
Ärztevereinigungen unzufrieden Flop der GOÄneu beim Ärztetag wäre „Wahnsinn“

Auf ihrer Webseite goaeneu-so-nicht.de tragen die Kritiker, darunter z. B. die Berufsverbände von Labor- und Frauenärzten sowie die Fachgesellschaften für Nuklearmedizin und Urologie, ihre Klagen vor: Die zwischen BÄK, PKV-Verband und Beihilfeträgern abgestimmte Fassung einer neuen GOÄ sei nicht mehr das Resultat der innerärztlichen Abstimmungen. Die Absenkung von Vergütungssätzen führe zu einer je nach Fachrichtung unterschiedlichen Vergütung ärztlicher Arbeitszeit. Das vorgelegte Ergebnis sei „in hohem Maße intransparent“. Kurz: Es bestehe weiterer Diskussions- und Korrekturbedarf.
Mit Veröffentlichungen und Erklärungen versuchten BÄK-Präsident Dr. Klaus Reinhardt & Co. schon vor dem Deutschen Ärztetag Ende Mai in Leipzig, die Bedenken auszuräumen: Alle 165 beteiligten Verbände und Fachgesellschaften hatten im Clearingverfahren zum Entwurf vom September 2024 die Möglichkeit, Änderungsvorschläge einzubringen. Zum Teil wurden auch Anpassungen vorgenommen. Ob dieser Kompromiss dem Bundesgesundheitsministerium zwecks Umsetzung übermittelt wird, sollen die Ärztetagsdelegierten entscheiden. PKV-Verbandsdirektor Florian Reuther erwartet Zustimmung. Ärzteschaft wie Patientinnen und Patienten würden von der GOÄneu profitieren. Über den jetzt vereinbarten Gesamtrahmen hinaus gebe es allerdings keinen Spielraum.
Prognose für Ausgabenplus ist kein Budgetdeckel
Im „Deutschen Ärzteblatt“ erläutern Dr. Reinhardt, BÄK-Vizepräsidentin Ellen Lundershausen und der geschäftsführende Arzt Ulrich Langenberg, dass mit 13,2 % höheren PKV-Ausgaben in den ersten drei Jahren nach Inkrafttreten der Novelle gerechnet wird (+ 1,9 Mrd. Euro). Doch selbst wenn diese Prognose übertroffen werde, bleibe „jede auf Basis der neuen GOÄ erstellte Rechnung gültig und muss ohne Abschläge bezahlt und auf Basis des Versicherungsvertrages erstattet werden“. Auch Sondereffekte bei der Morbidität und medizinischen Innovationen kämen obendrauf.
Für die kontinuierliche Pflege der GOÄ ist eine Gemeinsame Kommission von BÄK, PKV-Verband und Beihilfe vorgesehen. Sie soll einvernehmlich Änderungen an der GOÄ empfehlen, über die dann der Verordnungsgeber zu entscheiden hat. Mit einer „EBMisierung“ oder „Selbstverwaltungslösung“ habe diese Kommission nichts zu tun.
„Es wäre schlichtweg Wahnsinn, wenn diese Reform an der Ärzteschaft selbst scheitern würde“, meint Dr. Markus Beier, Bundesvorsitzender des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes. Die neue GOÄ sei zwar nicht perfekt, „aber zweifellos deutlich besser als der Status quo“. Sie würde die sprechende Medizin vernünftig vergüten sowie für Transparenz und rechtliche Klarheit sorgen. Dr. Beier fordert die Kolleginnen und Kollegen aus allen Facharztdisziplinen auf: „Behalten Sie das große Ganze im Auge und stimmen Sie für die GOÄ-Reform.“
Nachdem sich die einstigen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD) mit dem Verweis auf die Notwendigkeit eines gemeinsamen Entwurfs von BÄK, PKV-Verband und Beihilfe zurückgelehnt haben, wäre nach einem positiven Ärztetagsbeschluss die Union am Zug.
„Friedrich Merz, Alexander Dobrindt und Fraktion“ hatten schon im Juli 2022 in einer kleinen Anfrage an die Ampel festgestellt, dass der GOÄneu-Entwurf „das gesamte ärztliche Leistungsspektrum modern, transparent, nachvollziehbar und rechtssicher abbildet und durchgängig betriebswirtschaftlich kalkulierte Gebührenordnungsvorschläge beinhaltet“. Besorgt hakten sie damals nach: „Teilt die Bundesregierung die Einschätzung der Fragesteller, dass durch die weitere Aussetzung der Novellierung der GOÄ die Gefahr besteht, dass sich der Ärztemangel weiter verschärft?“