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Ärzte als Präventionslotsen - so könnte es klappen

Autor: Dr Günter Gerhardt

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Jeder spricht von Prävention, aber keiner geht hin. Wie sich das ändern könnte und warum das überhaupt wünschenswert wäre, weiss unser Kolumnist Dr. Günter Gerhardt.

Jeder spricht von Prävention, aber keiner geht hin. So sieht die Realität aus. Hier mit einem Präventionsgesetz eine Veränderung zu erreichen, ist vielleicht gut gemeint, aber nur das Prinzip der Freiwilligkeit in ein Gesetz zu packen, wird nicht dazu führen, dass mehr Menschen sich für Prävention interessieren.

Der 117. Deutsche Ärztetag in Düsseldorf hat sich auch mal wieder mit der Prävention beschäftigt und die Bundesregierung aufgefordert, den Fokus stärker auf die Möglichkeiten der ärztlichen Prävention zu richten. „Ärzte können Präventionslotsen sein“, heißt es dazu. Die im Vorfeld des Ärztetages aufgestellte Forderung des Kollegen Prof. Montgomery, die hierzulande angebotenen Früherkennungs- Screenings auf den Prüfstand zu stellen, wurde von den Delegierten unterstützt. Recht hat er, unser Kammerpräsident!

Prophylaxe muss besser honoriert werden

Oder kommt Ihnen, liebe Frau Kollegin, lieber Herr Kollege, der Satz „alles o.k.“ nach einem „Checkup 35“ locker über die Lippen? Eine Ausnahme ist sicherlich die Vorsorgekoloskopie. In diese Richtung muss es weitergehen: Veränderungen so früh erkennen und richtig deuten, dass wir noch ohne großen Aufwand gegensteuern können. Es gibt zahlreiche Modelle aus dem In- und Ausland, die das ermöglichen.

Eines davon möchte ich anreißen, nämlich die P4-Medizin des US-amerikanischen Biologen Leroy Hood. Auf einen kurzen Nenner gebracht wäre das der Wechsel von einer reaktiven zu einer proaktiven Medizin. Dass es laut Aussagen Hoods billiger ist, Geld in Prävention zu investieren, als abzuwarten und dann die entstandenen Krankheiten zu therapieren, ist kein neuer Grundgedanke, aber Hood bezieht Messungen auf molekularer Ebene und lebenslange genaue Proteinanalysen in seine Überlegungen mit ein. P 4 steht für prognostisch, präventiv, personalisiert (individuell) und partizipatorisch (Anteilnahme und Compliance des Menschen). Keine Frage, die Umsetzung dieser Modelle gehört in (haus-)ärztliche Hände, auch wenn es sich um eine primärärztliche Beurteilung und Beratung handelt, die bislang – mit Ausnahme der Schutzimpfungen – Sache der Krankenkassen ist.

Ich kann mir auch gut vorstellen, dass gerade wir Hausärzte als Erstanlaufstelle Spaß und Interesse mitbringen an einer solchen Prävention, die den Namen verdient und extrabudgetär honoriert werden muss. Natürlich wäre das eine Lotsenfunktion des Hausarztes hin zu Fachärzten und Krankenhäusern. Nicht zu vergessen die Anbindung und der Austausch mit der Forschung in den Universitätskliniken. Meines Erachtens könnte gerade diese Einbindung in aktuelle wissenschaftliche Ergebnisse unseren Nachwuchs für eine Niederlassung motivieren, der oft die abrupte Abnabelung von alten Wirkungsstätten der Aus- und Weiterbildung bekrittelt.

Sekundär- und Tertiärprävention fallen nicht weg, sollten konsequenterweise auf lange Sicht seltener notwendig werden und bedürfen intelligenter Psycholösungen für mehr Effektivität. Ein beispielhafter Psychotrick: Bei einem kalten Buffet greifen mehr Menschen zu den gesunden Nahrungsmitteln, wenn die ungesunden fettreichen Häppchen nur 25 cm weiter weg stehen. Aus solchen Psychotricks sollten Konzepte gestrickt werden.

Bisherige Methoden gehören zurecht auf den Prüfstand

Dazu gehört auch, Menschen für Prävention zu motivieren. Von so manchem Sportstudio kann hier eine Menge gelernt werden, beispielsweise die Möglichkeiten der Umsetzung theoretischer Erkenntnisse in sportpraktische Trainingsprozesse, die auch Spaß machen. Sicherlich viel Arbeit für die Fachgesellschaften.

Und dann müssen Politik, Krankenkassen und die Medien davon überzeugt werden, dass wir künftig diese Art von Prävention meinen, bei deren Umsetzung wir Ärzte eine wichtige Rolle spielen und die auch honoriert werden muss. Dass es Zuarbeiter geben muss, wie Krankenkassen, Bundes- und Landeszentralen für gesundheitliche Aufklärung sowie z.B. Physiotherapeuten, steht außer Frage. Aber letztendlich zuständig für jegliche Form der Prävention sind Mediziner. Sie haben eine mindestens elfjährige Aus- und Weiterbildung hinter sich gebracht, die den Steuerzahler viel Geld gekostet hat. Insofern führen Diskussionen ins Leere, die der Frage nachgehen, wer für die Prävention zuständig ist, die natürlich nicht nur in Arztpraxen und Krankenhäusern stattfindet, sondern auch in Kitas, Schulen und Seniorenresidenzen. Dort auch Ärztinnen und Ärzte auftreten zu lassen, könnte ich mir gut vorstellen.

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