Anzeige

AOK-Krankenhausreport 2018: Mindestfallzahlen und Zentralisierung sollen Versorgung verbessern

Gesundheitspolitik Autor: Maya Hüss/Michael Reischmann

Mindestfallzahlen und Zentralisierung sollen Versorgung verbessern.
Mindestfallzahlen und Zentralisierung sollen Versorgung verbessern. © AOK Bundesverband
Anzeige

Deutschland leistet sich im EU-Vergleich eine beachtliche Überkapazität an Klinikbetten. Dabei würde den Patienten ein ggf. etwas weiterer Weg zu einer spezialisierten Klinik eher helfen. Die AOK ermuntert die Bundesländer, Strukturen umzubauen.

„Zu viele Häuser, zu viele Betten, zu wenig Zentralisierung“, zu diesem Fazit kommt Professor Dr. Reinhard Busse von der Technischen Universität Berlin bei der Vorstellung des AOK-Krankenhausreports 2018. „Wir haben großes Potenzial für mehr ambulante Behandlungen“, stellt er fest. Würden bei uns nur so viele Patienten stationär behandelt wie bei unseren Nachbarn, wären dies 1,2 Mio. weniger Fälle bei Erkrankungen des Bewegungsapparates und knapp vier Mio. weniger Fälle bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Neubildungen, Stoffwechselkrankheiten, Erkrankungen des Verdauungssystems und Verletzungen. „Das entspricht fast 14 000 Aufnahmen am Tag oder dem gesamten Patientenaufkommen von rund 500 deutschen Krankenhäusern“, so Prof. Busse.

Die Zahl der von niedergelassenen Ärzten veranlassten Klinikeinweisungen sinke absolut. Doch mit Patienten, die direkt die Notaufnahmen der Krankenhäuser aufsuchten, würden die Betten zur Hälfte gefüllt.

Für Patienten mit Verdacht auf einen Schlaganfall sei es wichtig, in einem Krankenhaus mit einer Stroke Unit eingeliefert zu werden, aber nur rund 500 der 1300 Häuser, die Patienten mit Schlaganfällen behandeln, hätten eine solche. Und von den fast 1400 Hospitälern, die Patienten mit Herzinfarkten behandeln, weisen weniger als 600 eine Herzkathetereinheit auf. Die hohen stationären Fallzahlen würden zudem das knappe Pflegepersonal stark binden.

Patienten nehmen längere Fahrzeiten in Kauf

Bei planbaren Eingriffen, wie z.B. einer Darmkrebsoperation, sind die Patienten bereit, für ein besseres Ergebnis längere Anfahrtswege in Kauf zu nehmen, weiß Jürgen Klauber, Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK. Seine Devise: „Je häufiger, desto besser.“ Würden Darmkrebs-OP statt in bislang 1000 Kliniken nur noch in bundesweit 385 zertifizierten Zentren und Krankenhäusern mit einer jährlichen Mindestfallzahl von 50 durchgeführt, würde das die Patientenversorgung verbessern und den mittleren Anfahrtsweg der Patienten von acht auf 16 km (Mecklenburg-Vorpommern: 33 km) verlängern.

Die Regierung von NRW reagiert nun. Jährlich sollen bis zu 200 Mio. Euro zusätzlich für Investitionen in Gebäude und Geräte den 339 Krankenhäusern im Land Anreize bieten, sich enger miteinander zu vernetzen und Doppelstrukturen abbauen, berichtet Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). Auch will man nicht mehr unbefristet auf einen Konsens bei den Planungen warten. „Wenn es einen Zusammenhang von Qualität und Fallzahlen gibt, muss man das durchsetzen“, so Laumann. Die Betten als alleinige Planungsgröße reichten nicht mehr aus.

„Wir müssen Schluss machen mit der Gelegenheitsbehandlung“, sagt Martin Litsch, Vorstandschef des AOK-Bundesverbands. Er plädiert für große, spezialisierte Einheiten. Häusern mit weniger als 500 Betten sollten entfernungsbedingte Ausnahmen sein. Daneben müsse es andere Ideen geben, ambulante, Reha- und Pflege-Einrichtungen mit stationären Angeboten zu verbinden.

Kliniken mit mehr als 500 Betten sollten die Regel sein

Das Krankenhaus-Strukturgesetz biete den Ländern seit zwei Jahren umfangreiche Möglichkeiten, doch sie müssten auch davon Gebrauch machen. Die eine Mrd. Euro im Strukturfonds für Klinikumstrukturierungen sei zu wenig. Litsch fordert von Bund und Ländern ein „Zielbild“ für 2025. Kliniken mit mehr als 500 Betten sollten dabei nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel sein.

Anzeige