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IGeL- Kritik kratzt am Image der Ärzteschaft

Autor: Prof. Dr. Klaus Dieter Kossow

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Was ist legitimes Wirtschaften, wo beginnt schnöder Kommerz? Prof. Dr. Klaus Dieter Kossow macht sich Gedanken über den Arzt im Spannungsfeld zwischen Medien-Kommentaren, BGH-Urteil, Berufsordnung und IGeL.

Über die Natur des Arztberufes wird in den Medien zurzeit intensiv diskutiert. Der Bundesgerihtshof hat sich damit auseinandergesetzt, ob Ärzte als Freiberufler wegen Bestechung oder Vorteilsnahme strafrechtlich belangt werden müssen, wenn sie Zuwendungen von Repräsentanten der gewerblichen Wirtschaft in Empfang genommen haben. Das Gericht hat keine Grundlage im Strafrecht für eine Strafe gesehen und dies unter anderem damit begründet, dass der in eigener Praxis niedergelassene Arzt nicht in erster Linie den Krankenkassen oder einem Arbeitgeber verpflichtet sei. Ärztinnen und Ärzte bekommen ihre Aufträge direkt von Patienten. Deren Wohl und Wehe sind sie primär verpflichtet. Sekundär werden Einzelheiten in der Berufsordnung der Ärztekammer nach Landesrecht geregelt.

Unabhängigkeit der Ärzte wird kritisch hinterfragt

Die Berufsordnung verbietet beispielsweise Geschenke von Arzneimittelfirmen, wenn diese bestimmte Wertgrenzen überschreiten. Das Sozialrecht versagt den Vertragsärzten ebenfalls das Recht, Zuwendungen von gewerblichen Unternehmen ohne entsprechende vertragliche Grundlage und damit Gegenleistung anzunehmen. Werbegeschenke können also (wenn sie die von der Ärztekammer festgesetzten Wertgrenzen überschreiten) durchaus berufsgerichtliche Verfahren und analog dazu Disziplinarverfahren bei der KV zur Folge haben. Dies ändert aber grundsätzlich nichts daran, dass der Arztberuf ein freier Beruf ist. Er ist nach § 1 der Bundesärzteordnung dem Wohl des Patienten und der Gesellschaft verpflichtet und handelt in eigener Verantwortung nach den Regeln der ärztlichen Kunst. Insoweit hat sich durch das Urteil des BGH bei rein rechtsformaler Betrachtung an der Natur des Arztberufes nichts geändert.

Jedoch wird in den Medien die von dem Gericht bestätigte Unabhängigkeit der Ärzte zunehmend kritisch hinterfragt. Anlass dafür sind zum einen echte Skandale wie z.B. die Manipulation von Krankengeschichten, um die Position von Patienten in der Warteschlange vor einer Organtransplantation zu beeinflussen. Hier ist die Staatsanwaltschaft gefragt.

Zum anderen gibt es immer wieder Kritik, wenn Ärzte sich wie gewerbliche Unternehmer verhalten. Beispielsweise wurde in vielen Tageszeitungen negativ kommentiert, dass ein Programm des Bundeswirtschaftsministeriums zur Förderung der mittelständischen gewerblichen Wirtschaft benutzt worden sei, um Ärzten Fähigkeiten zu vermitteln, die sie benötigen, um bei Patienten für individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) zu werben.

In der Tat ist fraglich, ob das Ministerium für die ärztliche Fortbildung überhaupt zuständig ist und bei der Genehmigung dieser Förderung nicht einen Fehler gemacht hat. In der Bundesärzteordnung ist nämlich ausdrücklich festgehalten, dass der ärztliche Beruf kein Gewerbe ist. Deswegen zahlen wir keine Gewerbesteuer und Mehrwertsteuer auf unsere Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit am Patienten.

Dessen ungeachtet dürfen Ärzte IGeL, die nicht Bestandteil des GKV-Leistungskataloges sind, anbieten, wenn sie dabei die Werbevorschriften und sonstigen Regeln der Berufsordnung beachten. Zudem wird das im Bundestag beratene Patientenrechtegesetz Formvorschriften enthalten, die beim Angebot von IGeL zu beachten sind.

Wer sicher gehen will, sollte schon jetzt schriftliche Verträge mit Patienten abschließen, aus denen hervorgeht, dass die Patienten selbst die IGeL, z.B. Reiseimpfungen, verlangt haben. Bei IGeL auf Anregung der Ärzte sollten die Leistungen erst nach einer Bedenkzeit erbracht werden. Eine diesjährige Veröffentlichung des Gesundheitsmonitors der Bertelsmann Stiftung über eine repräsentative Bevölkerungsbefragung hat ergeben, dass das Angebotsverhalten der Ärzte bei IGeL kritischer gesehen wird. Darin heißt es auch, dass nicht mehr die Ärzte, sondern andere Gesundheits-Fachberufe, wie z.B. Pflegekräfte, das höchste Sozialprestige in der Bevölkerung aufweisen.

Verkäuferisches Feingefühl an den Tag legen

Prinzipiell werde den Ärzten nicht verübelt, wenn sie für ihre materiellen Interessen eintreten. Weder der Ärztestreik 2006 noch die kritischen Veröffentlichungen in den Medien seien belastend für das Image der Ärzte. Dieses sei aber wesentlich dadurch bestimmt, wie Ärzte mit ihrem Verhalten bei den Patienten ankommen.

Die Art und Weise, wie IGeL angeboten werden, sieht man da eher kritisch. Und das können weder die Medien noch die ärztlichen Körperschaften und Verbände ändern. Da hilft nur jenes Feingefühl, das selbst Verkäufer der gewerblichen Wirtschaft an den Tag legen müssen, wenn sie ihre Leistungen erfolgreich anbieten wollen.

  

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