

Prof. Ehlers: Derzeit entsteht dem Arbeitnehmer aus dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) in der Regel ein Anspruch auf Homeoffice, unabhängig von einer Quarantäneverpflichtung. Das Gesetz stellt dies allerdings unter den Vorbehalt, dass Bürotätigkeiten oder damit vergleichbare Tätigkeiten ausgeübt werden und keine zwingenden betrieblichen Gründe dagegensprechen.

Zweitimpfung kann von Vertreter erbracht werden

Die empfohlenen zeitlichen Abstände zwischen Erst- und Zweitimpfung sollten auch während eines Praxisurlaubs eingehalten werden. Falls nötig, kann die Zweitimpfung daher in der jeweiligen Vertretungspraxis erfolgen, erklären KBV und ABDA. Der Vertretungsarzt bestellt die erforderliche Zahl der Impfdosen hierfür auf einem gesonderten Rezept, eine Zusammenlegung mit dem „eigenen“ Bedarf ist nicht zulässig. Das Formular ist bei der Apotheke einzureichen, bei der der Vertretungsarzt üblicherweise seine Vakzinen bestellt.

Bei Vorliegen einer Quarantäneverpflichtung (§ 28 iVm §§ 30 und 31 IfSG) zur Risikoprävention – beispielsweise bei Rückkehr aus einem Virusvariantengebiet – besteht einerseits eine Isolationspflicht, andererseits aber, solange die Person nicht tatsächlich erkrankt, auch eine Arbeitspflicht. Jene Tätigkeiten, die von zu Hause aus erledigt werden können, müssen somit auch erledigt werden. In diesem Fall besteht ein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgeltes. Sollte das Erfüllen der Arbeitspflicht in Isolation nicht möglich sein, kann unter Umständen ein Anspruch auf Bezahlung einer Entschädigung zugunsten des isolierten Arbeitnehmers aus § 56 IfSG abgeleitet werden. Angelehnt an den Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit, ist der Arbeitgeber für sechs Wochen zur Bezahlung verpflichtet. Eine Rückerstattung durch die Behörden auf Antrag ist möglich. Das Recht auf Entschädigung besteht nur dann, wenn das Reiseziel nicht bereits vor Reiseantritt zum Virusvariantengebiet erklärt wurde. Anderenfalls nimmt der Reisende die anschließende Quarantänepflicht in Kauf. Das Gewähren einer Entschädigung, die indirekt mit öffentlichen Mitteln finanziert wird, wäre sodann unbillig.

Angenommen, eine MFA muss während ihres Urlaubs in Quarantäne. Werden diese Tage wieder „gutgeschrieben“, wie dies etwa bei einer AU der Fall wäre?

Prof. Ehlers: Ob das Anordnen einer Quarantäne während des Urlaubs zu einer „Gutschrift“ der Urlaubstage im Sinne des § 9 BUrlG führt, ist umstritten. Eine gesetzliche Regelung ist für einen solchen Spezialfall nicht vorgesehen. Formalrechtlich besteht für eine Nicht-Anrechnung bereits gewährter, aber aufgrund einer Quarantäne „verlorener“ Urlaubstage auf den Jahresurlaub im Sinne des § 9 BUrlG kein Grund, da eine Krankschreibung nicht erfolgt ist und somit keine AU-Bescheinigung vorliegt. Wie bereits ausgeführt, besteht der Zweck des Urlaubs in der Erholung. Diese ist auch in Quarantäne möglich. In einem solchen Fall bietet sich das Gespräch mit dem Arbeitgeber an.

Unter welchen Bedingungen dürfen Urlaubstage ins Folgejahr übertragen werden?

Prof. Ehlers: Prinzipiell sind Urlaubstage ans laufende Kalenderjahr gebunden und erlöschen mit dessen Ablauf. Dies gilt jedoch nur insofern, als dass der Arbeitgeber konkret auf den Urlaubsanspruch im laufenden Kalenderjahr hingewiesen hat. Des Weiteren ist ein Übertragen ins folgende Jahr möglich, wenn das aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen erforderlich ist. Beispielhaft können ein hohes Arbeitsaufkommen im aktuellen Jahr und ein geringes im Folgejahr oder eine Erkrankung des Arbeitnehmers kurz vor Jahresende Gründe für eine Übertragung sein. Der Wunsch des Arbeitnehmers, seinen Urlaub ins Folgejahr zu schieben, reicht nicht aus. Die Übertragung ist auf die ersten drei Monate des Folgejahres begrenzt. Der Urlaub muss somit bis zum 31. März gewährt und genommen werden. Eine Ausnahme zu dieser Regelung kann im Arbeitsvertrag oder in den Tarifverträgen vorgesehen werden.

Wie ist vorzugehen, wenn mehrere MFA unbedingt im gleichen Zeitraum Urlaub machen möchten?

Prof. Ehlers: Die Entscheidung, welcher Arbeitnehmer wann Urlaub nehmen kann, obliegt dem Arbeitgeber. Das Gesetz schreibt dabei einerseits vor, dass jeder individuelle Urlaubswunsch berücksichtigt werden muss. Dennoch gilt angesichts kollidierender Urlaubswünsche bei Vorliegen dringender betrieblicher Belange, die eine gleichzeitige Beurlaubung nicht zulassen, dass weiterführende Kriterien zur Festlegung des individuellen Urlaubszeitraums herangezogen werden können. Dabei wird sozialen Gesichtspunkten wie beispielsweise den gleichzeitigen Ferien minderjähriger Kinder, dem Urlaub des Lebensgefährten oder der Erholungsbedürftigkeit Rechnung getragen.

Medical-Tribune-Interview

Prof. Dr. Dr. Alexander P. F. Ehlers, Fachanwalt für ­Medizinrecht und ­Arzt, München Prof. Dr. Dr. Alexander P. F. Ehlers, Fachanwalt für ­Medizinrecht und ­Arzt, München © zVg
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