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Mund auf!

Autor: Dr. Günther Gerhardt

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Korruptionsgesetz und Terminservicestellen sind Mist meint unser Kolumnist Dr. Günter Gerhardt und fordert: Gehen Sie dagegen vor!

Schon wieder neue Gesetze, keiner wollte sie, jetzt sind sie da! Wir müssen endlich aufhören zu schweigen! Denn mit Schultern hochziehen und einer „Machen kann man eh nix“-Mentalität wird nichts verändert. Mit den neuen Gesetzen kommen Probleme auf uns zu, die existenzvernichtend sein können.

Nehmen wir zum Beispiel das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen: Hegt ein Staatsanwalt einen Anfangsverdacht beispielsweise infolge einer anonymen Anzeige von wem auch immer, kann es zu Praxisdurchsuchungen, Untersuchungshaft und damit verbundenen Rufschäden kommen. Ist halt so, betrifft mich eh nicht und schweigen? Falsch! Hier ist reden angesagt mit Kollegen, KV, Kammer und Juristen.

Die Kammer soll nicht die Staatsanwaltschaft unterstützten, sondern uns, die zahlenden Mit­glieder.

Wie packen wir’s an? Lassen Sie sich zum Beispiel im Rahmen einer von der örtlichen Kreisärzteschaft oder der KV/Kammer organisierten Fortbildungsveranstaltung von einem kundigen Juristen fit machen für den Umgang mit diesem Antikorruptionsgesetz. In den 90er-Jahren waren Veranstaltungen mit dem Thema „Was tun, wenn der Staatsanwalt kommt?“ sehr „beliebt“ und die Teilnehmer waren im Ernstfall froh über die dort erhaltenen Infos.

Beauftragen Sie die Kollegin oder den Kollegen aus der Vertreterversammlung von KV oder Kammer zu klären, wie dort mit der Umsetzung des Antikorruptionsgesetzes umgegangen wird. Gibt es dort Anhänger des vorauseilenden Gehorsams, die sich beispielsweise für das Schulen von Sonderstaatsanwälten, die auf Ärzte losgelassen werden, starkmachen?

Seminarreihe: „Was tun, wenn der Staatsanwalt kommt?“

Wenn ja, beauftragen Sie die oben angesprochene Kollegin bzw. den Kollegen, sich in den Vertreterversammlungen entsprechend zu äußern. Verfassen Sie gemeinschaftlich ein „scharfes“ Schreiben an Ihre zuständige KV/ Kammer. Dort soll nicht die Staatsanwaltschaft unterstützt werden, sondern wir, die zahlenden Mit­glieder.

Nächste Baustelle: Terminservicestellen (TSS). Die KVen sind bis zum 23.1.2016 verpflichtet, diese Stellen einzurichten. Ihre Aufgabe ist es, innerhalb von einer Woche einen Arzttermin vor Ablauf von vier Wochen zu vermitteln. Klappt das nicht, geht’s ins Krankenhaus zulasten des KV-Systems. Zur Information: Es muss kein Termin beim Facharzt-Favoriten des Patienten vermittelt werden, sondern bei einem Facharzt in „zumutbarer“ (?) Entfernung.

Terminservicestellen sind unnütz und kosten unser Geld

Ein Kochrezept, wie eine solche TSS arbeiten soll, gibt es nicht. Auch hier lautet meine Empfehlung: Reden Sie mit Ihren Kolleginnen und Kollegen vor Ort, damit die TSS in den KVen möglichst bald wieder abgeschafft werden können. Sie sind unnütz, waren ein Eingeständnis der CDU gegenüber der SPD in den Koalitionsverhandlungen zur Abwendung der Bürgerversicherung und kosten unser Geld!

Noch ein Zusatz: Das Melden von freien Plätzen bei der KV muss freiwillig sein. Selbstverständlich darf das Nichtmelden nicht sanktioniert werden. Auch hier gilt nicht schweigen, sondern reden mit Kolleginnen und Kollegen, der KV und – falls erforderlich – reagieren. Wir sollten uns immer wieder ins Bewusstsein rufen, dass unser Gesundheitssystem nur dank unserer täglichen Arbeit am Patienten funktioniert und nicht dank der Qualität von Gesetzen.

Die Unterstützung der Selbstverwaltungskörperschaften spielt dabei sicherlich auch eine Rolle, wenn sie denn „pro medico“ orientiert arbeiten. Gerade jetzt, wo 800 000 Flüchtlinge in Deutschland auch medizinisch versorgt werden müssen, sollten wir uns immer wieder bewusst sein, dass man uns braucht. Wir tun das gerne. Aber nicht wenn uns immer mehr Gesetze unsere tägliche Arbeit vergällen, was auch der ärztliche Nachwuchs mit Argusaugen registriert.

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