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Impfberatung, mal so nebenbei als Ehrenamt?

Autor: Dr. Cornelia Tauber-Bachmann

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Impfberatung soll zukünftig für alle Kinder in Kitas verpflichtend werden - die zugehörige Arbeit sollen die Ärzte übernehmen. Unsere Kolumnistin über die fragwürdige Botschaft hinter dem Gesetz.

Geht es Ihnen auch so? Schon wieder ist ein Jahr wie im Flug vergangen, kaum hatte man bzw. frau sich an die letzten Veränderungen in unserem Gesundheitswesen gewöhnt und in die tägliche Arbeit war wieder etwas Ruhe eingekehrt - zumindest vonseiten der Praxisverwaltung.

Und mit Beginn des neuen Jahres sind schon wieder neue Änderungen angekündigt: Vorschriften, Anforderungen, Neuerungen einerseits für uns als Arbeitgeber, andererseits für uns als Leistungserbringer im Gesundheitssystem. Mit den neuesten für Arbeitgeber relevanten Vorschriften hat mich die Steuerberaterin bereits Ende letzten Jahres eingedeckt: Die Broschüre, über 60 Seiten, könne ich ja gut über die Feiertage lesen.

Leider dachten auch andere so und ließen mir Bank- und Versicherungsbroschüren für die sogenannte stille Zeit zukommen. Aber wenn die „ganze Bude“ voll ist, weil sich die erweiterte Familie bei uns eingefunden hat, verbringe ich diese Zeit lieber mit Gesprächen, gemeinsamen Spaziergängen, Kochen und Essen!

Gesetze kurz vor Weihnachten

Und auch unsere liebe Bundesregierung möchte uns nicht im gewohnten Gleis weitermachen lassen. Sie verabschiedete noch kurz vor Weihnachten zwei wichtige Gesetze: das Versorgungsstärkungsgesetz (ich übe noch an der Zungenfertigkeit!) und das Präventionsgesetz (kann ich fließend aussprechen). Nun gut, in wirklich dringenden medizinischen Fällen hatte ich eigentlich noch nie das Problem, einen Patienten beim Facharzt unterzubringen. Vielleicht nicht immer zum Wunsch-Arzt am Wunsch-Termin. Aber die Übernahme oder das Konsil erfolgten in der Regel zügig.

Die neu zu schaffende Terminservicestelle wird wieder ein bisschen mehr Geld kosten, den Vorgang vermutlich bürokratisch verkomplizieren und ihre Effektivität noch beweisen müssen. Das Recht auf ärztliche Zweitmeinung soll sich auf ein paar Dia­gnosen beschränken. Wir werden sehen, auf welche! Und ob sich die Überversorgung in den Städten und die Unterversorgung auf dem Land über das Honorar verändern lassen, muss sich noch herausstellen.

Wer soll die Impfberatungen durchführen?

Aber was mich noch mehr beschäftigt und auch ärgert, ist der neue Plan zur Impfberatung. Eltern, die ihr Kind in eine Kindertagesstätte geben wollen, müssen sich verpflichtend zu Impfungen für ihr Kind beraten lassen. Eine Zwangsimpfung lässt sich in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft nicht einführen. Darüber bin ich froh. Nun bin ich keine strikte Impfgegnerin, aber auch keine unreflektierte Befürworterin und eine Beratung halte ich für absolut sinnvoll. Ist eine Impfung doch eine genehmig­te bzw. kontrollierte Körperverletzung!

Aber wer soll diese vielen, anfallenden Pflicht-Impfberatungen durchführen? Die Erzieherinnen? Die medizinischen Fachangestellten? Das Gesundheitsamt wie anno dazumal bei der Mütterberatung? Impfberatung, Indikationsstellung und die Impfung selbst sind verantwortungsvolle „ureigene“ ärztliche Aufgaben.

Leider ist aber eine ausführliche Beratung je nach Vorwissen und Einstellung der Eltern oft sehr zeitaufwendig. Wenn auch noch Sprachprobleme bei Eltern mit geringen oder gar keinen Deutschkenntnissen dazukommen, kann das Gespräch extrem lang dauern. Und wenn dann aus der Beratung keine Impfung resultiert, lässt sich das Gespräch nicht einmal abrechnen – war also umsonst.

Werden Eltern genötigt ihr Kind impfen zu lassen?

Soll das neue Gesetz auf dem Rücken der Haus- und Kinderärzte umgesetzt werden? Und was ist mit Eltern, die ihr Kind nicht in eine Kinderkrippe geben wollen? Sollen die dann nicht beraten werden? Und warum soll die Impfberatung erst stattfinden, wenn die meisten Kinder schon mehrere Impfungen (24 nach den STIKO-Empfehlungen) hinter sich haben? Vor der ersten Impfung wäre es doch sinnvoller!

Ist es nicht vorstellbar, dass da Eltern genötigt werden sollen, ihr Kind impfen zu lassen, weil sie sonst keine Betreuung finden? Oder: Nur noch Familien, bei denen ein Elternteil zu Hause bleibt, sich wirklich frei entscheiden können? Fragen über Fragen und sehr viel Ungeklärtes. Auf meinen Brief und ähnlich lautende vieler Kollegen mit all diesen Fragestellungen hat das Gesundheitsministerium noch nicht reagiert. Hauptsache, das Gesetz ist noch im alten Jahr verabschiedet. Wie es umgesetzt wird, kann man ja dann im neuen Jahr überlegen.

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