Hausarztmodell in Baden-Württemberg Neue Perspektiven auch für Fachärzte

Hausärzte mit Fachärzten eng verknüpfen
Diese Erweiterung des Hausarztmodells war auch dringend überfällig, weil eine gute hausärztliche Versorgung nicht praktiziert werden kann, wenn die enge Verknüpfung zu den Spezialisten fehlt. Und genau das ist in der Regelversorgung das große Dilemma. Dort kommt es üblicherweise für GKV-Versicherte vor dem Besuch eines Facharztes zu monatelangen Wartezeiten, die gerade in ländlichen Regionen noch anwachsen werden, wenn dort auch die fachärztliche Versorgung weiter ausgedünnt wird. In den Städten und Ballungsgebieten, in denen es noch genügend Fachärzte gibt, lässt die Zusammenarbeit zwischen Fach- und Hausärzten allzu häufig arg zu wünschen übrig. Hinzu kommt schließlich auch noch, dass die Quartalspauschalen bei manchen Facharztgruppen so mickrig ausfallen, dass die Motivation, noch mehr Patienten anzunehmen, gegen Null geht.
Da ist Handlungsbedarf angesagt. Und mit den mittlerweile 6 Facharztverträgen ist in Baden-Württemberg schon einiges ins Rollen gekommen. Nach den Kardiologen (2010), den Gastroenterologen und Psychotherapeuten (2012), den Psychiatern und Neurologen (2013) und den Orthopäden (2014) sind neuerdings auch die Urologen hinzugekommen. Dabei bringt AOK-Vorstand Dr. Christopher Hermann das Dilemma genau auf den Punkt, wenn er feststellt, dass die Urologen in der Regelversorgung gerade bei sehr aufwendig zu behandelnden Erkrankungen schnell an ihre Grenzen stoßen. Im Facharztprogramm werden aber nun neue finanzielle Anreize geschaffen. Zum Beispiel mit einer Grundpauschale (20 € pro Quartal), optionalen Zusatzpauschalen und vor allem einer Gesprächsgebühr (20 €), wenn eine umfassende Aufklärung zum Thema Krebsfrüherkennung und Prostatakarzinom erfolgt. Damit werden auch die Hausärzte entlastet. Und das alles ohne Fallzahlbegrenzung.
Blaupause für die Regelversorgung?
Fachärzte und Patienten aus anderen Bundesländern werden neidisch ins Ländle blicken, weil sie von einem solchen Versorgungsmodell auch träumen. Ist das Modell in Baden-Württemberg also eine Blaupause für die Regelversorgung? Schön wäre das schon. Und doch wird es ein Traum bleiben. Denn die Kapazitäten sind bundesweit auch bei den Fachärzten in keiner Weise vorhanden, um zum Beispiel allen 70 Millionen GKV-Versicherten einen Facharzttermin in einem Zeitraum von 2 Wochen zusagen zu können. Deshalb werden solche Selektivverträge auch künftig weiterhin nur einer sehr selektiven Auswahl von Versicherten und Ärzten zugutekommen,
fürchtet Ihr
Raimund Schmid
Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2016; 38 (14) Seite 37
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.