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Fortbilden wird für Ärzte teurer

Gesundheitspolitik Autor: Michael Reischmann

Dass Ärzte für ihre Teilnahme an Fortbildungen nichts zahlen müssen, ist nicht mehr zeitgemäß, meinen immer mehr Beobachter. Dass Ärzte für ihre Teilnahme an Fortbildungen nichts zahlen müssen, ist nicht mehr zeitgemäß, meinen immer mehr Beobachter. © fotolia/pathdoc
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Ärzte und Industrie sind verunsichert. Liefert ein Pharmaunternehmen, das einem Arzt Teilnahmekosten für eine wissenschaftliche Fortbildung erstattet oder Tagungen Dritter finanziell unterstützt, den Anfangsverdacht einer Bestechung? Ein Oberstaatsanwalt gibt Entwarnung.

Die Staatsanwaltschaft Thüringen hat dieses Jahr für erhebliche Verunsicherung bei Ärzten sowie Vertretern der Pharma- und Medizintechnikindustrie gesorgt. Wie die Ärztekammer berichtete, vertraten die Strafverfolger in einem Gespräch die Auffassung, dass der Anfangsverdacht der Korruption nach § 299a StGB (Bestechlichkeit) schon dann gegeben ist, wenn ein Unternehmen für Ärzte Tagungs-, Reise- und Verpflegungskosten übernimmt oder Veranstaltungen Dritter sponsert.

Der Geschäftsführer des Vereins der Freiwilligen Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie (FSA), Dr. iur. Holger Diener, teilt diese Ansicht nicht. Denn der Fachkreise-Kodex gibt den Unternehmen die Bedingungen für korrektes Verhalten detailliert vor. Daran habe auch das Anti-Korruptionsrecht nichts geändert.

Das heißt: Solange es um wissenschaftliche Veranstaltungen geht und die Kostenbeteiligung im angemessenen Rahmen bleibt und transparent gemacht wird, ist dies laut Kodex und Berufsordnung unkritisch. Selbst ein Verstoß dagegen, wäre gemäß Gesetzesbegründung nicht zwangsläufig ein Korruptionstatbestand, solange der Vorteil nicht mit der Gegenleis­tung einer unlauteren Bevorzugung im Wettbewerb verbunden ist.

Der Frankfurter Oberstaatsanwalt Alexander Badle bestätigt das. „Ich kann Sie beruhigen“, sagte er zu Vertretern von Pharmaunter­nehmen und Dienstleistern. Eine Umfrage unter den Generalstaatsanwaltschaften zu der Thüringer Auslegung habe ergeben, dass diese von „90 %“ nicht geteilt werde. Er vermutet deshalb, dass es zu keinen Ermittlungen wegen eines Per-se-Verdachts kommen wird.

Allerdings geht er davon aus, dass „die Tage des passiven Fortbildungssponsorings gezählt sind“. Künftig würden Angehörige medizinischer Heilberufe wohl einen „angemessenen Kostenbeitrag“ für Fortbildungen leisten müssen. Das sagten auch die Geschäftsführer der internistischen, kardiologischen und schmerztherapeutischen Fachgesellschaften voraus.

Der Bundesverband Medizintechnologie rät seinen Mitgliedern, ab 2018 die „passive Teilnahme“ (Zuhören) von Fachkreisangehörigen an drittorganisierten Konferenzen (z.B. Ärztekongresse) nicht mehr direkt zu unterstützen (d.h. kein Kostenersatz für den einzelnen Arzt) – auch wenn dies „derzeit gesetzlich nicht verboten ist“.

So weit geht der FSA nicht. Er achtet allerdings ab 2018 darauf, dass eine Bewirtung nicht mehr als 60 Euro pro Person kostet und die Tagungsstätte auf Businessniveau bleibt. Einig ist sich Dr. Diener mit den Fachgesellschaften, dass der Begriff Veranstaltungssponsoring irreführend ist, wenn die Firmen z.B. dafür Standflächen mieten.

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