Anzeige

Hausarzt werden? Hat Perspektive!

Autor: Anouschka Wasner, Foto: MT/Perspektive Hausarzt

Anzeige

Sie suchen einen Nachfolger für Ihre Praxis? Damit sind Sie nicht alleine. Deswegen geht Perspektive Hausarzt Baden-Württemberg, ein Ableger des Haus­ärzteverbandes, neue Wege bei der Suche nach dem Nachwuchs.

Im Frühjahr 2015 ruft ein Hausarzt bei Perspektive Hausarzt an und berichtet, dass beide Praxen seines schwäbischen Dorfes in absehbarer Zeit schließen wollen. Die Angefragten empfehlen, den Bürgermeis­ter ins Boot zu holen, und reisen zu einem Beratungsgespräch an. Der Bürgermeister macht ein Grundstück ausfindig für ein Ärztehaus und gemeinsam präsentieren sich das Dorf und die beiden Praxen in der Praxisbörse auf www.perspektive-hausarzt-bw.de. Einige Wochen später meldet sich ein junger Arzt aus dem Umkreis Reutlingen, der eine Zweitpraxis eröffnen möchte – die Weichen sind gestellt.

Neu an dem Geschehen ist nicht die Praxisbörse. Neu ist beispielsweise das Engagement, aktiv die Gemeinden mit ins Boot zu holen und den Wohnort des künftigen Hausarztes sich darstellen zu lassen – und damit darauf zu reagieren, dass es der jüngeren Generation, die mehr und andere Lebensgestaltungsvarianten zur Auswahl hat als frühere, oft nicht mehr allein um Karriere geht, sondern genauso um Lebensbedingungen.

„Das Problem ist: Das Bild des Hausarztes, der 24/7 für seine Patienten da ist, ist noch in allen Köpfen“, so Manfred King, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der Perspektive Hausarzt. Dabei habe sich die berufliche Realität in der Praxis doch stark verändert, z.B. dadurch, dass es die Residenzpflicht nicht mehr gibt und dass der Notdienst reformiert wurde.

Urs Kargl, Programmleiter im jungen Team, führt den Gedanken weiter: „Wer soll das denn dem Nachwuchs erzählen – wenn nicht wir? Der Chirurgie-Prof an der Uni bestimmt nicht, der hat kein In­teresse daran.“

Nachwuchs entwickelt Ansprache für den Nachwuchs

Die Herausforderung liegt darin, die richtigen Wege und den richtigen Ton zu finden, damit „die Jungen“ die Ansprache überhaupt wahrnehmen – denn Standesblätter liest von den Medizinstudierenden erst mal niemand. Der Hausärzteverband Baden-Württemberg hat den Kunstgriff angewandt, seine Initiative von einem jungen Team in Zusammenarbeit mit Werkstudenten und Universitäten entwickeln zu lassen. Die Formen und Wege der Ansprache des Nachwuchses werden also von Altersgenossen der angehenden Ärztinnen und Ärzte entwickelt und finden somit leichter ihr Ziel.

Würde die Praxisbörse beispielsweise für sich alleine stehen und wäre sie nicht in ein für Nachwuchsmediziner attraktives Umfeld eingebettet, das Interesse am Hausarztberuf weckt, wäre die Chance gering, dass die Zielgruppe überhaupt bis zur Plattform gelangt.

Einer der wichtigsten Kanäle, um den Nachwuchs zu erreichen, ist die Facebook-Seite www.facebook.de/perspektivehausarzt. Hierüber werden aktuelle Berichte zu den suchenden Gemeinden und Regionen eingespielt sowie medizinische und politische News aus der Allgemeinmedizin, Gewinnspiele und immer wieder Einzelbeiträge aus dem Hausarzt-Abc, das zur Aus- und Weiterbildung informiert. Wichtige Aussagen werden über Videos mit authentischen Testimonials – also von Ärzten, die ihre Geschichte der Praxisübergabe erzählen – transportiert, die über soziale Medien wie Facebook und Youtube an die Studierenden gebracht werden.

Ein weiteres Angebot neben der Praxisbörse, in der aktuell 79 Praxen, 28 Kommunen und fünf Landkreise vertreten sind, ist seit zwei Monaten eine Stellenbörse für Ärzte in Weiterbildung bzw. Anstellung.

Weit über den digitalen Kontakt hinaus geht das Angebot der Winterschool, ein viertägiges Programm, bei dem die Teilnehmer erleben sollen, was „die Allgemeinmedizin so interesant und spannend macht“. Denn Social-Media-Hype hin oder her: Im direkten Kontakt lässt sich am meisten erreichen.

Fünf Stellen für den Nachwuchs-Fang: Lohnt das?

Finanziert werden die fünf Stellen, die das Projekt stemmen, über Gebühren für die Serviceleistung (nicht von HÄV-Mitgliedern), Sponsoring sowie Zuschüsse des Landesverbandes.

Und die konkreten Erfolge? Die Nutzung der Online-Angebote ist gut. 2014 wurden 26 Kontakte zwischen Ärztinnen/Ärzten und Gemeinden hergestellt und es kam zu 14 Anbahnungen. Ein noch nicht messbarer, aber wichtiger Nebeneffekt: Junge Mediziner lernen den Verband kennen – und damit vielleicht ihre spätere berufspolitische Heimat.

Praxisübergabe – was spricht dafür?

In manchen ländlichen Gebieten könnte man als Praxisinhaber zu dem Schluss kommen: Viel Geld bekomme ich für meine Praxis eh nicht – warum also sich die Mühe machen, einen Nachfolger zu suchen? Nun, diese Argumente sprechen dafür:
  1. Viele Ärzte wünschen sich einen sanften Übergang in den Ruhestand – ein Nachfolger macht Teilzeitregelungen möglich.
     
  2. Wird die Praxis von niemandem übernommen, hat der Praxisinhaber die Altlast der Patientendateien. Diese müssen nach strengen Datenschutzkriterien gelagert sein und zehn Jahre zugänglich bleiben. Gesetzlich ist das Problem – das erst existiert, seitdem nicht mehr alle Praxen einen Nachfolger finden – noch nicht wirklich geregelt!
     
  3. Nach langjähriger enger Bindung an ihre Patienten fühlen sich Hausärzte aufgrund ihres Berufsethos verantwortlich für einen glatten Übergang der Patienten in gute Hände – ein Nachfolger lässt nach dem Ausstieg besser schlafen.
Anzeige