Ärzte mit Wirtschaftlichkeitsprüfungen eingeschüchtert

Gesundheitspolitik Autor: Anke Thomas

Um mehr Geld aus dem Risikostrukturausgleich (RSA) zu erhalten, haben einige Kassen Hand in Hand mit KVen Ärzte dazu aufgefordert, ihre Diagnosedaten zu korrigieren, so das Bundesversicherungsamt.

Für den Morbi-RSA melden die Kassen alle abgerechneten ärztlichen Diagnosen und Arzneimittelverordnungen an das Bundesversicherungsamt (BVA). Dieses prüft die über sechs Mrd. Datensätze in einem mehrstufigen Verfahren.

Bei diesen Prüfungen bzw. infolge eines BVA-Rundschreibens wurden Fälle bekannt, in denen Krankenkassen – auch in Zusammenarbeit mit KVen – Diagnosedaten von Ärzten nachträglich eingefordert und korrigiert haben, obwohl die Abrechnungsdaten bereits an die KVen übermittelt worden waren und die Abrechnung zum Teil einige Zeit zurücklag. Das kritisiert das BVA in seinem Tätigkeitsbericht 2014.

Bei den oft als "Diagnoseprüfungen" bezeichneten Vorgängen seien Vertragsärzte unter Berufung auf Wirtschaftlichkeits- bzw. Abrechnungsprüfungen angeschrieben worden. KVen hätten den Ärzten Vorschlagslisten zugeschickt, mit dem Hinweis, dass Diagnosen inkorrekt gewesen seien oder fehlten. Die Ärzte seien aufgefordert worden, die Vorschläge auf den Listen zu bestätigen, um weitere Wirtschaftlichkeitsprüfungen zu vermeiden.

Ärzte sollten Diagnosen
 bestätigen

Viele so eingeschüchterte Ärzte hätten dann Diagnosedaten an die KVen nachgemeldet. Diese Daten, so das BVA, seien zu einem Großteil für den RSA bzw. die Höhe der Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds relevant gewesen. Offenbar haben Kassen bzw. KVen aufgrund der Arzneiverordnungen der Ärzte auf Erkrankungen oder Diagnosen geschlossen. Diese Diagnosen sollten die Ärzte bestätigen.

Diese Vorgehensweise verstößt gegen den Datenschutz, moniert die Behörde. Zudem handele es sich um keinen legitimen Prüfansatz, um die Abrechnung der Ärzte zu hinterfragen. Das BVA hat mehrere aufsichtsrechtliche Verfahren eingeleitet, die noch nicht abgeschlossen sind.

Auch, dass Vertreter von Krankenkassen Ärzte zu einer "zukunftsorientierte Kodierberatung" aufsuchen, stößt dem BVA sauer auf. Es gehe hier nicht um eine allgemeine Beratung über die Bedeutung der Diagnosekodierung, sondern Ärzte würden Listen erhalten mit ergänzenden Hinweisen zur chronischen Morbidität eines Versicherten.

Den Ärzten sei empfohlen worden, diese als Dauerdiagnosen in die Patientenakten einzutragen, die Diagnosen regelmäßig zu kodieren und sie stets mit dem Zusatzkennzeichen "G – gesichert" zu versehen. Hier handele es sich um eine unzulässige Beeinflussung, so das Bonner Amt. "Der Arzt allein muss entscheiden, ob und welche Diagnose sich aktuell als Behandlungsanlass darstellt und ob bzw. welche Leistungen diese auslöst."