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Bürokratie-Reduktion: „spürbar weniger“

Gesundheitspolitik Autor: Cornelia Kolbeck

Normenkontrollrat zufrieden mit Bürokratie-Reduktion. Rechts: Wolf-Michael Catenhusen, Mitglied des Normenkontrollrates.
Normenkontrollrat zufrieden mit Bürokratie-Reduktion. Rechts: Wolf-Michael Catenhusen, Mitglied des Normenkontrollrates. © fotolia/mnirat, Bundesregierung/Steffen Kugler
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Die bürokratischen Abläufe in den Praxen konnten spürbar reduziert werden, erklärt Wolf-Michael Catenhusen, Mitglied des Nationalen Normenkontrollrates. Die KBV sieht jedoch noch ein darüber hinausgehendes Optimierungspotenzial.

Vor zwei Jahren wurde der Abschlussbericht zum Projekt „Mehr Zeit für die Behandlung – Vereinfachung von Verfahren und Prozessen in Arzt- und Zahnarztpraxen“ veröffentlicht. Beteiligt an der Erarbeitung waren KBV, KZBV und GKV-Spitzenverband unter Leitung des Normenkontrollrates (NKR).

Der Bericht machte deutlich, dass pro Praxis im Schnitt eine Arbeitskraft 96 Tage pro Jahr ausschließlich mit der Erfüllung von Informationspflichten beschäftigt war. In der Konsequenz wurden 20 Handlungsempfehlungen für die Selbstverwaltung zur Senkung der Bürokratielast definiert, 13 davon betrafen Arzt- und Psychotherapeutenpraxen. Die aktuelle Zwischenbilanz des NKR zur Umsetzung gab kürzlich Projektleiter Catenhusen bekannt. Demnach sind rund die Hälfte der Handlungsempfehlungen vollständig umgesetzt, für fünf ist die Umsetzung weit fortgeschritten.

KBV-Vorstand: Ein Viertel der Pflichten kann noch weg

KBV-Vorstand Dr. Thomas Kriedel bestätigte Erleichterungen. Er forderte dennoch in Bezug auf bürokratische Pflichtleistungen für Ärzte ein „verbindliches Abbauziel analog zu dem der Bundesregierung“, z.B. innerhalb von fünf Jahren eine Entlastung um 25 %. Die KBV hatte vor einem Jahr im ersten, eigenen Bürokratieindex (BIX) ebenfalls noch deutliche Erleichterungen für die Praxen ausgemacht. Das betraf den Vergleich mit der Datenbasis 2013, auf die sich auch der NKR bezieht (BIX 2016: 95,88 Prozentpunkte). In diesem Jahr allerdings gab es durch gleichzeitige Mehrarbeit aufgrund neuer Regulierungen bereits wieder einen leichten Anstieg der Bürokratielast (BIX 2017: 96,09 Prozentpunkte).

Dr. Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, konterte Dr. Kriedels Vorstoß. Sie halte „wenig von starren Vorgaben nach dem Motto ,Ein Viertel kann man immer streichen‘“. Auf den ersten Blick möge eine Informationspflicht unnötig erscheinen. Bei genauerer Prüfung werde aber meist schnell deutlich, dass die Verpflichtung sehr wohl ihre Berechtigung habe, z.B. Qualitätssicherungsmaßnahmen wie das Krebsregister oder OP-Checklisten: „Die hier investierte Zeit kommt dem Patienten unmittelbar zugute.“

Lutz Stroppe, Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium (BMG), kündigte an, dass das BMG das Projekt zum Bürokratieabbau auch weiterhin begleiten und unterstützen wird. Er verwies aber auch darauf, dass viele Informationspflichten für das soziale Gesundheitssystem notwendig seien.

Angaben dazu, wie sich die bisherigen Erfolge zeitlich auf die Arztpraxen auswirken, beinhaltet der Zwischenbericht nicht. Er betrachtet vor allem die umgesetzten bzw. die 2017−2021 anstehenden Ziele.

Aktueller Status der Entbürokratisierung

Der Abschlussbericht zum Projekt „Mehr Zeit für die Behandlung – Vereinfachung von Verfahren und Prozessen in Arzt- und Zahnarztpraxen“ von 2015 beinhaltete 20 notwendige Handlungsoptionen. Das ist der Stand im vertragsärztlichen Bereich: Abgeschlossen
  • AU-Bescheinigung vereinfacht
  • einrichtungsinternes Qualitäts­management (pro Praxis/MVZ, nicht mehr pro Arzt)
  • Antragsverfahren für die Psychotherapie erleichtert
  • Chroniker-Bescheinigung (Muster 55) deutlich vereinfacht
  • Verordnen medizinischer Reha erleichtert (Muster 60 abgeschafft, Muster 61 verkürzt)
  • Antrag auf Teilnahme an der Blankoformularbedruckung abgeschafft; zertifizierte Drucksoftware reicht aus
  • KBV stellt für neue und geänderte Vordrucke Erläuterungstexte zur Verfügung
  • Verordnung häuslicher Krankenpflege erleichtert (neuer Vordruck)
  • Laborüberweisung kann digital er­folgen
  • Abrechnung der Behandlung von EU-Ausländern erleichtert
Fortgeschritten 
  • Der „Bericht für die Krankenkasse bei Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit“ wurde überarbeitet. Es gibt weitere Anfragen zum Vereinfachen der Muster 50, 51, 53.
  • Das Verordnen von Hilfsmitteln wurde erleichtert. Die Prüfung der Aktualisierung des Heilmittelkatalogs hat begonnen; die Integration des zusätzlichen Fragen-Antworten-Katalogs ist bisher nur geplant. 
  • Fürs Verordnen von Krankenbeförderung soll ein neuer Vordruck vereinbart werden, der übersichtlicher und leichter ausfüllbar ist als der bisherige; die Beratungen laufen.
Angestoßen
  • Frühe Abschätzung der Bürokratiekosten im Gemeinsamen Bundesausschuss. Aktuell werden in rund der Hälfte der Fälle die Bürokratiekosten vor dem Einleiten eines Stellungnahmeverfahrens ermittelt, bei der anderen Hälfte erfolgt das danach.
  • Das BtM-Rezept lässt sich als dreiteiliges Durchdruckformular nur per Nadeldrucker bedrucken. Alternativen sollen geprüft und vollständig digitale Lösungen erwogen werden.
  • Es wird geprüft, inwieweit während der stufenweisen Wiedereingliederung die AU allein durch Muster 20 bescheinigt werden kann. Auswirkungen auf die Auszahlung des Krankengeldes sollen vermieden werden.
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