Wiesbaden richtet Gesundheitskiosk ein Beratungsstelle soll niedrigschwelligen Systemzugang ermöglichen

Gesundheitspolitik DGIM 2025 Autor: Jan Helfrich

Durch die Beratungsstelle soll Menschen mit gesundheitlichem Hilfebedarf auch in strukturschwachen Stadtteilen und Regionen geholfen werden können. Durch die Beratungsstelle soll Menschen mit gesundheitlichem Hilfebedarf auch in strukturschwachen Stadtteilen und Regionen geholfen werden können. © Charlize Davids/peopleimages.com – stock.adobe.com

Bei Hessens Hauptstadt Wiesbaden denkt man vielleicht zuerst an die Pracht der Wilhelmstraße oder an die Kliniken entlang des Aukammtals. Doch auch die Folgen von Armut beschäftigen den Magistrat. In einem Gesundheitskiosk sollen vulnerable Gruppen Hilfe erhalten.

Als Bundesgesundheitsminister machte sich Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD) für die Etablierung von Gesundheitskiosken stark. Mehr als 1.000 dieser Beratungsstellen sollten bundesweit in strukturschwachen Stadtteilen und Regionen eröffnet werden, um Menschen mit gesundheitlichem Hilfebedarf eine niedrigschwellige Anlaufstelle zu bieten. Bekanntermaßen wurde nichts aus diesem Gesetzesplan.

Unabhängig davon eröffnet die Stadt Wiesbaden nun ihren eigenen, kommunal finanzierten Gesundheitskiosk. „Träger ist das städtische Gesundheitsamt. Für das Errichtungsjahr wurden rund 250.000 Euro bereitgestellt, in den Folgejahren sind 144.000 Euro für die Betriebskosten vorgesehen. Die notwendigen Personalkosten werden zusätzlich aus dem Etat des Gesundheitsamtes bestritten“, teilt die Stadträtin und Gesundheitsdezernentin Milena Löbcke (Die Linke) mit. Sie stellte das Vorhaben bei einer Vorab-Pressekonferenz zum 131. DGIM-Kongress vor.

Lebenschancen als Spiegelbild der Vermögensverteilung

Das Gebäude wird derzeit im Westcenter an der Schnittstelle der Stadtteile Klarenthal und Dotzheim errichtet und voraussichtlich im dritten Quartal 2025 eröffnet. „Beide Ortsteile weisen eine überdurchschnittlich hohe Zahl von Menschen aus vulnerablen Personengruppen auf, die vergleichsweise schwer in die medizinischen Versorgungssysteme einmünden. Diese Zielgruppen sollen mit dem Angebot insbesondere adressiert werden“, erklärt die Stadträtin.

Eine Sozialraumanalyse1 habe deutlich gemacht, wie die ungleiche Verteilung von Einkommen und Vermögen in der Stadt direkt auf die Lebenschancen von Menschen einwirkt. Die Stadtregierung wolle im Rahmen ihrer Möglichkeiten dieser gesellschaftlichen Spaltung und ihren sozialen und gesundheitlichen Folgen entgegenwirken.

Innenstadt lockt eher zur Niederlassung als Außenbezirk

Etwa 80 % der Arztpraxen seien in der Innenstadt von Wiesbaden beheimatet. Äußere Stadtteile hätten dagegen teils wenige bis gar keine niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte mehr. „Auch diese Ungleichverteilung erschwert die medizinische Versorgung gerade von vulnerablen Personengruppen“, so Löbcke. Nach Angaben der KV Hessen arbeiten in der Landeshauptstadt insgesamt 208 Hausärztinnen und Hausärzte in 117 Praxen, was aus dem Blickwinkel der Bedarfsplanung allerdings einen Versorgungsgrad von rund 113 % ergibt.2

Der Gesundheitskiosk ersetze nicht die ärztliche Regelversorgung, sondern ergänze sie, betont die Dezernentin. „Er ist präventiv tätig, berät und vermittelt ins Gesundheitssystem, wo Menschen aus einer Vielzahl an Gründen nicht selbst erfolgreich einmünden. Er hat in erster Linie eine Lotsenfunktion.“

Ein Team von drei MFA des Gesundheitsamtes soll die Menschen im Kiosk betreuen und parallel die Qualifikation zur Community Health Nurses erwerben. Zusätzlich mache das Gesundheitsamt an einem zweiten Standort situativ Angebote. „Dazu können Räume für Selbsthilfegruppen, Impfsprechstunden, Beratungen zu sexuell übertragbaren Infektionen und anderes gehören“, informiert die Stadträtin.

Auch schaffe man gute Bedingungen für die Lebensmittelausgabe Klarenthal vom Verein „Initiative für Menschen“. Diese werde direkt in den Kiosk integriert. Über eine gemeinsam genutzte Küche können so z. B. Workshops zu gesundem Kochen günstig angeboten und ein leichter Zugang für armutsgefährdete Menschen ermöglicht werden.

1 bit.ly/wi-atlas
2 bit.ly/kvh-wihae

Quelle: Pressekonferenz – DGIM