Wende bei der Organspende gefordert DGVS will Widerspruchslösung für Spenderorgane

Gesundheitspolitik Autor: Medical Tribune

Organmangel kostet Leben – besonders bei akutem Leberversagen. Organmangel kostet Leben – besonders bei akutem Leberversagen. © SewcreamStudio - stock.adobe.com

Organmangel kostet Leben – besonders bei akutem Leberversagen. Die DGVS fordert deshalb einen klaren Kurswechsel: Mit der Widerspruchslösung könnte nicht nur schneller transplantiert werden, sondern auch unter besseren Bedingungen.

8.500 Menschen warten hierzulande auf ein lebensrettendes Spenderorgan – häufig vergebens. Besonders dramatisch ist die Lage für Menschen mit akutem Leberversagen, für die es keine Behandlungsalternative gibt. Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) ruft nach der Widerspruchslösung, um dem Organmangel entgegenzuwirken.

Bei akutem Leberversagen entscheidet der Zeitfaktor unmittelbar über Leben und Tod. Ohne Transplantation sterben in Stadium IV rund 80 bis 90 % der Betroffenen. Selbst mit einer „High Urgency“-Listung vergeht oft zu viel Zeit: Im Schnitt dauert es rund 72 Stunden, bis ein passendes Organ gefunden ist. In dieser Zeit sterben bis zu 30 % der Erkrankten. „Es gibt keine Möglichkeit, die Leberfunktion über längere Zeit künstlich zu ersetzen – wie etwa bei der Dialyse für die Niere. Ohne Transplantation bleibt nur das Versterben“, sagt Prof. Dr. Heiner Wedemeyer, Präsident der DGVS und Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie und Endokrinologie an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH).

„Wir brauchen ein klares Ja zur Widerspruchslösung“, sagt Prof. Dr. Birgit Terjung, Mediensprecherin der DGVS aus Bonn. „Das würde nicht nur die Situation unserer Patientinnen und Patienten nachhaltig verbessern, sondern auch für uns Ärztinnen und Ärzte eine große Entlastung bedeuten. Es ist zutiefst unbefriedigend, wenn man alles Menschenmögliche tut – und dennoch Patienten verliert, weil kein Organ zur Verfügung steht.“

Im internationalen Vergleich ist Spanien das Vorbild

Ein Blick nach Spanien macht deutlich, wie wirksam die Widerspruchslösung sein kann. Dort bringt sie kürzere Wartezeiten, weniger Todesfälle und bessere Überlebenschancen nach Transplantation.

Der Bundesrat hat sich jüngst nochmals mit dem Thema befasst und auch Abgeordnete des Bundestages haben angekündigt, die Einführung der Widerspruchslösung erneut auf die Agenda zu setzen.

Die Fachärztin für Innere Medizin und Gastroenterologie Dr. Sophia Heinrich betreut als Mitglied im Transplantationsteam der MHH Betroffene vor und nach der Lebertransplantation. „Mehr verfügbare Organe würden nicht nur die Wartezeiten verkürzen, sondern auch ermöglichen, Patientinnen und Patienten in einem besseren gesundheitlichen Zustand zu transplantieren“, betont sie. Das verbessere die Überlebenschancen nach der Operation. Zudem mindere es den Entscheidungsdruck für Angehörige, wenn der Wille zur  bereits festgelegt ist. Sie müssten dann nicht in einer emotional sehr belastenden Situation allein über Leben und Tod befinden, wie es bisher bei der Zustimmungslösung der Fall ist.

Medizinischer Fortschritt stößt an Grenzen

Zwar gibt es Fortschritte in der Transplantationsmedizin, erläutert die DGVS – etwa durch Maschinenperfuson, mit der auch vorgeschädigte Organe genutzt werden können, oder durch verbesserte Immunsuppressiva, die langfristige Ergebnisse stabilisieren. Doch diese Entwicklungen könnten den massiven Mangel nicht ausgleichen. „Wir können die besten medizinischen Möglichkeiten haben – aber ohne Spenderorgane helfen sie unseren Patientinnen und Patienten nicht dauerhaft“, so Prof. Wedemeyer. Die DGVS appelliert daher an Bundestag und Bundesrat, die Widerspruchslösung auf den Weg zu bringen.

Quelle: Pressemitteilung - DGVS