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Frauen nehmen Männern keine Jobs weg

Gesundheitspolitik Autor: Klaus Schmidt

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Immer mehr Frauen studieren Medizin, die Karrierechancen für sie sehen aber nicht so rosig aus, außer sie ziehen den Karriereplan der Familienplanung vor.

Die Feminisierung der Medizin ist ein oft zu hörendes Schlagwort. Wer den Begriff bei Wikipedia anklickt, sieht schnell, dass er negativ belegt ist: Frauen nehmen Männern die Stellen weg. Das ärgert die Wiesbadener Internistin Dr. Cornelia Jaursch-Hancke, wie sie beim 5. Deutschen Internistentag in Berlin zugab.


Von Verdrängung der Männer kann keine Rede sein, stellten die Jungärztin Nina Neuendorff von der Charité und die Vertreterin der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd), Friederike Jahn, unisono klar. Da Frauen zumeist bessere Abiturnoten als Männer haben und die meisten Studienplätze nach Noten vergeben werden, haben sie auch bessere Chancen als Männer.


Im Berufsleben hört es mit den besseren Chancen aber schnell auf. Wenn Abteilungen zu 80 % mit Frauen besetzt, aber die Chefs immer nur Männer sind, dann stimmt etwas nicht, kritisierte Dr. Jaursch- Hancke. Zwar sind 60 % der Medizinstudierenden und mehr als 40 % der berufstätigen Ärzte weiblich, aber Letztere finden sich in den Kliniken meist auf den unteren Rängen.

Kinderwunsch und Karriere unmöglich?

Das liegt vor allem daran, dass Frauen Kinder bekommen. Sie haben es dann schwer, Beruf und Kind zeitlich gerecht zu werden, weiß Neuendorff aus Erfahrung an ihrer Klinik. Die meisten Frauen sagen, dass sich der Kinderwunsch negativ auf ihre Karriere auswirkt, bestätigte Jahn.


Der bvmd hat eine Projektgruppe „freundilie“ (aus Freund und Familie gebildet) gegründet. Diese will Ärzte darin bestärken, am Ende ihres Arbeitstages nach Hause zu gehen, um z. B. Zeit mit Freunden und Familie zu verbringen und zufrieden mit dem Leben als Arzt/Ärztin zu sein, erläuterte Jahn.


Professor Dr. Elisabeth Märker- Hermann, seit 1882 die erste Frau an der Spitze der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) und Mutter einer Tochter, beschreibt die Situation ganz offen:„Wenn eine Frau Kinder will, muss sie damit einverstanden sein, einen großen Teil ihres Einkommens in die Kinderbetreuung zu stecken. Familie muss man sich etwas kosten lassen.“

Wissenschaftliche Karriere als Frau in der Medizin fast unmöglich

Besonders schwer haben es Frauen, wenn sie eine wissenschaftliche Karriere in der Medizin einschlagen wollen, so wie Prof. Märker-Hermann. Wer acht Stunden arbeitet, wird kaum noch Zeit haben, an seiner wissenschaftlichen Karriere zu basteln. Wenn eine Frau hier etwas werden will, so rät die Wiesbadener Chefärztin, dann braucht sie einen männlichen Mentor und einen Mann als starken Partner, der sie unterstützt.


In der DGIM setzt sich Prof. Märker- Hermann besonders für die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ein. In der Inneren Medizin gebe es quantitativ viele Frauen, aber es sei nicht so, dass weibliche Eigenschaften die Innere Medizin wesentlich geprägt hätten. So gebe es in Deutschland nur drei Lehrstühle, die von Frauen besetzt seien. Frauen wollen offenbar seltener Karriere machen als ihre männlichen Kollegen.

„Karriere-Geilheit“ ist bei den Jungen gesunken

bvmd-Sprecherin Jahn meinte, dass die „Karriere- Geilheit“ in der jungen Generation generell gesunken ist. Im Alltag bereiten den Ärztinnen mit Kindern häufig die Öffnungszeiten der Kinderbetreuungsstätten Probleme. Nur wenige sind bis 17 Uhr geöffnet, in den Ferien sind sie meist geschlossen. Deswegen sind Frauen meist gezwungen, halbtags statt in Vollzeit zu arbeiten.


Prof. Märker-Hermann empfiehlt, umzudenken:„ Wir dürfen nicht so tun, als ob Teilzeitarbeit etwas Schlechtes wäre.“ Gefragt, was sie von einer Frauen-Quote hielten, winkten die Assistenzärztin Neuendorf, die Studentenvertreterin Jahn und die DGIM-Präsidentin ab. „Ich bin auch ohne Quote etwas geworden,“ betonte Prof. Märker-Hermann selbstbewusst. Lediglich die Moderatorin Dr. Jaursch-Hancke konnte der Quote etwas abgewinnen.

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