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Blicken Sie nach vorne, nutzen Sie die KV-Wahl!

Autor: Dr. Günter Gerhardt

Die Wahlbeteiligung kann gesteigert werden, wenn mehr junge Ärzte wählen. Die Wahlbeteiligung kann gesteigert werden, wenn mehr junge Ärzte wählen. © fotolia/Robert Kneschke
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Gerade die junge Generation von Ärzten weiß heutzutage nicht, wen sie wählen soll. Laut Dr. Günter Gerhardt wäre es daher sinnvoll, wenn die Älteren ihr Wissen an die Jüngeren weitergeben.

Die KVen Saarland und Sachsen waren die ers­ten, in denen die Vertreterversammlungen für die im Januar 2017 beginnende Legislaturperiode gewählt wurden, die restlichen 15 KVen folgen. Die Wahlbeteiligung lag im Saarland bei 65 %, in Sachsen bei 47 %, was ein erfreuliches Zeichen dafür zu sein scheint, dass sich die Kolleginnen und Kollegen trotz des KBV-Desasters nicht haben abhalten lassen, zu wählen.

Hoffentlich setzt sich der Trend in den anderen KVen fort. Die Wahlbeteiligung könnte sogar noch gesteigert werden, wenn mehr junge Ärztinnen und Ärzte wählen würden, was sie oft nicht tun, weil sie nicht wissen, wen sie wählen sollen.

Stimmen die einfachen Slogans "Hausärzte wählen Hausärzte", "Fachärzte wählen Fachärzte" und "Psychotherapeuten wählen Psychotherapeuten"? Was ist mit den gemischten Listen, die etwa von Medi, dem Hartmannbund und dem NAV-Virchow-Bund favorisiert werden – sind das verlorene Stimmen, schwächt man damit die eigene Gruppe, zu der man gehört?

Nein, beide Arten von Listen machen Sinn, vorausgesetzt, die Gewählten erarbeiten nach der Wahl zusammen einen "Pro medico"-Koalitionsvertrag. Gerade die Gruppe "junge Ärzte" hält wenig von Hausarzt-, Facharzt- und Psycho-Listen, deren Repräsentanten ihre Väter (selten Mütter) sein könnten. Wobei Letzteres per se kein Nachteil sein muss, wird im schwierigen politischen Geschäft auch die Erfahrung der Älteren gebraucht.

Deren geistige Flexibilität darf jedoch nicht durch Pessimismus, Frustrationen und Traumatisierungen zerstört worden sein. Sie sollten auch nicht zu denjenigen gehören, die mit ihrer Politik nicht nur unsere Interessen nicht vertreten haben, sondern systematisch sich selbst und die Körperschaft beschädigt und unseren Einfluss gegenüber Politik, Krankenkassen und weiteren Vertragspartnern geschwächt haben. Diese Kolleginnen und Kollegen müssen ohne Wenn und Aber in die Wüste geschickt werden, haben sie doch die KBV bzw. Kassenärztliche Vereinigung als Selbstbedienungsladen genutzt.

»Die jungen Ärzte wissen oft nicht, wen sie wählen sollen«

Dagegen können wir auf unseren Nachwuchs bauen! Ich mache immer wieder die Erfahrung, dass Medizinstudierende heftig über berufs- und gesundheitspolitische Themen diskutieren und es nicht verstehen, wie es beispielsweise zu Budgetierung, Regressen und einem Antikorruptionsgesetz kommen konnte.

Nur: Jetzt zwanghaft nach dem Motto "Alte weg, Junge rein" zu handeln, wäre der falsche Ansatz. Jung und Alt, egal ob Hausarzt, Facharzt oder Psychotherapeut, müssen regional und überregional aufeinander zugehen (was in der Versorgung der Patienten täglich geschieht) und sich gemeinsam überlegen, was sie erreichen wollen, damit die Berufsausübung gesichert bleibt.

Sicherung kann dabei nicht nur den finanziellen Aspekt beinhalten, sondern auch die Zufriedenheit im Beruf, frei von Gängelung durch KV, Kammer oder gesetzliche Krankenversicherung. Gerade die Krankenkassen verstärken ihren Aktionshorizont und damit ihre Machtposition mit ärztlichem Sachverstand.

Deshalb müssen auch wir unsere Machtposition verstärken. Ich nenne das Aufrüs­tung, sprich: die Jungen mit dem Know-how ausstatten, das man braucht, um im politischen Alltag auf Augenhöhe mit unseren zahlreichen "Freunden" agieren zu können. Diese sitzen nicht nur im Bundestag und in Landtagen, sondern auch im Gemeinsamen Bundesausschuss, IQWIG und IQTIG.

»Auch mal Querdenker ins Parlament schicken«

Das kann nur klappen, wenn die Älteren ihre Erfahrungen und ihr Wissen an die Jungen weitergeben und sie gemeinsam das Flaggschiff KV und KBV in neuem Glanz erstrahlen lassen – was dringend erforderlich ist. Zweiflern empfehle ich einen historischen Rückblick auf die Entstehung der Selbstverwaltung KV so ab 1900. Den Kampf unserer Vorfahren müssen wir wieder lernen. Mit einer "Mia san mia – es geht nicht ohne uns"-Einstellung, der bei Bedarf auch Dienst nach Vorschrift und Kampfmaßnahmen (siehe Verdi et al.) folgen müssen, kann das gelingen.

Schauen Sie sich Ihre KV an: Ist das die Selbstverwaltung, mit der Sie einen vertrauensvollen, angstfreien Kontakt pflegen und die Ihnen die gewünschte Sicherung bietet? Kennen Sie die Kollegin bzw. den Kollegen Ihrer Region, die bzw. der in der KV-Vertreterversammlung (VV) Ihre Interessen vertritt und durchsetzt? Ist alles transparent?

Scheuen Sie sich nicht, neue Kolleginnen und Kollegen – auch mal nicht stromlinienförmige Querdenker – ins Parlament zu schicken. Formulieren Sie Ihre Bedingungen für eine künftige Zusammenarbeit. Werfen Sie vielleicht auch selbst Ihren Hut in den Ring.

Die Frage, die jetzt folgt, ist klar: Wie soll man das in der verbleibenden Zeit schaffen? Indem Sie sich bei Ihrer KV nach dem Wahlprozedere erkundigen, sich in Ihrer Region mit Kolleginnen und Kollegen treffen, nach Kandidatinnen und Kandidaten Ausschau halten, Listen erstellen oder Ihren Berufsverband nach existierenden Listen fragen.

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