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Auf der Agenda ganz oben: die Bürgerversicherung

Gesundheitspolitik Autor: Maya Hüss

SPD fordert ein "einheitliches Versorgungssystem" nach der Bundestagswahl, CDU warnt vor den Nachteilen. SPD fordert ein "einheitliches Versorgungssystem" nach der Bundestagswahl, CDU warnt vor den Nachteilen. © fotolia/kentoh
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Bürgerversicherung, Ärztemangel, Digitalisierung im Gesundheitsbereich – was haben die etablierten Parteien bei diesen großen Zukunftsthemen vor? Das fragte die Landesärztekammer Hessen Vertreter aus den Wiesbadener Landtagsfraktionen.

Benötigt unser System mit der gesetzlichen und der privaten Versicherung eine Neustrukturierung?

"Unser duales Krankenversicherungssystem wird bestehen bleiben, wir sind bisher damit gut gefahren", sagt Dr. Ralf-Norbert Bartelt, Fraktions-Vize der CDU. Eine Vereinheitlichung würde zu "erheblichen Nachteilen" wie Steigerung der Versichertenbeiträge und Innovationsverlusten führen, so Dr. Bartelt.

"Der Gesundheitsbereich könnte einer der innovativsten überhaupt sein", sagt René Rock, Parlamentarischer Geschäftsführer der hessischen FDP. Deutschland brauche den Wettbewerb von GKV und PKV für neue Innovationen. Die SPD hingegen spricht sich für ein "einheitliches Versorgungssystem" – mit "moderaten Beitragserhöhungen" – aus. "Zudem fordern wir eine paritätische Finanzierung von Arbeitgebern und Beitragszahlern", sagt Dr. Daniela Sommer, SPD Fraktions-Vize im Landtag.

Auch Marjana Schott, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der hessischen Linken, hält ein neues Versicherungssystem, das alle Einkommensarten mit einbezieht, für "fair und richtig". "Für eine kleine Gruppe von Menschen wird es teurer, in Summe wird die Versorgungssituation aber verbessert", ist Schott überzeugt.

Marcus Bocklet, Fraktionsmitglied der Grünen/Bündnis 90, spricht sich ebenfalls für die Bürgerversicherung aus, betont aber: "Wir wollen keine Staatskrankenkasse, in die jeder einzahlt." Vielmehr fordere die Partei eine Basisversicherung für alle, in der es keine Besserstellung für Privatversicherte gibt.

Welche Bedeutung hat der E-Health-Bereich für Ihre Partei?

Mit vernetzter Kommunikation könnten räumliche Hürden überwunden werden, gleichzeitg dürfe aber nicht das persönliche Arzt-Patienten-Verhältnis ersetzt werden, so SPD-Politikerin Dr. Sommer. "Wir wollen später alle nicht von Robotern gepflegt werden", ist sich die Diplom-Pädagogin sicher.

Hautarzt und CDU-Politiker Dr. Bartelt sieht in der Digitalisierung mit Video-Sprechstunde und elektronischer Gesundheitskarte eine Chance auf "verbesserte Lebensverhältnisse". Von der digitalen Vernetzung zwischen Hausarzt und Facharzt könnten vor allem Patienten in ländlichen Gebieten profitieren. Außerdem würde die neue Gesundheitskarte im Notfall einen erleichterten Zugang zu wichtigen Patientendaten bieten.

"Obwohl unser Leben von Siris und Selfies dominiert wird, stehen wir in Deutschland beim Thema E-Health noch am Anfang", sagt FDP-Abgeordneter Rock. Er erwartet eine Wende im Kommunikationsverhalten von Ärzten und Patienten geben.

Welche Konzepte haben die Parteien, mit denen der Ärztemangel behoben werden könnte?

"Wir haben einen sektoralen Ärztemangel, das heißt eine massive Fehlverteilung", erläutert Dr. Bartelt. Es müsste mehr staatliche Anreize geben, die auch der Bund mitgestalten sollte, so der Hautarzt. Finanzielle Anreize, wie Honoraraufstockungen in unterversorgten Gebieten, hält er zudem für motivierend.

"Es zählt nicht allein der finanzielle Anreiz", sagt SPD-Fraktions-Vize Dr. Sommer. Viele ziehe das kulturelle Angebot in die Städte, sodass kaum einer mehr Landarzt werden möchte. Laut Dr. Sommer müssen deshalb auf dem Land dringend "weiche Standortfaktoren", wie Kindergärten und Freizeitangebote, geschaffen werden.

Viele Jungmediziner würden das wirtschaftliche Risiko einer eigenen Praxis nicht in Kauf nehmen wollen, sagt Bocklet. Aus seiner Sicht ist auch eine höhere Anzahl an Medizinstudienplätzen denkbar, bei gleichzeitiger Senkung des Numerus clausus.

Quelle: Pressegespräch der Landesärztekammer Hessen

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