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Der Tod lauert in der Chipstüte

Autor: Erich Kögler

Besonders bei stärkehaltigen Nahrungsmitteln wie Chips entsteht beim Rösten oder Frittieren Acrylamid. Besonders bei stärkehaltigen Nahrungsmitteln wie Chips entsteht beim Rösten oder Frittieren Acrylamid. © fotolia/bluedesign
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Sind wir doch mal ehrlich: Jeder von uns kennt die geradezu hypnotische Anziehungskraft der geöffneten Chipstüte bei der abendlichen Fernsehstunde. „Iss mich“, flüstert sie uns verführerisch zu und lässt uns nicht ruhen, bis wir alles verputzt haben. Spätestens dann stellt sich das schlechte Gewissen ein – doch nicht nur wegen der Kalorien. Denn seit 2002 ist bekannt, dass schädliches Acrylamid in den begehrten Kartoffelscheiben steckt und natürlich auch in vielen weiteren Lebensmitteln.

Es entsteht beim Rösten, Backen, Braten oder Frittieren vor allem in besonders stärkehaltigen Lebensmitteln wie Kartoffeln, Brot oder Kaffee. In Tierversuchen wurde ein erhöhtes Krebsrisiko durch den Stoff nachgewiesen. Obwohl diese Erkenntnis bereits 15 Jahre alt ist, hat sich bislang nichts geändert. Der mündige Konsument futtert einfach munter weiter. Doch jetzt tut sich endlich was: Voller Stolz hat die EU-Kommission einen Entwurf mit neuen Regeln für Hersteller, Restaurants und Backstuben vorgelegt. Fortan soll Acrylamid so weit wie möglich verbannt werden.

Chapeau! Die Sesselpupser in Brüssel kümmern sich also nicht nur darum, wie lange und wie gerade Salatgurken sein müssen. Sie nehmen sich auch in schier atemberaubendem Tempo relevanten Themen an. Derzeit läuft eine drei­monatige Einspruchsfrist. Kommt nichts mehr dazwischen, sollen die Bestimmungen schon im Frühjahr 2019 in Kraft treten. Rechtzeitig vor Erreichen der Volljährigkeit wäre das Problem also endlich angepackt.

Doch natürlich hat sich prompt Widerstand aus den Reihen der Chipshersteller und Gastronomen geregt. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband beispielsweise nennt den vorliegenden Entwurf „unverhältnismäßig, überflüssig und bürokratisch“. Statt seine Mitgliedsbetriebe mit Auflagen zu überziehen, sollte vielmehr die Öffentlichkeit aufgeklärt werden.

Wie wäre es mit einem Gegenvorschlag, liebe Wirte und Köche? Was spricht gegen Pommes, die von vornherein goldgelb und nicht „schön kross“ auf dem Teller landen? Dann müsste der aufgeklärte Gast sie nicht zurückgehen lassen.

Durch den laxen Umgang mit Acrylamid schaden wir uns alle selbst. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft stufte die Substanz in die Kategorie der krebserzeugenden Stoffe ein und das Bundesinstitut für Risikobewertung spricht von einem „ernstzunehmenden gesundheitlichen Risiko“, weil der Stoff potenziell das Erbgut verändert. Ich plädiere also für höhere Dringlichkeit und Ernsthaftigkeit bei den Verantwortlichen!

Wenn Vati übrigens mal wieder beim Grillen im Garten marinadefreie Steaks und Würstchen fast hat schwarz werden lassen, ist kein Acrylamid im Spiel. Ein schwacher Trost indes, denn aus dem Fett, das in die Glut tropft, entstehen beim Grillen mit Holzkohle polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe. Mit dem Rauch gehen sie dann ins Grillgut über. Zu diesen Stoffen gehört u.a. Benzo[a]pyren, das ebenfalls krebserregend ist. Also muss auch dem sorglosen Familienvater mit Zange und Gabel energisch auf die Finger geklopft werden!

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