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Andauerndes Drama mit der Telekom

Gesundheitspolitik Autor: Caroline Meyer

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Umstellung auf VoiP: Arztpraxis knapp vier Wochen nicht erreichbar.

Mitte Januar hatte der Heidelberger Arzt auf Anraten eines Mitarbeiters der Telekom seine Telefonanlage in der Praxis auf die neue Technologie "Voice over IP" (VoiP) umgestellt. Dr. Bast war bis dahin immer zufrieden mit seinem Telefonanschluss gewesen und wollte eigentlich nichts ändern. Aber der Mann, der ihn in seiner Praxis aufsuchte, konnte ihn überzeugen. "Ich hatte extra gefragt, ob es bei der Umstellung Probleme geben könnte, aber er sagte mir, dass alles problemlos funktionieren würde", berichtet der Orthopäde.

Mitarbeiterinnen hatten nichts zu tun

Doch ab dem Tag der Umstellung ging plötzlich kein einziger Anruf mehr in der Praxis ein. Dr. Bast und seine Mitarbeiter kontrollierten die Einstellungen, verbrachten Stunden in der Warteschleife der Telekom-Hotline, fielen aus der Leitung, wurden an andere Abteilungen weiterverwiesen, immer wieder beschwichtigt – das Telefon blieb stumm.

"Uns wurde gesagt, alles sei richtig eingerichtet, es müsse funktionieren, aber es funktionierte einfach nicht", erzählt Dr. Bast. Anrufe von außen kamen nicht durch. Statt 70 bis 80 Patienten am Tag sah der Orthopäde nach einiger Zeit nur noch etwa 20. "Da bekommt man schon Existenzangst", sagt der Niedergelassene. "Ich habe sechs Mitarbeiter, denen ich Gehalt zahle. Wenn Sie plötzlich sehen, dass die gar nichts mehr zu tun haben, wird Ihnen schon mulmig." Auch aus der Vorstandsebene der Telekom, zu der Dr. Bast irgendwann durchgestellt wurde, gab es nur aufmunternde Worte. "Das kriegen wir hin", hieß es dort. Aber sie kriegten es nicht hin.

Zwar gingen in der zweiten Woche nach der Umstellung in der Praxis plötzlich vereinzelt Anrufe aus dem Netz von zwei Mobilfunkanbietern ein, Anrufe aus dem Festnetz und aus dem D1-Netz der Telekom kamen aber nach wie vor nicht durch. "Nach hundert Telefonaten mit verschiedenen Hotline-Mitarbeitern hat es mir irgendwann gereicht. Am Ende der zweiten Woche habe ich eine Anwaltskanzlei beauftragt und bei der Telekom so viel Druck gemacht, dass sie zugestimmt haben, die Umstellung wieder rückgängig zu machen."

Damit war das Problem aber nicht gelöst. Denn die alte Praxisnummer war in den Datenbanken der Telekom nicht mehr aufzutreiben. Etwa zwei Wochen später bekam Dr. Bast einen neuen Telefonanschluss mit neuer Nummer. Die funktionierte zwar, aber seine Patienten kannten sie natürlich nicht. Deswegen schrieb der Orthopäde alle 4000 Patienten, die in den vergangenen zwölf Monaten seine Praxis besucht hatten, einzeln an. Er ließ neue Visitenkarten drucken, neue Praxisschilder anfertigen und erneuerte die Fensterbeklebung, auf der sein Leistungsspektrum und seine Telefonnummer angegeben waren.

Er schilderte das Problem auf seiner Internetseite, stellte zunächst seine private Handynummer, später auch die neue Praxisnummer ins Netz und empfahl Patienten, die nicht durchkamen, auch ohne Termin in der Praxis reinzuschauen. Für Dr. Bast war das alles kostenpflichtig, denn sein Internetauftritt wird von einer externen Firma betreut. Drei oder vier Monate später fand die Telekom die alte Nummer plötzlich wieder und bot Bast an, noch einmal alles umzustellen. Der lehnte dankend ab und einigte sich mit dem Telefonanbieter, dass er beide Nummern behalten konnte.

Doch auch damit war die Geschichte nicht zu Ende. Im August bekam Dr. Bast einen Brief von der Telekom, in dem er aufgefordert wurde, für das Rückgängigmachen der Umstellung 236 Euro zu zahlen. "Das habe ich nicht eingesehen", erzählt er. Er zahlte nicht, erhielt eine erste Mahnung, beschwerte sich bei der Telekom und bekam die Auskunft: "Alles ist geregelt, Sie müssen nichts zahlen." Zwei Tage später trudelte eine zweite Mahnung ein, in der gedroht wurde, der Anschluss werde gesperrt, wenn die Rechnung nicht beglichen werde. Erst als sich Dr. Basts Anwälte einschalteten, wurde die Rechnung storniert.

Stress und hoher finanzieller Aufwand

Inzwischen geht in Dr. Basts Praxis wieder alles seinen gewohnten Gang. Rückblickend hat es auch keinen größeren Einbruch bei den Patientenzahlen gegeben. Unmittelbar nach der Brief-Aktion suchten sogar mehr Patienten die Praxis auf, sodass die Flaute in den knapp vier Wochen des Telefondramas im Verlauf des Quartals ausgeglichen werden konnte. Doch die Brief-Aktion und die anderen Maßnahmen, um größeren Schaden von der Praxis abzuwenden, haben dem Arzt "neben dem Stress auch einen hohen finanziellen Aufwand" bereitet.

Das Geld möchte er nun von der Telekom zurückhaben. Er hat durch seine Anwälte eine Schadenersatzklage beim Landgericht Heidelberg eingereicht. Der Gerichtstermin soll im Januar stattfinden. Dr. Bast hofft allerdings, dass er sich vorher mit der Telekom außergerichtlich einigen kann. "Ich bin in diesen vier Wochen um zwei Jahre gealtert. Ich möchte einfach eine akzeptable Lösung", sagt er. Auch von einem Sprecher der Telekom, der "die Unannehmlichkeiten" bedauert und sich "in aller Form" dafür entschuldigt, wird darauf verwiesen, dass etwaige Ausfallansprüche geprüft würden.

Trotz des Ärgers ist der Orthopäde weiterhin Kunde der Telekom. "Die anderen Anbieter sind vermutlich auch nicht besser", sagt er resig­niert.



Quelle: Medical-Tribune-Recherche

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