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Kritik an rezeptfreier „Pille danach“

Gesundheitspolitik Autor: Michael Reischmann

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Das Votum des Bundesrats, die Verschreibungspflicht für Levonorgestrel als „Pille danach“ 2014 aufzuheben, wird vonseiten der Apotheker begrüßt, dagegen vom Berufsverband der Frauen­ärzte heftig kritisiert.

Die Bundesregierung soll nun „ihre Blockadehaltung endlich aufgeben“ und eine Änderung der Verschreibungsverordnung vorlegen, fordert der Verein demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten.


Mit der Rezeptausstellung durch einen Gynäkologen könne in Notfallsituationen zu viel Zeit verstreichen, erklärte der Bundesrat. Dies sei insbesondere am Wochenende der Fall, weil ein Rezept für die „Pille danach“ nur in Krankenhausambulanzen oder durch den ärztlichen Notdienst ausgestellt werden könne.

Ministerin: „Stärkung des Selbstbestimmungsrechts“

Auch die grüne Gesundheits- und Emanzipationsministerin Barbara 
Steffens aus Nordrhein-Westfalen, das zusammen mit Baden-Württemberg die Initiative im Bundesrat ergriffen hatte, argumentiert so. Die Ursache für den Fall von Köln, bei dem zwei katholische Krankenhäuser die Aufnahme eines Opfers einer Vergewaltigung verweigert hatten, habe auch in der Verschreibungspflicht für die „Pille danach“ gelegen, erklärt Steffens.


Sie sieht in der geplanten Neuregelung einen „wichtigen Beitrag zur Vermeidung ungewollter Schwangerschaften und zur Stärkung des Selbstbestimmungsrechts der Frauen“. Der Präsident der Bundesapothekerkammer, Dr. Andreas Kiefer, 
versichert, dass die Apotheken „mit ihrem niedrigschwelligen und flächendeckenden Nacht- und Notdienst dafür sorgen können, dass die ‚Pille danach‘ im Notfall möglichst schnell verfügbar ist“.


In über 20 europäischen Ländern gebe es Erfahrungen mit der rezeptfreien Abgabe von Notfallkontrazeptiva in Apotheken. Die Rezeptfreiheit führe zu keinem Anstieg von riskantem Verhütungsverhalten. Der Berufsverband der Frauenärzte (BVF) kritisiert das Vorhaben als Verschlechterung. Er betont, dass Levonorgestrel nicht das Mittel der ersten Wahl sei. Nach ungeschütztem Sex könne innerhalb der ersten 24 Stunden nur etwa ein Drittel der Schwangerschaften verhindert werden.

"Pille danach" überhaupt notwendig?

Bei Einnahme des – europaweit verschreibungspflichtigen – Wirkstoffs Ulipristalacetat könnten zwei- bis dreimal mehr Schwangerschaften verhindert werden. Dieser wirke wenige Stunden vor dem Eisprung und bis zu fünf Tage nach der Einnahme, während Levonorgestrel dann keine Wirksamkeit mehr habe. Nur Ärzte könnten entscheiden, welche Methode die beste ist und ob überhaupt eine Notfallverhütung notwendig ist.


„In meiner Praxis kamen kürzlich fünf Frauen mit dem Wunsch, die ,Pille danach‘ verordnet zu bekommen. Nach einem kurzen, ausführlichen Gespräch war in vier von fünf Fällen eine Einnahme nicht notwendig“, berichtet Dr. Werner Harlfinger, Vorsitzender des BVF-Landesverbandes Rheinland-Pfalz. Er verweist darauf, dass die ärztlichen Bereitschaftsdienstzentralen gerade mit einem Taschenflyer ausgestattet wurden, „sodass jede Kollegin und jeder Kollege, auch von einer anderen Fachrichtung, kompetent die Ratsuchende beraten kann“.

BVF: Höhere Abbruchzahlen trotz rezeptfreier Pille danach

Während es hierzulande 10 000 niedergelassene Frauenärzte und einen ärztlichen Bereitschaftsdienst rund um die Uhr gebe, hätten andere Länder aus „personeller und monetärer Not“ heraus Levonorgestrel freigegeben. Trotzdem sei die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche z.B. in Frankreich und England doppelt so hoch wie in Deutschland. 

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