EHDS Der Europäische Gesundheitsdatenraum nimmt Gestalt an

Gesundheitspolitik Vision Zero 2025 Autor: Vision Zero e.V.

Der EHDS schafft einen europaweiten Rechtsrahmen zur sicheren Nutzung elektronischer Gesundheitsdaten für Forschung und Versorgung. Der EHDS schafft einen europaweiten Rechtsrahmen zur sicheren Nutzung elektronischer Gesundheitsdaten für Forschung und Versorgung. © khunkornStudio – stock.adobe.com

Im März 2025 ist der European Health Data Space (EHDS) Act offiziell in Kraft getreten. Die Verordnung markiert einen Meilenstein in der europäischen Gesundheitspolitik: Erstmals entsteht ein unionsweiter Rechtsrahmen, der die Nutzung elektronischer Gesundheitsdaten systematisch fördert. Ziel ist es, sowohl die Versorgung als auch Forschung, Innovation und Regulierung durch die grenzüberschreitende Nutzung von Daten zu verbessern. Deutschland hat mit dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) bereits erste zentrale Elemente des EHDS vorweggenommen – an der weiteren Umsetzung arbeiten das BMG, die gematik und viele weitere Institutionen, aber auch Vision Zero e.V. in der EHDS-Koalition. Diese Koalition ist eine Initiative zur Berücksichtigung der Interessen, u. a. der industriellen Gesundheitswirtschaft, der Patienten und der akademischen Einrichtungen bei der nationalen Umsetzung des EHDS.

Was ist der EHDS?

Der EHDS ist ein sektoraler Datenraum im Rahmen der europäischen Datenstrategie. Er zielt auf zwei Nutzungspfade: 

  • die Primärnutzung von Gesundheitsdaten zur Patientenbehandlung, insbesondere auch grenzüberschreitend
  • die Sekundärnutzung für Zwecke der Forschung, Innovation, Politikgestaltung und Regulierung

Die Verordnung verpflichtet alle Mitgliedstaaten zur Einrichtung nationaler Zugangsstellen (Health Data Access Bodies), zur technischen Interoperabilität und zur Sicherstellung klarer Regeln für Datenschutz, Sicherheit und Transparenz. Technische Infrastrukturen wie MyHealth@EU (Primärnutzung) und HealthData@EU (Sekundärnutzung) sollen EU-weit die Interoperabilität gewährleisten. 

Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zur bisherigen E-Health-Politik auf EU-Ebene ist die Verbindlichkeit: Der EHDS ist nicht nur eine politische Initiative, sondern als Verordnung unmittelbar geltendes Recht in allen Mitgliedstaaten. It is not just a good idea – it’s the law! Die Anforderungen sind dabei bewusst ambitioniert: So sollen Patienten in Zukunft über nationale Portale Zugriff auf ihre Daten erhalten und deren Nutzung durch ihre Behandler und für die Forschung aktiv steuern können.

Hervorzuheben ist die verbindliche Implementierung des von Vision Zero geprägten „Rechts auf Gefundenwerden“: Danach hat jeder Patient das Recht auf eine Benachrichtigung, wenn im Rahmen der Forschung mit seinen Daten wichtige Befunde mit Bezug auf seine Gesundheit entdeckt werden, sofern er dem nicht widersprochen hat. Damit wird – und das ist das Entscheidende – die Forschung mit pseudonymisierten Daten zum Standard und die Aufklärung über deren Vorteile zur Pflicht.

Status quo in Deutschland: erste Schritte über das GDNG

Das deutsche Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) ist im März 2024 in Kraft getreten. Es adressiert bereits zentrale Aspekte der EHDS-Verordnung, insbesondere im Bereich der Sekundärnutzung. Kernpunkte sind:

  • zentrale Datenzugangsplattform beim BfArM: Dort wird die (oder eine?) nationale Zugangsbehörde eingerichtet
  • einheitliches Antragsverfahren für die Nutzung von Gesundheitsdaten durch Forschung, Versorgung und Verwaltung
  • Rechtsgrundlagen für die Nutzung von Daten ohne individuelle Einwilligung, sofern öffentliche Interessen oder Gemeinwohlziele vorliegen
  • Anbindung der Registerlandschaft, insbesondere künftig auch die Nutzung von ePA-Daten für die Forschung

Ergänzend zu diesen Regelungen liegt seit November 2024 ein Referentenentwurf für eine Verordnung zur Umsetzung des GDNG (GDNGUmsV) vor. Diese Verordnung konkretisiert insbesondere die organisatorischen und technischen Anforderungen an die Datenzugangsplattform beim BfArM sowie die Kriterien für die Genehmigung von Datennutzungsanträgen. Der Entwurf sieht unter anderem vor:

  • Art und Umfang der zu übermittelnden Daten im Datentransparenzverfahren
  • Verfahren der Pseudonymisierung
  • Ausleitung von Daten aus der elektronischen Patientenakte

Die Verordnung dient also der Operationalisierung der gesetzlichen Grundlagen; sie befindet sich derzeit in der Ressortabstimmung.

Umsetzungsfortschritt: Fragmentierung und offene Fragen 

Mit dem regulatorischen Aufschlag durch das GDNG ist die Umsetzung des EHDS in Deutschland bereits in Teilen erfolgt: 

  • Die nationale Governance-Struktur ist aber noch unklar. Die Rolle von gematik, BMG, BfArM und weiteren Akteuren muss abgestimmt werden.
  • Technische Standards und Interoperabilität sind in Deutschland historisch uneinheitlich – dies betrifft insbesondere Register, Forschungseinrichtungen und Krankenkassendaten.

Quelle:
Vision Zero Magazin Nr.1/25

Prof. Dr. Med. Dr. Iur. Christian Dierks, Managing Partner, Dierks+Company Prof. Dr. Med. Dr. Iur. Christian Dierks, Managing Partner, Dierks+Company © zVg